Zwei Jahre ist es jetzt her, dass unsere Post-Release Monitoring (PRM) Ranger Zeugen einer denkwürdigen Party wurden: Zwei Orang-Utan-Mütter mit ihren Babys saßen zusammen in einem Baum und knabberten an dem frischen Grün. Leider blieb den Rangern nicht viel Zeit, um die seltene Zusammenkunft der semi-solitär lebenden Art zu beobachten, was uns wertvolle Informationen über das Verhalten ausgewilderter Orang-Utans geliefert hätte. Denn plötzlich platzte ein dominantes Männchen mitten hinein: Hamzah. Die eben noch friedlich essenden Mütter ergriffen mit ihren Babys die Flucht.
Umso mehr freute sich unser PRM Team, als sie kürzlich in der Nähe von Camp Lesik im Kehje Sewen Wald auf eine ähnliche Situation stießen: Wieder war es Lesan, die sich Seite an Seite mit einer anderen Orang-Utan-Mutter namens Sayang an Blättern, Sprossen und Früchten stärkte. Beide Mamas trugen Babys, die sich in ihr Fell klammerten.
Diesmal konnten unsere Ranger die Futterparty ungestört beobachten
Fast erwarteten die Ranger, Hamzah würde wieder durch die Baumkronen gekracht kommen und die Futterparty stören. Schließlich hatten sie das dominante Männchen nach fast zweijähriger Pause gerade kürzlich wieder im Kehje Sewen gesichtet.

Aber diesmal hatten sie Glück. Über einen längeren Zeitraum konnten sie dabei zuschauen, wie die beiden Mutter-Kind-Paare sich agil durch die Bäume bewegten, mal hangelnd, mal kletternd. Wie sie immer wieder Pausen einlegten, um etwas zu pflücken und in den Mund zu stecken. Wie sie sich sogar auf den Waldboden in der Nähe des Camps begaben, um ein paar Süßkartoffeln auszugraben. Wie sie Bambussprossen und Wasserspinat pflückten. Und wie sie dabei von ihren Kindern, die sich die ganze Zeit fest an ihre Mütter schmiegten, genau beobachtet wurden. Ab und zu löste sich eine kleine Hand aus dem mütterlichen Fell, um nach einem besonders appetitlichen Happen zu greifen und diesen zu kosten.
Orang-Utan-Babys lernen das Leben im Regenwald von ihren Müttern
Was für eine friedliche Lehrstunde, die unsere Ranger beobachten durften! Orang-Utan-Kinder und ihre Mütter bleiben in freier Wildbahn sechs bis acht Jahre lang unzertrennlich zusammen. In dieser Zeit lernt der Nachwuchs alles, was er für ein (Über-)Leben im Regenwald braucht. Orang-Utan-Weibchen bekommen daher auch erst nach durchschnittlich 5,5 Jahren das nächste Baby. Das ist im Vergleich zu anderen Säugetieren eines der längsten Intervalle. Umso tragischer ist der Verlust jedes einzelnen weiblichen Orang-Utans für den Erhalt der vom Aussterben bedrohten Art – sei es durch Wilderer, Naturkatastrophen oder andere Ursachen.

Mama Lesan und Mama Sayang sind offensichtlich sehr gute Lehrerinnen, das bewiesen sie an diesem Tag erneut. Beide sind nach ihrer Auswilderung im Kehje Sewen bereits zum zweiten Mal Mütter geworden. Ihre Erstgeborenen, Ayu und Padma, sind inzwischen alt genug, um den Wald alleine zu durchstreifen – wie es typisch ist für Orang-Utans.
Möchten Sie unsere Arbeit zum Schutz der letzten Orang-Utans auf Borneo unterstützen? Jeder Euro zählt und kommt direkt an!