9. November 2017

Der Tapa­nuli-Orang-Utan

Mit Schim­panse und Bonobo, zwei Gorilla- und zwei Orang-Utan-Arten gab es (ohne den Menschen) bisher sechs Menschen­af­fen­arten. Zur Über­ra­schung der Fach­leute und der ganzen Welt ist jetzt ein siebter aufge­taucht: Pongo tapa­nu­li­ensis, der Tapa­nuli-Orang-Utan. Benannt wurde er nach seinem Verbrei­tungs­ge­biet in Nord­su­matra. Man hielt ihn bisher für eine Unterart des Sumatra-Orang-Utans Pongo abelii und iden­ti­fi­zierte ihn erst dieses Jahr als eigen­stän­dige Spezies.

Inter­es­san­ter­weise ist der Tapa­nuli-Orang-Utan enger mit seinen Vettern auf Borneo (Pongo pygmaeus) verwandt als mit den geogra­fisch viel näher behei­ma­teten Sumatra-Orang-Utans. Die Linien der heutigen Borneo- und Sumatra-Orang-Utans trennten sich bereits vor ca. 3,4 Millionen Jahren, während sich Borneo- und Tapa­nuli-Orang-Utan erst vor etwa 670.000 Jahren vonein­ander abspal­teten. Das war möglich, weil der Meeres­spiegel damals tiefer lag und Sumatra und Borneo keine Inseln waren, sondern zum heute versun­kenen Sunda­land gehörten.

Von Pongo tapa­nu­li­ensis exis­tieren nach gegen­wär­tigem Kennt­nis­stand noch etwa 800 Indi­vi­duen auf einem Terri­to­rium von gerade einmal 1000 Quadrat­ki­lo­me­tern (zum Vergleich: Berlin erstreckt sich über ca. 890 Quadrat­ki­lo­meter). In diesem Gebiet wird zudem Bergbau und Ölpal­men­anbau betrieben, und es ist der Bau eines Stau­damms geplant. Damit ist der Tapa­nuli-Orang-Utan sehr wahr­schein­lich die am stärksten bedrohte Menschen­af­fenart und hätte diesen trau­rigen Rang den Berg­go­rillas abge­laufen. Eine entspre­chende Einschät­zung durch die IUCN (Inter­na­tional Union for Conser­va­tion of Nature and Natural Resources) wird im Dezember 2017 erwartet.

Der an der Iden­ti­fi­zie­rung der neuen Spezies betei­ligte Prima­to­loge Erik Meijaard von der austra­li­schen National Univer­sity in Canberra mahnt: “Wenn wir sogar noch in der Gruppe der Menschen­affen neue Arten finden, was sagt uns das über alles andere, was wir über­sehen: unent­deckte Spezies, unbe­kannte ökolo­gi­sche Bezie­hungen, kriti­sche Schwel­len­werte, die wir nicht über­schreiten sollten?”

Siehe auch: http://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2017/Dritte-Orang-Utan-Art.html

Bilder­quelle: Univer­sität Zürich, Bild: Maxime Aliaga