Auf dem Dach des Regenwaldes sitzt ein ausgewachsener Orang-Utan in einem Nest. Es ist Catherine, die es sich hier, weit oben in den Baumwipfeln, gemütlich gemacht hat. Ein wahrhaft erhabener Anblick, den unser Team in Samboja Lestari mit einer Drohne einfangen konnte.
Die Orang-Utan-Dame hat ein perfektes Schlafnest gebaut. Diese Fähigkeit hat sie als fleißige Waldschülerin immer wieder geübt, bis sie schließlich bereit war für den nächsten Schritt in Richtung Freiheit: den Umzug auf die Vorauswilderungsinsel. Hier ist dieses Bild entstanden. Es ist ein intimer Einblick, der uns Menschen normalerweise verborgen bleibt. Denn das Nest sitzt etwa 30 Meter über dem Waldboden in den Baumwipfeln. Es ist so groß, dass Catherine ausreichend Platz darin findet. Sie hat die Zweige fest miteinander verwoben. So kann die Orang-Utan-Dame ungestört und sicher schlummern.

Nur mit den Vögeln teilt sie sich den weiten Himmel über dem Meer von Bäumen. Und für einen kurzen Moment mit unserer Drohne. Dass sie davon nicht begeistert ist, zeigen ihr Gesichtsausdruck und ihre Körperhaltung recht deutlich. Schnell steuert unser Team die Drohne wieder weiter weg. Denn natürlich war es nicht unsere Absicht, die Orang-Utan-Dame zu stören!
Verschwunden auf der Vorauswilderungsinsel: Wo steckt Catherine?
Catherine verhält sich bereits wenige Wochen nach ihrem Umzug auf die Vorauswilderungsinsel am 1. November 2024 so unabhängig und wild, dass unser Team sie praktisch nicht mehr zu Gesicht bekommt. Selbst an den Plattformen, zu denen die Ranger ein Mal pro Tag zusätzliches Futter bringen, da das natürliche Angebot auf der Insel nicht für alle Bewohner ausreicht, lässt sich die Orang-Utan-Dame nicht blicken.
Die Drohe wurde daher für einen Aufklärungsflug eingesetzt. Ranger Hendra flog die Kamera geschickt an jenen Ort, an dem unser Team Catherine vermutete, und entdeckte sie auf dem höchsten Baum der ganzen Insel. Dank ihm und seiner cleveren Idee konnte zum Glück Entwarnung gegeben werden: Catherine geht es bestens auf der Vorauswilderungsinsel!
Von der Rettung zur Vorauswilderung: ein toller Erfolg
Als Catherine in der BOS-Rettungsstation ankam, war sie bereits vier Jahre alt. Wie so viele Orang-Utan-Babys war sie einige Zeit illegal als Haustier gehalten worden, ehe sie von der BKSDA befreit und zu uns gebracht wurde. Wie lange es ihr vergönnt war, mit ihrer Mutter frei im Regenwald zu leben, wissen wir leider nicht. Genauso unbekannt ist uns das Schicksal der Mutter und wie die kleine Catherine in Gefangenschaft geriet. Wie viel Zeit sie unter Menschen verbringen musste.

Fest steht jedoch: Mit ihrer Rettung am 29. Juni 2019 bekam das Orang-Utan-Mädchen eine zweite Chance. Und die ergriff sie! In der BOS-Waldschule bewies sich Catherine als aktive und hochintelligente Schülerin. Schon bald beeindruckte sie ihre Ersatzmütter mit außerordentlicher Geschicklichkeit sowohl beim Nestbau als auch beim Sammeln von Früchten und anderen Leckerbissen im Wald. Ganz offenkundig tat ihr auch die Gesellschaft gleichaltriger Artgenossen gut. Vor allem mit einem Orang-Utan-Jungen namens Serge verbrachte Catherine gerne Zeit beim Spielen und Klettern.
Schwere Krankheit und eine unerwartete Freundschaft
Doch dann wurde Catherine krank. Sie entwickelte eine Entzündung der Luftsäcke, welche bei Orang-Utans Teil des Atemwegssystems sind und sich im Halsbereich befinden. Mithilfe der Luftsäcke erzeugen Orang-Utans zum Beispiel laute Geräusche, mit denen sie sich im Regenwald mit ihren Artgenossen verständigen. Die Entzündung war so schwerwiegend, dass Catherine operiert werden musste.
Es dauerte einige Monate, bis sich Catherine von der Krankheit und Operation wieder vollständig erholt hatte. Während dieser Zeit lebte sie im Babyhaus, wo sie von unserem Team mit besonderer Fürsorge gesund gepflegt wurde.
Zwar verzögerte die Krankheit Catherines Rehabilitation. Sie hatte jedoch einen wunderbaren Nebeneffekt: Im Babyhaus freundete sich die damals bereits Neunjährige mit den sehr viel jüngeren Orang-Utan-Kindern Baimah, Galaksi und Feruza an und übernahm die Rolle einer großen Schwester, ja fast schon Ersatzmutter. So kamen die drei Kleinen in den Genuss einer Lehrerin, die wie sie ein Orang-Utan war und schon viele Dinge in der Waldschule gelernt hatte, die sie nun weitergeben konnte.

Ende Oktober war Catherine wieder vollkommen gesund. Sie wurde noch einmal rundum medizinisch durchgecheckt und dann war es plötzlich soweit: Sie durfte direkt aus dem Babyhaus auf die Vorauswilderungsinsel Nummer 8 umziehen und mit der Walduniversität beginnen. Wenige Wochen später erhielt sie dort Gesellschaft von Sally, Dennis, Amesh und Marlon.
Die Drohne hat uns nicht nur einmalige Aufnahmen beschert. Sie hat uns auch bestätigt, wie weit Catherine bereits in ihrem Rehabilitationsprozess gekommen ist. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sie bald auch den nächsten Schritt gehen kann und wir sie in einem geschützten Teil des Regenwaldes auf Borneo auswildern können.
Unterstützen Sie uns dabei, Orang-Utans wie Catherine zu retten und eine zweite Chance auf ein Leben in Freiheit zu schenken? Jede Spende zählt!