Für Albino-Orang-Utan Alba wird es ernst: Das Team der Jungle School prüft, ob sie bereits die nötigen Fähigkeiten besitzt, um in der Wildnis auf eigene Faust zu überleben. Währenddessen gibt es Zuwachs in der Schule — die drei Monate alte Monita nimmt ab jetzt am Unterricht teil. Außerdem muss das Team ein Orang-Utan-Baby aus einem indonesischen Dorf abholen.
In einem kleinen Dorf im Dschungel wird ein Orang-Utan-Baby gefunden. Tierarzt Arga macht sich auf den weiten Weg, um das Jungtier abzuholen und in die Schule zu bringen. Dort hat Beni währenddessen einen Plan ausgeheckt, um an den Bananenvorrat zu gelangen — der Vielfraß kennt keine Grenzen. Für das Personal der Jungle School wird es sehr emotional, als sie fünf ihrer Schützlinge endlich in die Wildnis entlassen können.
Es gibt außergewöhnlichen Zuwachs in der Jungle School: Alba, der weltweit einzige bekannte Albino-Orang-Utan, nimmt ab jetzt am Unterricht teil. Wie werden die anderen Schüler mit dem Neuzugang umgehen? “Big Boy” Beni muss währenddessen noch immer abspecken und Valentino fällt hauptsächlich durchs Herumalbern auf.
Jeder Orang-Utan ist anders. Genau wie wir Menschen hat jeder seine ganz eigene, einzigartige Persönlichkeit. Die einen sind offen und zugewandt, andere spielen und tollen gern den ganzen Tag wild mit der Gruppe herum, und wieder andere haben am liebsten ihre Ruhe. Malika ist so eine Einzelgängerin. Die sechsjährige Waldschülerin, die in unserem Schutzzentrum Nyaru Menteng lebt, ist am liebsten auf eigene Faust unterwegs, um die Welt zu entdecken.
Was brummt denn da?
Malika ist gern allein unterwegs
So saß Malika auch vor einigen Wochen in der Nähe eines verrotteten Baumstammes und kaute genüsslich auf ein paar Blättern herum. Plötzlich hielt sie inne. Etwas hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt – ein Geräusch! Malika ließ von den Blättern ab und näherte sich vorsichtig dem Baum, von dem die Geräusche zu kommen schienen. Stille. Sie suchte nach einem passenden Ast und klopfte ein paarmal kräftig gegen den morschen Baumstamm. Offenbar war die junge Menschenaffendame von ihrem eigenen Mut überrascht, denn sie umarmte sich ganz kurz selbst. Junge Orang-Utans machen das in Ermangelung ihrer Mutter manchmal, um sich selbst zu beruhigen. Dann flitzte Malika wie der Blitz ein paar Meter weiter und blieb in sicherer Entfernung von dem Baum stehen. Noch immer Stille.
Doch so schnell gab Malika nicht auf. Von ihrer Neugier getrieben, trabte sie zum Stamm zurück – um ihn erneut mit dem Ast zu bearbeiten. Dieses Mal klopfte sie etwas vorsichtiger…. Plötzlich ertönte ein tiefes, langanhaltendes Brummen aus dem Inneren des Baumes! Das Geräusch drang aus den murmelgroßen Löchern im Stamm und schien durch sie akustisch noch verstärkt zu werden. Malikas Neugier war größer als ihr Unbehagen vor dem unbekannten Geräusch. Wieder nahm sie den Ast und klopfte gegen den Baum, dabei schlug sie mal kräftiger und mal sanfter. Es war offensichtlich, dass das Geräusch sie total faszinierte.
Des Rätsels Lösung
Konzentrierter Blick
Dann kam plötzlich ein riesiger Käfer aus dem Stamm herausgeflogen und entfernte sich laut brummend vom Ort des Geschehens. Offenbar hatte er sich durch Malikas Klopfen gestört gefühlt und suchte nun das Weite. Das Rätsel um das seltsame Brummen war gelöst! Malika sah dem Käfer hinterher, bis er außer Sichtweite war, und widmete sich dann wieder genüsslich ihren Blättern.
Malika gehört zu den neugierigsten Orang-Utans ihrer Gruppe. Bei ihren Alleingängen durch das Regenwaldklassenzimmer sammelt sie viele wertvolle Erfahrungen, die dazu beitragen, ihre Überlebensfähigkeiten und natürlichen Verhaltensweisen weiter zu entwickeln. So ist sie bestens gewappnet, um eines Tages sicher in die Wildnis entlassen werden zu können.
Werden auch Sie zum BOS-Unterstützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regenwald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.
Wussten Sie, dass auch Orang-Utans Werkzeuge verwenden? Folgen Sie uns in den Regenwald und finden Sie heraus, was den Werkzeuggebrauch bei Menschenaffen so besonders macht.
Der Gebrauch von Werkzeugen, und vor allem auch ihre Herstellung, ist im Tierreich extrem selten, und mancher Werkzeuggebrauch wird oft fälschlicherweise pauschal als intelligent bewertet. Beispielsweise werfen Ameisenlöwen – das sind die räuberischen Insektenlarven der Ameisenjungfern – kleine Steine auf ihre potenzielle Beute. Oder Schützenfische, die ihre Beutetiere außerhalb des Wassers mit einem gezielten Wasserstrahl jagen. Das sind Beispiele für einen angeborenen, schematischen Gebrauch von Werkzeugen, die typischerweise immer gleichbleibend in nur einer bestimmten Situation eingesetzt werden. Im Gegensatz dazu erfordert intelligenter Werkzeuggebrauch die Fähigkeit, mehrere Informationsebenen zu integrieren und das Verhalten schnell und flexibel an wechselnde Situationen anzupassen.
Dieser Stamm wird bearbeitet wie ein Kunstwerk
Orang-Utans verwenden in der freien Wildbahn nicht nur routinemäßig Werkzeuge, sie stellen diese sogar selbst her. Wenn sie vor einer neuen Aufgabe stehen, können sie neue Werkzeuge sogar spontan erfinden (1). Darüber hinaus hat man festgestellt, dass die Menschenaffen auch ökonomische, zielorientierte Entscheidungen über den Gebrauch von Werkzeugen treffen (2). In der freien Wildbahn konnte man bisher knapp 40 verschiedene Arten von Werkzeuggebrauch feststellen (3). Ein paar Beispiele gefällig?
Werkzeugeinsatz zur effizienten Nahrungsbeschaffung
Um an nährstoffreiches Futter heranzukommen, verwenden Orang-Utans bis zu sieben verschiedene Varianten von Werkzeugen (3). So entfernen sie zum Beispiel sehr geschickt die äußere ungenießbare Hülle von Früchten mit Hilfe von kurzen Ästen, um an die wohlschmeckenden Samen heranzukommen. Andere Früchte, wie etwa die von Neesia-Bäumen, benötigen noch mehr Arbeitseinsatz – und Geduld: Entweder müssen die Menschenaffen warten, bis die hartschalige große Frucht des Neesia-Baums heranreift und von selbst aufplatzt. Oder, falls das zu lange dauert, werden die Früchte auch schon mal vorsichtig aufgebissen. Um an die leckeren Samen zu kommen, brechen die Orang-Utans Stöckchen vom Baum, entfernen die Seitentriebe und zum Teil auch die Rinde und kürzen das Stöckchen auf die gewünschte Länge (4). Anschließend bearbeiten sie damit das Innere der Frucht, um den Inhalt der Fruchtkapsel herauszuschälen. Hier müssen sie allerdings sehr vorsichtig agieren, da die nährstoffreichen Samen von einer dichten Schicht stacheliger Brennhaare umgeben sind.
Ein echter Leckerbissen: die Neesia-Frucht — hier mit Werkzeug, um an das Innere zu gelangen
Um in Baumhöhlen oder Totholz nach Termiten und anderen Insekten zu angeln, aber auch um an leckeren Honig zu gelangen, nutzen die Orang-Utans speziell angefertigte Zweige, bei denen sie manchmal die Enden aufbeißen. Das macht das Werkzeug vermutlich effizienter, da es die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich Larven darin verbeißen und durch die vergrößerte Oberfläche mehr Honig aufgenommen werden kann.
Gegen stechende Insekten verwenden sie manchmal Blätter als Schutzhandschuh oder ganze Äste als Körperschutz. Sogar die Nutzung von natürlichen Strohhalmen, um Regenwasser aus Baumlöchern zu trinken, wurde schon beobachtet (3). Manchmal brechen sie auch längere Äste vom Baum ab, um damit nach schwer erreichbaren Früchten zu angeln oder um die Wassertiefe festzustellen (5).
Während langanhaltender Dürreperioden, verursacht durch das El Niño Klimaphänomen, wird oft die Nahrung knapp. Dann kommt es vor, dass Orang-Utans mit größeren Holzpflöcken die Rinde von Bäumen entfernen, um an das Baumkambrium, die nahrhafte Wachstumsschicht zwischen Rinde und Holz, heranzukommen. Es erfordert viel Erfahrung, die richtige Technik und Geschick, um in großen Höhen solche kraftvollen, zielgerichteten Bewegungen sicher auszuführen.
Körperhygiene und Wohlbefinden
Genau wie wir Menschen, legen Orang-Utans großen Wert auf Körperpflege. So verwenden sie beispielsweise kurze Äste als Zahnstocher oder als Nagelschaber und mit längeren Ästen kratzen sie sich gern den Rücken. Große Blätter nutzen sie als Sonnenschutz oder Regenschirm und manchmal auch als Fächer, um sich kühlende Luft zuzufächeln. Offenbar wissen diese schlauen Tiere auch um die wohltuende Wirkung mancher Pflanzen: Es ist schon beobachtet worden, dass sie Heilpflanzen zerkauen und den entzündungshemmenden Nahrungsbrei an Armen und Beinen verteilen (6).
Das tut gut — der Ast als Rückenkratzer
Werkzeuge, um Laute zu erzeugen
Orang-Utans haben ein breitgefächertes Lautrepertoire. Bei dem sogenannten ‘kiss-squeak´ wird die Luft durch die vorgespitzten Lippen scharf eingesogen, was einen stimmlosen Kusslaut erzeugt (7). Orang-Utans jeden Geschlechts und Alters verwenden diesen Laut als Alarmruf, wenn sie sich gestört oder bedroht fühlen. Der kiss-squeak kann entweder ohne oder mit Hilfe von Blättern, die dabei an die Lippen gehalten werden, erzeugt werden. Jungtiere müssen diese Form der Lautproduktion üben, bis es endlich klappt.
Orang-Utans bekommen nur alle sechs bis neun Jahre Nachwuchs und haben so innerhalb der Menschenaffen das mit Abstand längste Geburtenintervall (8). Diese lange Zeitspanne wird benötigt, damit der junge Orang-Utan all die überlebenswichtigen Werkzeugtechniken und sozialen Fähigkeiten erlernen kann. Experten vermuten, dass viele Formen des Werkzeuggebrauchs kulturell von einer Generation an die Nächste weitergegeben werden, und dass daher soziales Lernen eine große Rolle spielt (3).
Hier lernt einer vom anderen, wie man mit einem Stöckchen an den Honig im Stamm kommt
Wir tun unser Bestes, um unsere Schützlinge in den Rettungs- und Rehabilitationszentren bestmöglich auf ein selbstständiges Leben im Regenwald vorzubereiten und ihnen alles Wichtige in der Waldschule beizubringen.
Werden auch Sie zum BOS-Unterstützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regenwald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.
Beitrag von Dr. Isabelle Laumer
Referenzen:
1. Laumer I.B., Call J., Bugnyar T., Auersperg A.M.I. (2018) Spontaneous innovation of hook-bending and unbending in orangutans (Pongo abelii). Scientific Reports 8:16518
2. Laumer I.B., Auersperg A.M.I., Bugnyar T., Call J. (2019) Orangutans (Pongo abelii) make flexible decisions relative to reward quality and tool functionality in a multi-dimensional tool-use task. PLoS One 14(2): e0211031.
3. Meulmann EJM, van Schaik CP (2013) Orangutan tool use and the evolution of technology. In: Sanz, C M; Call, J; Boesch, C. Tool Use in Animals. Cognition and Ecology. Cambridge, UK: Cambridge University Press, 176–202.
4. Forss S (2009) Social Learning and Independent Exploration in immature Sumatran Orangutans, Pongo abelii. Additional comparative study between two populations; Suaq Balimbing, Sumatra and Tuanan, Borneo. Master thesis supervised by van Schaik CP
5. Shumaker R.W., Walkup K.R. & Beck B.B. (2011) Animal tool behaviour: The use and manufacture of tools by animals. Baltimore, MD: Johns Hopkins University Press.
6. Morrogh-Bernard, H.C., Foitová, I., Yeen, Z. et al. (2017) Self-medication by orang-utans (Pongo pygmaeus) using bioactive properties of Dracaena cantleyi . Sci Rep 7, 16653.
7. Lameira AR, Hardus ME, Nouwen KJJM, Topelberg E, Delgado RA, et al. (2013) Population-specific use of the same tool-assisted alarm call between two wild orangutan populations (pongopygmaeus wurmbii) indicates functional arbitrariness. PLoS ONE 8(7): e69749.
8. Wich, S. A., H. de Vries, et al. (2009). Orangutan life History variation. Orangutans Geographic Variation in Behavioral Ecology and Conservation. S. A. Wich, A. S. S. Utami, T. Mitra Setia and C. P. van Schaik, Oxford University Press.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Mailchimp. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.