Wirbelstürme, Dürren, Waldbrände, Hitze und extremer Niederschlag. Es ist schwer zu leugnen, dass etwas nicht stimmt mit unserem Wetter. Es sind Vorboten und Zeichen des Klimawandels.
Viele Wissenschaftler sind sich darüber einig: Diese Wetterphänomene sind das Ergebnis der „Wettermaschine“ — unseres Klimas. Das verändert sich, wird heißer und unberechenbarer. Der Klimawandel ist wohl eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Weitverbreitete Missverständnisse oder Fehlinformationen haben das Verständnis für die komplexen Vorgänge bei vielen Menschen stark beeinträchtigt.
Borneo brennt. Giftiger Rauch, der sogenannte „Haze“ hängt als undurchdringlicher graugelber Schleier über dem Land. Und unsere Orang-Utans leiden. Die Tierärzte in unserer Rehabilitationsstation Nyaru Menteng müssen immer mehr Atemwegsinfekte bei unseren Schützlingen behandeln. Und auch unsere Mitarbeiter haben mit den Auswirkungen der Brände zu kämpfen.
Im Gegensatz zu vielen Bewohnern der Region rund um Palangka Raya, die ihr Zuhause bereits verlassen haben, harren sie aus. Denn unsere Arbeit für die Orang-Utans und ihre Heimat geht natürlich trotz der anhaltenden Brände weiter. Nach wie vor sind viele unserer Kollegen dabei, unsere Projektgebiete auf Borneo vor den immer wieder ausbrechenden Feuern zu schützen und die Flammen zumindest in Schach zu halten.
Eine gute Nachricht vorweg: Bisher mussten wir zumindest noch nicht zu Rettungseinsätzen ausrücken, um von Waldbränden bedrohte wilde Orang-Utans zu retten oder umzusiedeln.
„Die Situation auf Borneo ist dramatisch in diesem Jahr. Eine lange Trockenzeit in Verbindung mit krimineller Brandrodung lassen die Lage derzeit eskalieren“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland. „Wir hoffen täglich darauf, dass der Regen einsetzt. Erst dann können wir aufatmen.“ Wann das allerdings sein wird, ist nicht absehbar.
Brände auf Borneo
Hier ein Überblick, wie es aktuell um unsere Projektgebiete auf Borneo bestellt ist:
Im August war Nyaru Menteng direkt von Bränden bedroht gewesen, die unsere Mitarbeiter unter größtem Einsatz glücklicherweise 300 Metern vor der Station löschen konnten. Seite an Seite mit der örtlichen Feuerwehr patrouillieren unsere Kollegen weiterhin Tag und Nacht, um ausbrechende Brände schnell zu löschen und weitere Brandstiftung zu verhindern.
Gerade die Stadt Palangka Raya und ihre Umgebung ist in diesem Jahr massiv von illegalen Brandrodungen betroffen. Dichter Rauch liegt daher über der Stadt und über den umliegenden Gebieten, zu denen auch unser Rettungszentrum Nyaru Menteng gehört. Seit einigen Tagen wird der Index der Luftschadstoff-Emissionen in Palangka Raya als gefährlich für die Gesundheit eingestuft.
Der giftige Rauch gefährdet natürlich nicht nur die Gesundheit unserer Mitarbeiter in Nyaru Menteng, sondern natürlich auch die der 355 Orang-Utans, die wir derzeit im Rehabilitationszentrum und auf den umliegenden Inseln versorgen. Aktuell sind bereits 41 junge Orang-Utans an einer Infektion der Atemwege erkrankt. Die Tierärzte von Nyaru Menteng behandeln die betroffenen Orang-Utans mit Inhalationen, Vitaminkuren und wenn nötig auch mit Antibiotika.
Der Wald um Nyaru Menteng im Rauch
Mawas, Zentral-Kalimantan
Das 309.000 Hektar große Torfmoorwaldgebiet ist von Wald- und Buschbränden betroffen. Das liegt daran, dass Torfmoorbrände gerade in der aktuell vorherrschenden Trockenheit extrem schwierig zu löschen sind. Die Kanäle, die unter Suharto in großen Teilen von Mawas angelegt wurden, um das Moor trockenzulegen, führen in der Trockenzeit kaum noch Wasser. Das macht es für unsere Mitarbeiter noch schwieriger, die Brände zu löschen.
Am 3. September brach das erste Feuer in der Nähe des Tuanan-Forschungszentrums am Rand des noch bestehenden Regenwaldgebietes aus. Obwohl es unseren Mitarbeitern gelungen ist, die offen lodernden Flammen schnell zu bekämpfen, ist ein vollständiges Löschen kaum möglich: Denn Torfmoor brennt auch unterirdisch weiter. Außerdem ist der von Farnen bewachsene Waldboden allzu leicht entflammbar. Acht Brunnen hat unser Team inzwischen im 20 Hektar großen Brandgebiet gebohrt und fünf Pumpen eingerichtet.
In unserem Aufforstungsgebiet rund um die Gemeinde Mantangai breiten sich die Brände auf einer Fläche von 60 Hektar aus. 26 Brunnen sorgen hier dafür, dass unsere Mitarbeiter Löschwasser zur Verfügung haben. Doch gerade hier, im trockengelegten Torfmoor, ist Wasser inzwischen knapp. Erst Regen, auf den wir täglich hoffen, kann die Situation wirklich entspannen.
Auch unser Rettungszentrum Samboja Lestari in Ost-Kalimantan spürt erste Auswirkungen der Brände. Leichter Rauch zieht seit einigen Tagen durch unsere Station. Die Tierärzte betreiben hier in erster Linie Vorsorge: die 130 Orang-Utans erhalten täglich eine Ration Milch und werden mit Vitaminen versorgt, um ihr Immunsystem zu stärken. Außerdem dürfen die Waldschüler nur für wenige Stunden täglich in den Regenwald. Bisher waren unsere Bemühungen von Erfolg gekrönt, es sind also noch keine Tiere an Atemwegsinfekten erkrankt.
Kurz konnten wir aufatmen, als Regen die Brände in unseren Projektgebieten auf Borneo löschte und die Gefahr für unsere Orang-Utans im Rettungszentrum Nyaru Menteng erstmal gebannt war. Doch es war nur ein kurzes Luftholen. Im wahrsten Sinne. Denn aktuell hängen die Rauchschwaden wieder über dem Land. Das Feuer ist zurück.
In Nyaru Menteng bedrohen aktuell zwar keine Flammen mehr unser Rettungszentrum. Aber in der Umgebung brennt es erneut an so vielen Stellen, dass die Luft von dichtem Rauch – dem sogenannten Haze – erfüllt ist und das Atmen schwerfällt. Menschen wie Tieren gleichermaßen. Eine extreme Belastung für die Gesundheit, deren Folgen wir jetzt noch gar nicht abschätzen können. Doch aus der Erfahrung der dramatischen Brände von 2015 wissen wir, dass es in den kommenden Monaten sicherlich zu vermehrten Atemwegserkrankungen bei unseren Orang-Utans kommen wird.
Die Brände nahe dem Forschungscamp Tuanan
Anders sieht es in unserem Projektgebiet Mawas aus. Dort kämpfen unsere Mitarbeiter gegen Waldbrände, die nicht nur unsere Aufforstungsgebiete in der Nähe der Gemeinde Mantangai bedrohen, sondern auch das Tuanan-Forschungscamp, das am Rande des bestehenden Regenwaldes liegt, in dem rund 2550 wilde Orang-Utans leben – eine der größten noch bestehenden Wildpopulationen auf Borneo.
Unsere Mitarbeiter im Einsatz gegen das FeuerDer Boden muss gut vernässt werden, um auch die unterirdischen Feuer zu löschen
Die Regierungsbehörden, Feuerwehr, Polizei und Militär sind über die Brände informiert und um Unterstützung gebeten worden. Doch aufgrund der angespannten Waldbrandsituation in ganz Indonesien, gab es bisher noch keinerlei Unterstützung seitens der Behörden – die professionellen Brandbekämpfer sind bereits an anderen Orten im Einsatz.
Brandbekämpfung ohne Unterstützung der staatlichen Stellen
Also bleibt uns nur, uns selbst zu helfen. Glücklicherweise sind unsere Mitarbeiter dank unserer intensiven Vorbereitung in den vergangenen Jahren gut geschult. Bisher gelingt es uns, die Feuer in Schach zu halten, die Brände zu isolieren, neue Brunnen zu bohren und trockene Flächen zu vernässen. So konnten wir bislang die Forschungsstation und unsere Pflanzgebiete sichern.
Gefährliche Arbeit im BrandgebietEin Wasserhydrant pumpt das rettende Nass emporBOS-Mitarbeiter schleppen das Material zum Einsatzort
Gegenwärtig arbeitet unser Team in Mawas unter Hochdruck daran, eine weitere Ausbreitung der Feuer in unseren Arbeitsbereichen zu verhindern. Rund um Mantangai werden auch Nachtpatrouillen durchgeführt, um gezielte Brandstiftungsversuche zu verhindern — denn die werden normalerweise nach Einbruch der Dunkelheit durchgeführt.
Nachtpatrouillen sollen weitere Brandstiftung verhindern
Uns bleibt nur, bis zum Ende der Trockenzeit unter Hochdruck gegen die Brände anzukämpfen. Wielange der Regen noch auf sich warten lässt, kann niemand voraussagen. Ob zwei Wochen, zwei Monate oder womöglich noch länger, steht in den Sternen.
Der Klimawandel zeigt sich auf Borneo nicht nur durch eine besonders harte Trockenzeit. Jetzt kommen auch Wirbelstürme hinzu, die eine unserer Baumschulen und viele Häuser in Mawas zerstört haben.
Die aktuelle Trockenzeit hat nicht nur gefährliche Waldbrände in unser Projektgebiet gebracht, sondern auch andere Naturkatastrophen; insbesondere Wirbelwinde. In diesen sogenannten Kleintromben, Wirbelwinden oder kleinen Wirbeln drehen sich Luftströme mit einer Geschwindigkeit von mehr als 63 Stundenkilometern. Eine Kleintrombe dauert in der Regel nur fünf Minuten, kann jedoch – wie eine Art Mini-Tornado oder Zyklon – ernsthafte Schäden verursachen.
Am 20. August erhielten wir gegen 17 Uhr Nachricht, dass ein Wirbelsturm durch eines unserer Projektdörfer in Mawas im Distrikt von Kapuas (Zentral-Kalimantan) gefegt war. Hier hat BOS gemeinsam mit den Einheimischen eine Baumschule eingerichtet, in der die Sämlinge verschiedener endemischer Bäume kultiviert werden. Mit diesen Setzlingen sollte eine degradierte Moorwaldfläche innerhalb des Arbeitsgebiets des Mawas-Naturschutzprogramms neu bepflanzt werden.
Der Wirbelwind hat unsere Baumschule zerstört
Der Wirbelsturm hat nicht nur Dutzende Häuser in den umliegenden Dörfern beschädigt, sondern auch Teile unserer Baumschule und Hunderte von Sämlingen zerstört, die kurz davor waren, gepflanzt zu werden.
Die in Mitleidenschaft gezogenen Sämlinge
Unser Team in Mawas arbeitet jetzt Hand in Hand mit der Dorfgemeinschaft zusammen, um die Baumschule zu reparieren, die unbeschädigten Setzlinge zu retten und neue Sämlinge anzulegen. Wir hatten eigentlich geplant, bald mit der Pflanzung der Setzlinge beginnen zu können. Doch die Naturkatastrophe macht uns einen Strich durch die Rechnung. Vermutlich verschiebt sich nun der Pflanzzeitpunkt in den Oktober. Unser Team und die Mitarbeiter aus den Dörfern sind jedoch weiterhin optimistisch, dass bis zu diesem Zeitpunkt genügend Sämlinge zur Auspflanzung bereitstehen und wir unser Ziel erreichen werden!
Seit jeher stellen Waldbrände, die vor allem in der Trockenzeit immer wieder ausbrechen, eine große Gefahr für uns dar. Doch seit einigen Jahren wüten die Feuer immer heftiger und bedrohen die Orang-Utans und ihren Lebensraum mehr denn je.
Allein im vergangenen Jahr hat ein Brand 12.926 Hektar unseres Projektgebiets Mawas zerstört. Es dauerte mehrere Tage, bis das Feuer endlich besiegt werden konnte.
2015 wurde Borneo von den bisher verheerendsten Waldbränden heimgesucht. Um die letzten wildlebenden Orang-Utan-Populationen vor den Feuern zu beschützen, mussten wir von November 2015 bis Februar 2017 allein drei große Umsiedlungsaktionen durchführen, bei denen wir insgesamt fast 90 Orang-Utans in sicherere Waldgebiete bringen konnten.
Der Schaden, den die Brände an den Wäldern und der Artenvielfalt anrichteten, war desaströs. Wir wussten, dass wir intensive Maßnahmen ergreifen mussten, um auf künftige Feuerkatastrophen vorbereitet zu sein. Unser Team in Mawas arbeitet seither ehrgeizig daran, zukünftige Brände zu verhindern und so vor allem auch die weitere Verbrennung der kohlenstoffreichen Torfmoorgebiete zu stoppen. Schließlich bewirtschaften wir in Mawas mehr als 309.000 Hektar Torfmoorgebiet. Zunächst galt es, die zerstörten Gebiete wiederherzustellen. Neue Bäume wurden und werden gepflanzt, Brunnenpumpen gebaut und Patrouillenpläne entwickelt, um regelmäßig potenzielle Brandherde zu überwachen.
Feuerpatrouille in Mawas
Außerdem werden hunderte von Staudämmen gebaut, um die Entwässerungskanäle zu blocken. So soll der Wasserstand erhöht und der Torfmoorboden wieder vernässt werden. Denn nichts ist leichter entflammbar, als die ausgetrockneten Torfmoorböden, die in den 1990er Jahren durch künstliche Kanäle trockengelegt wurden. Zusätzlich wurden besonders zerstörte Gebiete, vor allem an den Kanalufern, mit heimischen Bäumen neu bepflanzt. So soll die Gefahr von neuen Brandherden reduziert werden.
Setzlinge werden eingepflanztSo kann der Torfmoorboden wiederbelebt werden
Das Feuer auf dem Weg zur Waldschule!
Noch vor wenigen Tagen wütete ein Brand direkt vor den Toren unseres Rettungszentrums Nyaru Menteng. Nur 300 Meter vor der Station konnte das Feuer in Zusammenarbeit von BOS, der Feuerwehr und dem Militär gerade noch gelöscht werden.
Feuer in der Nähe von Nyaru MentengHand in Hand arbeiten Feuerwehr, lokale Behörden und BOS-Mitarbeiter
Unsere Rettung war die intensive Vorbereitung, die wir in den vergangenen Jahren geleistet haben. Und die schnelle Reaktion. Rund um das Rettungszentrum haben wir drei Verteidigungszonen gegen das Feuer errichtet. Außerdem wurden mehrere Brunnen gegraben, um schnell und überall Zugriff auf Wasser zu haben. Unser Team konnte so das gefährdete Gebiet mithilfe der Brunnen wässern. So können die Flammen hoffentlich auch in Zukunft zurückgehalten werden, sobald sie erneut Kurs auf die Waldschule von Nyaru Menteng nehmen. Auch wenn für dieses Mal alles gut gegangen und die Gefahr rechtzeitig gebannt werden konnte – die Gefahr ist noch nicht überstanden. Die Trockenzeit hat gerade erst begonnen und wird ihren Höhepunkt erst im September erreichen. Für uns heißt das in den nächsten zwei Monaten ständige Alarmbereitschaft. Rund um die Uhr sind unsere Kollegen im Einsatz, um jederzeit den Kampf gegen das Feuer aufzunehmen.
Um die Orang-Utans in unserer Rettungsstation zu beschützen, benötigen wir dringend zusätzliche Ausrüstung. Vor allem feuerfeste Kleidung, Wasserpumpen und ‑schläuche und ein Löschwasserspeicher werden gebraucht.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Mailchimp. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.