10. Juli 2025
BOS-PRM-Beobachtungsteam im Auswilderungswald Kehje Sewen auf Borneo

Extrem­sport Orang-Utan-Beobachtung

Unsere Arbeit als Arten­schutz­or­ga­ni­sa­tion für Orang-Utans endet nicht mit der erfolg­rei­chen Auswil­de­rung eines Tieres. Auch danach beob­achten wir die „neuen Wilden“. Dabei sammeln wir auch Daten über das Verhalten reha­bi­li­tierter, ausge­wil­derter Orang-Utans, um daraus für unsere künf­tige Arbeit zu lernen. Es ist eine anspruchs­volle Aufgabe, die den BOS-Rangern zukommt. Gerade erst wurde das Team im Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen wieder metho­disch fortgebildet.

Die soge­nannte direkte Beob­ach­ter­ver­gleichs­be­wer­tung (Inter­ob­server) ist eine etablierte Methode für die Erfor­schung und Beob­ach­tung von Wild­tieren. Bei dieser Methode beob­achten mehrere Personen zur glei­chen Zeit das gleiche Forschungs­ob­jekt – in unserem Fall den Orang-Utan – und sammeln und notieren die gewon­nenen Daten. So wird sicher­ge­stellt, dass die Daten der Beob­ach­tung konsis­tent und vergleichbar sind. Das ist insbe­son­dere dann wichtig, wenn sich die Bewer­tungs­stan­dards oder Daten­va­ria­blen ändern oder aktua­li­siert werden müssen.

Im August 2024 wurden unsere Post-Release Moni­to­ring (PRM) Teams in der Methode der direkten Beob­ach­ter­ver­gleichs­be­wer­tung geschult. Zunächst fand eine erste Sozia­li­sie­rung der Etho­gramm­än­de­rungen statt. Anschlie­ßend wurden Schu­lungs- und Beob­ach­tungs­sit­zungen durch­ge­führt, um sicher­zu­stellen, dass das gesamte Team die neue Methode versteht und korrekt anwenden kann.

BOS-PRM-Beobachtungsteam im Auswilderungswald Kehje Sewen auf Borneo
Orang-Utan gesichtet! Schnell die Stifte zücken und ganz genau beobachten

Die Beob­ach­tungen wurden in zwei Formaten durch­ge­führt: mit Video­auf­zeich­nungen und direkten Beob­ach­tungen vor Ort. Letz­teres stellt oft eine Heraus­for­de­rung dar, weil sich nie vorher­sagen lässt, wann das Team auf seinen Patrouillen einen der ausge­wil­derten Orang-Utans im weit­läu­figen Kehje Sewen antrifft und wie lange sich dieser beob­achten lässt.

Orang-Utan-Forschung mit vollem Körper­ein­satz im Kehje Sewen Wald

Wenn es gelingt, dann kann ein Beob­ach­tungstag zum Beispiel so aussehen: Es ist früh am Morgen im Camp Nles Mamse, die Sonne ist noch nicht über den Hori­zont geklet­tert. Drei Team­mit­glieder – Rasya, Rangga und Nabillah – brechen auf zu ihrer Beob­ach­tungs­pa­trouille durch den Kehje Sewen Wald in Ost-Kali­mantan. Sie haben Glück: Kurz darauf begegnet ihnen ein Orang-Utan.

Es ist Bungaran, bekannt dafür, dass er sehr aktiv und agil ist. Bungaran ist der inzwi­schen neun­jäh­rige Sohn von Signe, die wir 2016 gemeinsam ausge­wil­dert haben. Damals war Bungaran noch ein Säug­ling. Heute ist er ein junger Orang-Utan-Mann, der sich von seiner Mutter abge­na­belt hat und gerade anfängt, den Wald allein zu durch­streifen. Ein sehr span­nendes Forschungs­ob­jekt also, das uns viele wert­volle Erkennt­nisse liefert.

Das PRM-Team heftet sich also an diesem Tag an Bungaran, der sich in seinem typisch flotten Tempo durch die Baum­wipfel bewegt. Rasya, Rangga und Nabillah gelingt es, auf den unweg­samen Pfaden durch den dichten Regen­wald Schritt zu halten. Selbst dann noch, als sie einen Fluss über­queren müssen. Und die ganze Zeit über notieren sie akri­bisch ihre Beobachtungen.

Dauer­lauf durch dichte Vege­ta­tion – und dabei Notizen machen

Auf welchen Bäumen macht Bungaran für wie lange Rast? Welche Früchte, Blätter, Sprossen frisst er? Auf welche Weise bewegt er sich durch die Baum­wipfel? Was tut er noch? Welche anderen Tiere kommen in seine Nähe? Es gibt sehr viel zu notieren, während das drei­köp­fige PRM-Team sich müht, den Orang-Utan im unweg­samen und dicht bewach­senen Gelände im Blick zu behalten.

Volle zwei Stunden lang kann das Team Bungaran beob­achten und wert­volle Daten sammeln, ehe sie ihn tatsäch­lich aus den Augen verlieren. Es ist ein sehr erfolg­rei­cher Tag für die BOS-Ranger. Und ein weiterer Schritt nach vorne bei der Erfor­schung des vom Aussterben bedrohten Orang-Utans und der Wirk­sam­keit unserer Rettungs- und Schutzmaßnahmen.

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