9. November 2021

Auch Indo­ne­sien hat einen Obama

Unsere Kollegin Andrea Knox ist Ameri­ka­nerin, lebt aber seit einigen Jahren in Indo­ne­sien. Sie wunderte sich nicht schlecht, als sie im Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng laute Rufe nach Obama, ihrem ehma­ligen US-Präsi­denten, vernahm. Hier berichtet sie, nach welchem Obama da tatsäch­lich verlangt wurde. Und wieso der so einen großen Namen trägt.

„Obama!“ Über­rascht drehte ich mich um, als ich den strengen Ruf einer Baby­sit­terin hörte. Ich sah einen kleinen Orang-Utan, der von den anderen Wald­schü­lern auf dem Spiel­platz davon­flitzte – und eine Baby­sit­terin, die ihm schnell hinter­her­eilte. Der Aufruhr war schnell beendet, als die Baby­sit­terin den Orang-Utan einholte, ihn an der Hand nahm und zurück zur Gruppe führte. Als sie an mir vorbei­ging, lächelte sie und erklärte auf Indo­ne­sisch: „Obama kann so unge­zogen sein.“ Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.

In seinen jungen Jahren war Obama ein frecher Bursche
In seinen jungen Jahren war Obama ein frecher Bursche

Der Weg ins Büro in Nyaru Menteng kann aufre­gend sein. Mal wird man Zeuge, wie Makaken Klei­dung von der Wäsche­leine stehlen, wie Tierärzt:innen sedierte Orang-Utans zur Unter­su­chung in die Klinik schleppen oder wie Wald­schüler versu­chen, sich von der Gruppe wegzu­schlei­chen, um ein neues Gebiet zu erkunden. Als Ameri­ka­nerin hätte ich jedoch nie erwartet, dass ich in Borneo auf dem Weg ins Büro auf Obama treffen würde! Ich musste mehr über diesen scheinbar „unge­zo­genen“ Obama erfahren.

 der junge Obama
Immer auf der Suche nach Ärger: der junge Obama

Inzwi­schen ist Obama ein neun­jäh­riger Orang-Utan-Junge, der in Nyaru Menteng lebt. Es ist kein Zufall, dass er den selben Namen trägt, wie der ehema­lige Präsi­dent der Verei­nigten Staaten von Amerika. Als er etwa fünf Monate alt war, wurde er in der Region Gunung Mas in Zentral-Kali­mantan gerettet. Das Datum seiner Rettung war der 6. November 2012 – der Tag, an dem die US-Wahl statt­fand, die zur zweiten Amts­zeit des dama­ligen Präsi­denten Barack Obama führte.

Obwohl Barack Obama nicht der erste US-Präsi­dent war, der Indo­ne­sien besuchte (das war Richard Nixon im Jahr 1969), ist er hier dennoch ziem­lich berühmt, denn er ist der einzige US-Präsi­dent, der jemals in Indo­ne­sien gelebt hat!
Als er sechs Jahre alt war, zog Obama (der Mensch) nach Jakarta, Indo­ne­sien, wo er vier Jahre lang mit seiner Mutter lebte. Als er Jahr­zehnte später, nachdem er Präsi­dent der USA geworden war, erneut Indo­ne­sien besuchte, erin­nerte er sich immer noch gerne an seine Liebe zu „Bakso“ (indo­ne­si­sche Fleisch­klöß­chen­suppe) und „Sate“ (indo­ne­si­sche Grill­spieße) von Stra­ßen­händ­lern. Seine Kind­heit in Jakarta und sein Respekt für die indo­ne­si­sche Kultur bescherten Barack Obama eine große Popu­la­rität in Indonesien.

Als am Tag von Obamas Wieder­wahl ein kleiner Orang-Utan gerettet wurde, taufte ihn das BOS Foun­da­tion-Team kurzer­hand auf den Namen Orang-Utan Obama.

Bald besucht Obama die Walduniversität
Bald besucht Obama die Walduniversität

Anfang 2013 wurde Orang-Utan Obama in den Wald­kin­der­garten aufge­nommen, besuchte danach die Wald­schule, die er 2019 abschloss. Im Laufe der Jahre zeigte sich, dass Orang-Utan Obama lange nicht so gut erzogen war wie der mensch­liche Obama, da er gele­gent­lich Baby­sit­te­rinnen und Mitschüler biss. Aber er bewies uns, dass er bereit für den Wald war. Er konnte auf Bäume klet­tern, Nester bauen und problemlos nach Nahrung suchen. Und jetzt mal ehrlich: Kann der mensch­liche Obama etwa mit seinen Zähnen Rattan schälen?

Jetzt steht der Orang-Utan Obama vor der letzten großen Prüfung seiner Reha­bi­li­ta­tion: Der Wald­uni­ver­sität. Auf einer Voraus­wil­de­rungs­insel im Salat Island Cluster muss er beweisen, dass er das Zeug dazu hat, unab­hängig als wilder Orang-Utan zu leben!

Wir hoffen, dass unser Obama diesen Test mit Bravour besteht und in ein paar Jahren frei in einem sicheren Regen­wald leben kann, um zu einer neuen wilden Orang-Utan-Popu­la­tion beizu­tragen. Und so den Menschen Obama stolz auf seinen Orang-Utan-Namens­vetter machen wird!

Text von: Andrea Knox, Inter­na­tio­nale Kommu­ni­ka­tion und Bera­terin für Forschung, Bogor

 

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