Der natürliche Lebensraum von Orang-Utans ist der tropische Regenwald. Das besagt bereits ihr Name, der wörtlich übersetzt „Waldmensch“ bedeutet. Hoch oben in den Bäumen fühlen sich Orang-Utans am wohlsten, dort verbringen sie die allermeiste Zeit. Sie sind Meister im Klettern und Hangeln und können sogar kunstvolle Nester in die Baumwipfel bauen.
Von tiefem Wasser und größeren Gewässern hingegen halten sie sich sowohl in freier Wildbahn als auch in unserem Rettungszentrum und auf den Vorauswilderungsinsel fern. Von Natur aus sind Orang-Utans keine begnadeten Schwimmer. Da sie jedoch 97% identische DNA mit uns Menschen teilen, stellen sich Wissenschaftler durchaus die Frage: Könnten Orang-Utans (gut) schwimmen lernen? Wie kommen sie in einer Umgebung zurecht, in der es (viel) Wasser gibt?
Keine angeborenen Schwimmtalente bei Orang-Utans
Einer Studie von Bender et al. (2013) zufolge sind menschenähnliche Lebewesen, Menschen selbst inbegriffen, nicht in der Lage, instinktiv zu schwimmen. Damit unterscheiden sie sich von vielen anderen Säugetieren, die sich zumindest paddelnd über Wasser halten können, sollten sie versehentlich hinein geraten.
Bei Orang-Utans beobachten die Forscher sogar eine deutliche Angst vor tiefen Gewässern wie Flüssen oder Seen. Anders ist das mit flachem Wasser, mit Pfützen oder auch Regen (der auf Borneo ja gerne in heftigen Schauern vom Himmel fällt).
In unserem Rettungszentrum gibt es so einige Orang-Utan-Kinder, die es lieben zu plantschen: Spaßvogel Bumi beispielsweise wurde schon beim Schlamm-Yoga beobachet und Cinta lässt sich liebend gerne mit dem Gartenschlauch erfrischen.
Wie gut können Orang-Utans schwimmen, wenn es darauf ankommt?
Die Forscher wollten es noch genauer wissen: Sind Orang-Utans grundsätzlich in der Lage schwimmen zu lernen? Können sie sich mit ihrem Körperbau, der an das Leben auf Bäumen optimal angepasst ist, über Wasser halten? Sowohl die Hände als auch die Füße der Waldmenschen sind perfekt geformt, um sich an Ästen festzuhalten und sicher zu hangeln, schwingen und klettern, wie die Wissenschaftler (Thorpe und Crompton, 2008, sowie Zihlmann et al., 2011) festhalten. Mit dieser körperlichen Anpassung an den Lebensraum Regenwald geht naturgemäß eine schlechtere Fähigkeit, sich im Wasser zu bewegen, einher.
Die erstaunliche Erkenntnis der Wissenschaftler ist jedoch: Trotz alledem sind Orang-Utans grundsätzlich in der Lage schwimmen zu lernen! Zwar legen sie es nicht darauf an, doch wenn die Situation es erfordert, sind sie anpassungsfähig genug. In solchen Fällen sind sie in der Lage, den fehlenden Auftrieb im Wasser durch Schwimmbewegungen auszugleichen.
Sayang und Pama balancieren über den Fluss, Sponge Bob angelt sich Futter
Die Beobachtungen unserer Babysitterinnen und Ranger bestätigen die Forschungsergebnisse. Durch den Kehje Sewen Wald beispielsweise fließt ein Fluss und unser Post-Release Monitoring Teams haben schon einige Male beobachtet, wie Mama Sayang mit Baby Padma die tiefen Stellen des Gewässers auf einem Baumstamm überquert hat. Wo es nötig und gefahrlos möglich ist, begibt sie sich jedoch auch in den Fluss.
Ein anderes Beispiel für die Intelligenz der Waldmenschen und ihre Anpassungsfähigkeit an Wasser ist Sponge Bob, der sich eine Angel gebastelt hat, um etwas aus dem Fluss zu angeln. Sponge Bob lebt aktuell noch auf der Vorauswilderungsinsel, wo er seine Fähigkeiten beweisen muss, als wilder und freier Orang-Utan zurecht zu kommen. Nachdem unsere Ranger beobachten durften, wie hartnäckig und einfallsreich er sich angestellt hat, um sich einen Leckerbissen aus dem Fluss zu angeln, sind wir sehr zuversichtlich, dass er auf dem besten Weg dahin ist.
Auch die Wissenschaftler halten in ihren Studienergebnissen fest: Wenn die Nahrungssuche einen Orang-Utan in die Nähe von oder sogar in Berührung mit Wasser bringt, dann lassen sich die Waldmenschen nicht etwa abschrecken, sondern entwickeln eine beachtliche Kreativität. Regelmäßig verwenden sie dabei Werkzeuge, um etwa Trinkwasser zu gewinnen oder Futter aus Wasser herauszuholen.
Das Fazit der Wissenschaftler: Orang-Utans haben von Natur aus zwar keine besonders guten Voraussetzungen für ein Leben in einem von Wasser geprägten Lebensraum im Allgemeinen und zum Schwimmen im Speziellen. Sie sind jedoch so intelligent und anpassungsfähig, dass sie sich am oder im Wasser zu helfen wissen.
Und Sie können die Waldmenschen dabei unterstützen! In unseren beiden Rettungszentren lernen Orang-Utan-Kinder das, was ihnen normalerweise ihre Mütter beigebracht hätten und was sie für ein eigenständiges Leben im Regenwald brauchen. Jede Spende hilft uns dabei, die kleinen Waisenkinder bestmöglich auf ihr späteres Leben als wilde, freie Orang-Utans vorzubereiten!