25. April 2025
Start Orang-Utan-Auswilderung

Frei­heit für sechs Orang-Utans im Wald von Kehje Sewen

Manchmal braucht es mehr als einen Anlauf, um einem Orang-Utan die Frei­heit schenken zu können. Von den sechs Auswil­de­rungs­kan­di­daten, denen wir jetzt in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen die Frei­heit schenken, gehen drei den großen Schritt bereits zum zweiten Mal. Zwei weitere haben eine sehr lange Zeit der Reha­bi­li­ta­tion hinter sich. Für uns ist klar: Wir helfen jedem Orang-Utan, solange er uns braucht!

Als Mori 2019 zum ersten Mal ausge­wil­dert wurde, war sie zehn Jahre alt und nach sieben Jahren Wald­schule und Wald­uni­ver­sität im BOS-Rettungs­zen­trum Samboja Lestari (Ost-Kali­mantan) bestens vorbe­reitet auf das Leben in Frei­heit. Und sie war kern­ge­sund – das stellen umfang­reiche medi­zi­ni­sche Unter­su­chungen der Kandi­daten vor jeder Auswil­de­rung sicher. Trotzdem hat Mori das erste Jahr ihrer neuen Frei­heit im geschützten Wald Kehje Sewen nur mit viel Glück überlebt.

Mori infi­ziert sich mit einem gefähr­li­chen Krankheitserreger

Es ist nur unserem aufmerk­samen Post-Release Moni­to­ring (PRM) Team zu verdanken — das die „neuen Wilden“ während der ersten Monate nach der Auswil­de­rung intensiv begleitet — dass Moris Leben gerettet werden konnte. Denn etwa ein Jahr nach Moris Auswil­de­rung fiel den BOS-Rangern auf, dass es Mori nicht gut ging und sich ihr Zustand zuse­hends verschlech­terte. Das Team verlor keine Zeit und traf die Entschei­dung, das Orang-Utan-Weib­chen wieder einzu­fangen und zurück ins Rettungs­zen­trum Samboja Lestari zu bringen. In unserer Tier­klinik durch­ge­führte Tests ergaben, dass Mori sich mit Melio­idose infi­ziert hatte, einem Bakte­rium, das eine schwere und sogar tödliche verlau­fende Erkran­kung auslösen kann.

Kandidat für Orang-Utan-Auswilderung
Mori kurz vor ihrer zweiten Auswilderung

Es grenzt also an ein kleines Wunder, dass die 16 Jahre alte Mori nun zum zweiten Mal die Reise nach Kehje Sewen antreten kann. Unserem Ärzte­team ist es gelungen, die Orang-Utan-Dame wieder voll­ständig gesund zu pflegen und sie gründ­lich aufzu­päp­peln. Von der Krank­heit ist keine Spur zurück­ge­blieben. Jetzt ist die Zeit gekommen, es noch einmal zu versu­chen mit dem wilden Leben. Der Regen­wald erwartet Dich, Mori!

Auch Uli und Siti wurden zwei Mal gerettet und ausgewildert

Mori ist nicht die einzige, die jetzt einen zweiten Anlauf in ein freies Leben unter­nimmt. Uli wurde bereits 1999 zum ersten Mal ausge­wil­dert. Der damals noch junge Orang-Utan schien sich bestens an seinen neuen Lebens­raum gewöhnt zu haben. Denn er tauchte ab in den Gunung Beratus Wald und ward nicht mehr gesehen bis… ja, bis er 2021 auf die Idee kam, in ein Dorf zu spazieren und sich von Menschen mit Bananen, Jack­fruit und sogar Dosen­milch füttern zu lassen. Uli hatte sich in den mehr als 20 Jahren in Frei­heit zu einem Pracht­ex­em­plar von einem Orang-Utan-Männ­chen entwi­ckelt: Mit langem Haar und impo­santen Backen­wülsten. Und so wurde der fried­fer­tige Primat auf Dorf­be­such zum Social Media-Star.

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Mehr Infor­ma­tionen

Seine zwei­fel­hafte Berühmt­heit löste direkt eine Rettungs­ak­tion aus, die das Männ­chen glück­li­cher­weise unver­letzt ins BOS-Rettungs­zen­trum Samboja Lestari brachte. Eine detek­ti­vi­sche Recherche offen­barte schließ­lich Ulis Identität.

Kandidat für Orang-Utan-Auswilderung
80 Kilo­gramm schwer und bereit, in den Regen­wald zurück­zu­kehren: Uli

Im Rettungs­zen­trum konnten wir Uli von 69 auf 80 Kilo­gramm aufpäp­peln und ihm ein biss­chen Erho­lung gönnen. Jetzt bekommt er eine zweite Chance. Diesmal wird aller­dings der Kehje Sewen Wald seine neue, wilde Heimat – fernab von mensch­li­cher Zivilisation.

Mensch-Tier-Konflikte entstehen durch knappen Lebensraum

Auch für Siti wird der geschützte Kehje Sewen ein siche­reres Zuhause werden als es der Sungai Wain Wald sein konnte, in den sie bereits 1997 ausge­wil­dert wurde. Zwar war es auch Siti nach ihrer Auswil­de­rung gelungen, viele Jahre unbe­hel­ligt ihre Frei­heit zu genießen. Doch der Lebens­raum der letzten Orang-Utans auf Borneo schrumpft immer weiter. Und so ist es fast nur eine Frage der Zeit, bis Mensch und Tier sich begegnen. Leider geht diese Begeg­nung für die Tiere oftmals nicht gut aus. Jedes einzelne Orang-Utan-Waisen­kind, das wir in unseren Rettungs­zen­tren aufnehmen, ist ein weiterer, trau­riger Beweis dafür.

Siti hatte Glück. Als sie sich in der Region Balik­papan Wald­ar­bei­tern näherte und diese um Futter anbet­telte, verjagten die Männer sie nicht oder verletzten sie gar. Statt­dessen gaben sie ihr Reis und Instant­nu­deln und infor­mierten die Natur­schutz­be­hörde BKSDA, welche wiederum BOS zur Hilfe rief.
Nach 25 Jahren in Frei­heit kehrte Siti dann in unser Rettungs­zen­trum Samboja Lestari zurück. Es war ein Wieder­sehen mit gemischten Gefühlen. Denn einer­seits ist es ein großes Glück zu sehen, dass es einem einst geret­teten Tier gut ergangen ist. Ande­rer­seits wünschen wir uns, dass sie die wieder­erlangte Frei­heit nie wieder einbüßen müssen, sondern das Leben im Regen­wald von Borneo leben dürfen, für das sie geboren wurden.

Siti musste in unserem Rettungs­zen­trum aufgrund ihres Kontaktes mit Menschen eine mehr­mo­na­tige Quaran­täne durch­laufen und wurde gründ­lich von unseren Ärzten unter­sucht. Nach einiger Zeit im Sozia­li­sie­rungs­ge­hege ist es jetzt soweit: Die inzwi­schen 35-jährige Orang-Utan-Dame darf ihr neues Zuhause im Kehje Sewen beziehen.

Ist Siti die Vete­ranin unseres Rettungszentrums?

Man könnte es meinen – aber Bugis und Sie-Sie sind sogar noch länger bei uns! Manchmal braucht gut Ding eben seine Weile.

Bugis kam im Juli 2003 in unser Rettungs­zen­trum, als er bereits zehn oder elf Jahre alt war. Sie-Sie ist sogar schon seit August 1996 in Samboja Lestari: Er war zum Zeit­punkt seiner Rettung erst ein, höchs­tens zwei Jahre alt und hatte einen so zarten Körperbau, dass er auf den ersten Blick für ein weib­li­ches Baby gehalten wurde. Beide haben sich zu starken und unab­hän­gigen Orang-Utan-Männern entwi­ckelt, die alle Fähig­keiten besitzen, welche sie für ihr Leben im Regen­wald brau­chen. Und sie sind so beein­dru­ckende Orang-Utans geworden, dass wir uns sicher sind: Sie können die Väter vieler Babys werden!

Die letzte in dieser beson­deren Reise­gruppe, die sich im April 2025 in den Kehje Sewen Wald aufge­macht hat, ist Mikhayla. Auch sie ist den Menschen zu nahe­ge­kommen, hatte sich auf das Gelände einer Kohle­mine verirrt. Und auch sie hatte großes Glück: Die Arbeiter riefen die Natur­schutz­be­hörde zur Hilfe, die Mikhayla im Januar 2025 nach Samboja Lestari brachten. Die Zehn­jäh­rige zeigte deut­liche Zeichen von Stress, als sie in unserem Rettungs­zen­trum ankam, und war unter­ernährt. Weil sie mit Menschen in Kontakt gekommen war, musste sie direkt in Quaran­täne. Während dieser Zeit wurde sie vom BOS-Team medi­zi­nisch versorgt und aufge­päp­pelt. Und nun, nach knapp vier Monaten, kann Mikhayla bereits wieder in die Frei­heit entlassen werden. Manchmal kann es eben auch ganz schnell gehen.

Kandidat für Orang-Utan-Auswilderung
Mikhayla war nur kurze Zeit in unserer Obhut

Wir wünschen Mori, Uli und Siti, Bugis, Sie-Sie und Mikhayla, dass sie sich gut am Ziel ihrer langen Reise einleben! Unser aufmerk­sames PRM-Team wird ein genaues Auge darauf haben, wie es den sechs „neuen Wilden“ in ihrer neuen Heimat ergeht.

Möchten auch Sie Orang-Utans helfen, das Leben zu führen, für das sie geboren wurden? Jede Spende hilft!