14. November 2024
Orang-Utan-Auswilderung im Regenwald

Frei­heit für sechs Orang-Utans

Am 10. November 2024 war für sechs Orang-Utans der große Tag gekommen, an dem wir ihnen nach Jahren der Reha­bi­li­ta­tion die Frei­heit im geschützten Regen­wald schenken konnten. Die Weib­chen Jengyos (9), Meryl (10) und Runtu (23) und die Männ­chen Blegi (12), Happy (16) und Bejo (17) leben jetzt im Natio­nal­park Bukit Baka Bukit Raya endlich das wilde Leben, für das sie bestimmt sind. Beson­ders glück­lich macht uns die Auswil­de­rung von Runtu, die wir vor 18 Jahren aus einem thai­län­di­schen Vergnü­gungs­park retten konnten.

Los ging das Aben­teuer Frei­heit im BOS-Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng, wo wir die sechs Primaten in den vergan­genen Jahren auf ihr selbst­stän­diges Leben in der Wildnis intensiv vorbe­reitet hatten. Nach letzten medi­zi­ni­schen Checks durch unsere Vete­ri­näre, bezogen die „Neuen Wilden“ ihre Trans­port­boxen. Dann setzte sich der Konvoi aus Gelän­de­wagen mit seiner wert­vollen Fracht in Bewe­gung. Das Ziel: Der Natio­nal­park Bukit Baka Bukit Raya in Zentral-Kalimantan.

Damit die Tiere die anstren­gende Reise wohl­be­halten über­stehen, legte unser Team alle zwei Stunden eine Pause ein. Dabei checkten sie den Gesund­heits­zu­stand der Orang-Utans, versorgten sie mit frischem Wasser und nahr­haften Früchten. Denn schließ­lich sollten die sechs Wald­men­schen möglichst stress­frei reisen und voller Energie in ihr neues Leben starten.

Fluss­fahrt zum Ort der Auswilderung

Mitten in der Nacht – um 2:30 Uhr – erreichte der Konvoi die Fähr­sta­tion im Dorf Tumbang Hiran. Hier legte das Team eine kurze Pause ein, ehe die Reise auf dem Fluss fort­ge­setzt wurde. Um 6:00 Uhr verlud das Team die Trans­port­kä­fige auf Klotoks (moto­ri­sierte Boote), auf denen sie – gut gesi­chert mit über­di­men­sio­nalen „Schwimm­westen“ – über den Hiran-Fluss den Auswil­de­rungs­punkten entgegen schipperten.

Auch während der sechs­stün­digen Fluss­fahrt behielt das Team die Orang-Utans natür­lich stets im Blick und versorgte sie immer wieder mit Wasser und Lecke­reien. Mit wach­sendem Inter­esse, jedoch ruhig und gelassen, beob­ach­teten die sechs Wald­men­schen den vorüber­zie­henden Regen­wald aus ihren Trans­port­boxen heraus, während sie der Frei­heit immer näherkamen.

Klappe auf, Affen raus

Schließ­lich war der große Moment gekommen! Jengyos und Bejo waren die ersten – nicht nur bei dieser Auswil­de­rung, sondern in diesem Jahr – die in ihr freies Leben starten durften. Beide Orang-Utans begannen direkt neugierig den Wald zu erkunden. Wie ausge­las­sene Kinder, die nach einem langen Schultag endlich draußen toben dürfen, spielten und rangen sie am Boden. Schließ­lich begaben sie sich erfolg­reich auf die Suche nach ihrem ersten rich­tigen Dschun­gel­mahl. Und als der Regen einsetzte, bauten sie sich unter dem schüt­zenden Laub­dach der Baum­wipfel ihre Schlaf­nester.
Als nächste waren Meryl und Blegi an der Reihe. Die beiden star­teten etwas ruhiger in ihr neues Leben. Doch nach anfäng­li­cher Zurück­hal­tung begannen sie umso inten­siver die neue Frei­heit zu feiern. Wobei Blegi zunächst vor allem Augen für Meryl hatte. Unsere ehema­lige Muster­schü­lerin Meryl hingegen fokus­sierte sich, nach einem Inter­mezzo mit Blegi, schnell wieder voll und ganz auf ihre neue Heimat, bewegte sich entspannt durch die Bäume und genoss junge Blätter. Ihre Schlaf­nester bauten die beiden später etwa 150 Meter vom Fluss entfernt.

Love is in the air: Wurde hier ein Orang-Utan-Baby gezeugt?

Runtu und Happy waren die letzten, deren Trans­port­boxen geöffnet wurden. Happy zeigte sofort ein aktives Verhalten, schloss sich Runtu an, und die beiden kopu­lierten. Später konnte unser Team die beiden dabei beob­achten, wie sie Harz von Baum­stämmen kauten – ein Zeichen ihrer natür­li­chen Anpas­sungs­fä­hig­keiten. Im Laufe des Tages stieß Runtu mehrere Grunz­laute aus, um ihre Anwe­sen­heit in der neuen Umge­bung zu markieren. Beide Orang-Utans genossen ihre neu gewon­nene Frei­heit und zeigten ihre Fähig­keiten, sich im Wald zurecht­zu­finden, die sie bei BOS in der Wald­schule und auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln gelernt hatten.

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Mehr Infor­ma­tionen

Aus dem Vergnü­gungs­park in den Regenwald

Für die 23-jährige Runtu freut uns die Auswil­de­rung ganz beson­ders. Sie wurde als Baby Opfer des ille­galen Wild­tier­han­dels und von Borneo in einen thai­län­di­schen Vergnü­gungs­park verschleppt. Runtus Kind­heit war Qual, Dressur und Shows, statt ins Fell ihrer Mutter geku­schelt die Baum­wipfel des Regen­waldes von Borneo zu durch­streifen.
Gemeinsam mit 47 weiteren Orang-Utans wurde sie aus diesem unwür­digen Leben befreit. Denn glück­li­cher­weise konnte nach­ge­wiesen werden, dass die Primaten von der Insel Borneo stammten. Trotzdem zog sich der diplo­ma­ti­sche Mara­thon über drei Jahre hin, ehe Runtu und ihre Artge­nossen von BOS und dem WFFT in Zusam­men­ar­beit mit der indo­ne­si­schen Regie­rung zurück in ihre Heimat gebracht werden konnten. Am 22. November 2006 landeten die 48 Tiere in einer Mili­tär­ma­schine der indo­ne­si­schen Navy in Jakarta.

Militärflugzeug, davor Menschen mit Willkommensplakaten
Große Freude, als die 48 geret­teten Orang-Utans 2006 aus Thai­land zurück nach Indo­ne­sien geholt werden konnten

Zu diesem Zeit­punkt war Runtu bereits fünf­ein­halb Jahre alt. Sie war trau­ma­ti­siert, ihr Sozi­al­ver­halten vermensch­licht. Das BOS-Team in Nyaru Menteng hatte große Zweifel, ob sie die Reha­bi­li­ta­tion schaffen kann. Aber Runtu gelang das Unglaub­liche: Obwohl sie deut­lich älter war als ihre Mitschüler in der Wald­schule und auch länger brauchte, um alle Lektionen zu lernen, kämpfte sie sich zurück in das Leben, für das sie einst geboren wurde. Jetzt, fast genau 18 Jahre nach ihrer Rück­kehr aus Thai­land, darf sie endlich in Frei­heit leben. Viel­leicht wird sie dort bald selbst Mutter. Dann jedoch tief im geschützten Regen­wald des Natio­nal­parks, fern von uns Menschen. So wie es sein sollte.

Unsere Ranger haben die Orang-Utans weiterhin im Blick

Jetzt leben sich Runtu, Meryl, Blegi, Jengyos, Happy und Bejo erstmal in ihrem neuen Zuhause ein – immer im Blick unserer Post-Release-Moni­to­ring-Teams. Gerade in den ersten Wochen folgen sie den neuen Regen­wald­be­woh­nern auf Schritt und Tritt, um sicher­zu­gehen, dass sie sich gut einleben und gesund­heit­lich fit bleiben. Wir drücken den sechs Orang-Utans die Daumen und freuen uns über weitere Neuig­keiten aus dem Regenwald.

Mit Ihrer Spende unter­stützen Sie unsere Arbeit für die bedrohten Orang-Utans und ihre Regenwaldheimat.