11. Dezember 2019

Betten­suche – Wo ein Schlaf­nest ist, war auch ein Orang-Utan

Schlaf­nester unserer ausge­wil­derten Orang-Utans aufzu­spüren, ist für unsere Moni­to­ring-Teams in etwa so leicht wie eine Oster­ei­er­suche. Eine wahre Sisy­phus-Arbeit! Die Nester müssen gefunden werden, um Rück­schlüsse über den Verbleib und die Bewe­gungen der Wald­be­wohner ziehen zu können. Diese halten sich nämlich gerne versteckt. Sie sind sogar echte Meister im Verbergen.

Beob­ach­tung der neuen Waldbewohner

Um heraus­zu­finden, wie die erst frisch in die Frei­heit entlas­senen Orang-Utans im Wald zurecht­kommen, über­wacht unser Post-Release-Moni­to­ring-Team (PRM) die Neuan­kömm­linge in der ersten Zeit täglich. So soll sicher­ge­stellt werden, dass sich die ehema­ligen Schütz­linge an ihre Umge­bung anpassen und in freier Wild­bahn prächtig entwickeln.

Große Bäume und ein Über­fluss an natür­li­cher Nahrung im üppigen Regen­wald sind die ideale Umge­bung für die “Wald­men­schen”, welche ihr neues Zuhause meist erst einmal ausgiebig erkunden. Während wir es sehr begrüßen, dass die neuen Wald­be­wohner ihr neues Terri­to­rium gründ­lich inspi­zieren und erfor­schen, stellt es uns dennoch vor große Heraus­for­de­rungen. Denn um die neugie­rigen Orang-Utans mit ihrem uner­müd­li­chen Bewe­gungs­drang ausrei­chend über­wa­chen zu können, müssen unsere Mitar­beiter perma­nent durch den Wald streifen, um sie zu orten.

Nester­suche als manu­elle Trackingmethode

Unsere ausge­wil­derten Orang-Utans tragen in die Haut implan­tierte winzige Trans­mitter, die das Auffinden erheb­lich verein­fa­chen. Wenn nach unge­fähr einem Jahr die Batte­rien leer sind, muss unser Team auf andere Methoden zurück­greifen, um die Tiere aufzuspüren.

Eine davon ist das Finden und Zuordnen von Nestern. Für geübte Augen sind diese wie Fußspuren. Aber da unsere Artver­wandten innner­halb kürzester Zeit weite Stre­cken zurück­legen können, muss das Team die Gegend meist trotzdem für einige Tage durch­forsten, bis es ein Nest findet. Und selbst dann sind häufig noch keine Orang-Utans zu sehen.

Eintau­chen in die Wissen­schaft der Nester

Das Aussehen der Nester sagt eine Menge über den Bewe­gungs­ra­dius der Orang-Utans aus. Der Zustand des Blät­ter­ge­flechts lässt auf den Zeit­punkt schließen, an dem sich der rothaa­rige Wald­be­wohner hier zum Ausruhen nieder­ge­lassen hat.

Orang-Utan-Nest Typ A

Orang-Utan-Nest Typ A

Orang-Utan-Nest Typ B

Orang-Utan-Nest Typ B

Orang-Utan-Nest Typ C

Orang-Utan-Nest Typ C

Orang-Utan-Nest Typ D

Orang-Utan-Nest Typ D

Wenn die Blätter des Nests noch grün und nicht verwelkt aussehen, wird das Nest als Typ A klas­si­fi­ziert. Bei dieser Art Nest wird davon ausge­gangen, dass es vor weniger als drei Tagen gebaut wurde. Darüber hinaus gibt es noch die Klas­si­fi­zie­rungen des Typs B, C oder D, je nachdem wie alt das jewei­lige Nest ist. Wenn wir zwei oder mehr Nester desselben Typs und damit unge­fähr desselben Alters finden und diese nicht allzu weit vonein­ander entfernt sind, können wir in der Regel die Fort­be­we­gung eines bestimmten Orang-Utans abschätzen. Leider passiert das nicht allzu oft.

In der Wildnis sind Orang-Utans von den vorhan­denen Mate­ria­lien abhängig, welche in der Gegend auffindbar sind, in der sie ihre Schlaf­nester bauen wollen. Häufig finden wir mehr als nur ein Nest in Bäumen, die gerade Früchte tragen. Manche Primaten mögen es, alte Nester erneut zu nutzen oder zu repa­rieren, beson­ders wenn sie relativ frisch gebaut worden sind.

Es gab Zeiten, in denen wir inner­halb eines Tages mehrere Nester fanden, aber trotz alledem keinen einzigen Orang-Utan sich­teten. Doch die Tatsache, dass die gefun­denen Nester als Typ A klas­si­fi­ziert wurden, lässt immerhin darauf schließen, dass die in dieser Gegend umher­strei­fenden Orang-Utans gesund­heit­lich fit waren. Und das ist für uns das Wich­tigste, dass unsere ausge­wil­derten Schütz­linge ihr Leben gesund in Frei­heit verbringen können.

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