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Es gibt Regeln. Und es gibt Ausnahmen. Die Regel lautet: Orang-Utans bekommen nur etwa alle acht Jahre Nach­wuchs. Die Ausnahme heißt: Inung. Das 27 Jahre alte Orang-Utan-Weib­chen hat jetzt zum vierten Mal Nach­wuchs bekommen. Nach drei Töch­tern – Indah, Ina und Indie – schenkte sie jetzt einem Orang-Utan-Jungen, den wir Indro nannten, das Leben.

Im Alter von zwei Jahren kam Inung im Jahr 2000 ins BOS-Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng. Nach Abschluss der Wald­schule zog sie auf die Voraus­wil­de­rungs­insel Kaja Island, wo 2007 ihre erste Tochter Indah zur Welt kam. Schon hier erwies Inung sich als vorbild­liche Mutter, die ihrem Kind beibrachte, in der Wildnis zu überleben.

Orang-Utan-Mutter mit Kind im Regenwald
Inung mit ihrer ersten Tochter Indah auf Kaja Island

Und schon hier brach Inung die Regel. Denn bereits 2012 – als Indah fünf Jahre alt war – schenkte sie ihrer zweiten Tochter Ina das Leben.

Inung zieht mit zwei Töch­tern in die Freiheit

Über ein Jahr verbrachte die kleine Familie gemeinsam auf der Voraus­wil­de­rungs­insel. Dann entschieden unsere Fach­leute, dass die drei bereit waren, ausge­wil­dert zu werden.

Orang-Utan-Mutter mit Kind im Regenwald
Inung mit ihrer zweiten Tochter Ina kurz vor der Auswilderung

Im November 2013 fand die Auswil­de­rung von Inung gemeinsam mit ihren Töch­tern Ina und Indah im geschützten Regen­wald von Bukit Batikap statt. Indah ging bald danach eigene Wege. Um Ina kümmerte sich Inung auch im Regen­wald vorbildlich.

Dann wurde es ruhiger um die flei­ßige Orang-Utan-Mutter Inung. Bis sie uns 2020 erneut mit einem Baby über­raschte. Diesmal absolut regel­kon­form: Acht Jahre nach Tochter Ina. Obwohl unser Beob­ach­tungs­team (PRM-Team) Mutter und Kind zwei Tage folgte, konnten sie nicht erspähen, ob Inungs drittes Kind ein Junge oder erneut ein Mädchen war. So wurde es Indie genannt.

Orang-Utan-Mutter mit Kind im Regenwald
Indie ist Inungs dritte Tochter, die 2020 auf die Welt kam

Zwei Jahre später trafen unsere Mitar­beiter ganz in der Nähe unseres Camps Totat Jalus im Bukit Batikap-Wald Inung und Indie erneut an. Indie, ein Mädchen, wie wir inzwi­schen heraus­ge­funden hatten, hatte sich prächtig entwi­ckelt und zeigte das typi­sche Verhalten eines Orang-Utan-Kindes. Und auch Inung präsen­tierte sich als vorbild­liche Orang-Utan-Mutter. Entspannt ließ sie ihre Tochter den Regen­wald erkunden, hatte uns Menschen aber schnell erspäht und hielt sicheren Abstand. Fleißig war sie auf der Suche nach Nahrung und machte körper­lich einen guten Eindruck.

Inung und Indie besu­chen das Camp

Die Gegend rund um Camp Totat Jalu schien es Inung und Indie angetan zu haben, vor allem ein Guaven­baum hinter dem Camp. 2024 kamen Mutter und Tochter regel­mäßig vorbei, um sich an den Früchten zu laben. Außerdem stand Maniok ganz oben auf ihrem Spei­se­plan. Die inzwi­schen vier­jäh­rige Tochter Indie war noch sehr abhängig von ihrer Mutter. Das PRM-Team konnte beob­achten, wie Indie häufig direkt bei Inung um Nahrung bettelte und sich sofort ins Fell ihrer Mutter klam­merte, sobald sie etwas verunsicherte.

Im Juli bemerkte unser Team körper­liche Verän­de­rungen bei Inung: Ihr Bauch schien größer zu sein, und ihre Vulva war geschwollen – eindeu­tige Anzei­chen dafür, dass sie schwanger war. Vier Jahre nach Indies Geburt – wenn das keine Ausnahme der Regel war! Doch Inung ließ sich davon nicht beein­träch­tigen. Sie ging weiterhin ihren tägli­chen Akti­vi­täten nach, suchte Nahrung und versorgte Indie liebevoll.

Inungs viertes Kind ist ein Junge

Am 21. August 2024 – das Team reinigte gerade das Camp nach einer Über­schwem­mung – entdeckten sie Inung auf einem Baum vor dem Lager. Inter­es­siert beob­ach­tete Inung die Vorgänge im Camp. Und natür­lich war auch die Aufmerk­sam­keit unserer Mitar­beiter sofort bei der tieri­schen Besu­cherin. Auf den ersten Blick entdeckten sie Indie, die sich an die Schul­tern ihrer Mutter klam­merte. Doch als Inung begann sich zu bewegen, sah das Team auch einen winzigen Säug­ling in Inungs Armen. Wir schätzen, dass das Baby Ende Juli 2024 geboren wurde.

Orang-Utan-Mutter mit Kind im Regenwald
Indro, Inungs viertes Baby, ist auf diesem Bild gerade einen Monat alt

Der neuge­bo­rene Orang-Utan-Junge, genannt Indro, schien gesund zu sein und wurde häufig beim Säugen beob­achtet. Inung war sehr beschüt­zend gegen­über Indro und hielt ihn sicher im Arm. Während der Beob­ach­tung setzte Inung ihre übliche Routine bei der Nahrungs­suche fort, ernährte sich von Guave, Maniok und Bananensprossen.

Die große Schwester passt auf

Indie, Indros große Schwester, zeigte uns faszi­nie­rende Verhal­tens­än­de­rungen. Zwar bettelte sie immer noch gele­gent­lich bei Inung um Futter. Aber Indie zeigte auch größere Unab­hän­gig­keit, indem sie sich bis zu 15 Meter von ihrer Mutter weg wagte. Wir konnten auch beob­achten, wie sie allein auf bis zu 20 Meter hohe Bäume klet­terte, um nach Futter zu suchen, ehe sie zu ihrer Mutter zurückkehrte.

Orang-Utan-Kind im Regenwald
Indie wird immer selbstständiger

Auch Indies Verhalten gegen­über den Beob­ach­tern hat sich geän­dert. Sie schien wach­samer und defen­siver, schüt­telte Äste als Warn­si­gnal, wenn die Menschen ihr zu nahe­kamen. Außerdem zeigte sie ein beschüt­zendes Verhalten gegen­über ihrem kleinen Bruder, indem sie immer wachsam in seiner Nähe blieb.

Eine neue Hoffnung

Jedes wild­ge­bo­rene Baby ist für uns ein großer Erfolg. Denn es zeigt, dass die Reha­bi­li­ta­tion erfolg­reich war und wir hoffen dürfen, dass sich im Wald Bukit Batikap auch in Zukunft eine neue Orang-Utan-Popu­la­tion ansie­deln kann. Und sie weiter­wächst. Auch wenn Inung eine Regel­bre­cherin ist, so ist es doch die schönste Art, dies zu tun. Wir drücken der erfah­renen vier­fach Mutter Inung alle Daumen, dass sie ihre Aufgaben mit Indro und Indie weiterhin so gut meis­tern kann. Und haben natür­lich ein beson­ders scharfes Auge auf sie gerichtet.

Mit Ihrer Spende unter­stützen sie auch die Beob­ach­tungs­camps in unseren Auswilderungswäldern.

Orang-Utan-Mutter mit Kind im Regenwald
Inung und Indro im Regen­wald Bukit Batikap