Mensch und natur
Wirtschaftliche Aktivitäten erhöhen den Druck auf die Wälder Kalimantans. Lösungen sind daher dringend notwendig. Jedoch ist nachhaltiger Naturschutz nur gemeinsam mit den Menschen möglich. Oder, wie es Jamartin Sihite, der CEO der BOS Foundation, einmal ausdrückte: „Never talk about conservation with hungry people.“
Soziale Nachhaltigkeit: Welchen Herausforderungen stehen die Menschen auf Borneo gegenüber?
Die Ressourcen auf der Erde sind endlich. Nachhaltige Entwicklung hat das Ziel, allen Menschen im Rahmen dieser begrenzten Ressourcen einen ausreichend hohen ökologischen, ökonomischen und sozial-kulturellen Standard zu bieten. Das gilt für die Menschen, die heute leben, genauso wie für zukünftige Generationen – sie alle sollen die gleichen Chancen erhalten. So sichert nachhaltige Entwicklung den Generationenschutz. Diesem Anspruch gerecht zu werden, und von der Theorie ins Tun zu kommen, ist mit vielen Herausforderungen verbunden.
Die Menschen nahe der abgelegenen BOS-Schutzgebiete sind oft arm. Sie wirtschaften vorwiegend für die Sicherstellung des Lebensunterhaltes ihrer Familie oder einer kleinen Gemeinschaft (Subsistenzlandwirtschaft), oft ohne gesicherte Landrechte. Viele Dörfer sind nicht an das nationale Straßennetz angebunden und nur per Boot erreichbar. Der Zugang zu Märkten, Gesundheitsversorgung und Bildung ist stark eingeschränkt und kostspielig. Aufgrund fehlender Alternativen ergänzen die Menschen daher ihr Einkommen zum Lebensunterhalt häufig mit nicht nachhaltigen Aktivitäten. Das sind beispielsweise illegaler Holzeinschlag, Brandrodung oder sie arbeiten als Tagelöhner in industriellen Plantagen (z.B. für Anbau von Palmöl). Regelmäßige Wald- und Torfbrände (welche enorme Mengen an Treibhausgasen freisetzen und so den Klimawandel befeuern), veränderte Niederschlagsmuster und Überschwemmungen sind die negativen Folgen. Unter ihnen leiden Mensch und Natur.
Orang-Utans werden oft Opfer von Mensch-Tierkonflikten. Von der lokalen Bevölkerung werden die Tiere oft als Verursacher von Ernteverlusten gesehen. Ihre Tötung ist daher keine Seltenheit, obwohl sie laut indonesischem Recht illegal ist. Jedoch mangelt es an der effektiven Umsetzung dieses Gesetzes.
Ökologisch gesehen leben die Menschen in Kalimantan mit einem ungeheuren Schatz – der Regenwald Borneos gehört zu den artenreichsten Ökosystemen weltweit. Eine wirtschaftliche Sicherheit für die Bevölkerung entwickelt sich daraus zurzeit jedoch kaum. Das ist der Grund, warum die sozialen Aspekte von Nachhaltigkeit mitgedacht werden müssen, wenn Naturschutz erfolgreich sein soll.
Orang-Utans werden oft Opfer von Mensch-Tierkonflikten oder landen auf den illegalen Wildtiermarkt
Die lokale Bevölkerung verdient ihren Lebensunterhalt oft mit illegaler Abholzung
UNSERE ZIELE: WIE SETZT SICH BOS FÜR EINE VERBESSERUNG DER SITUATION EIN?
BOS führt in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung, die nahe der BOS-Schutzgebiete lebt, zahlreiche Entwicklungsprojekte durch. Es geht um nachhaltige Einkommensförderung, Naturschutz, Moorrenaturierung und Kapazitätsaufbau. Im Sinne eines partizipativen Ansatzes beziehen wir die lokalen Behörden und andere relevante Akteure aktiv mit ein. Wir sind überzeugt, dass ökologische Nachhaltigkeit nur dann funktioniert, wenn sie ökonomisch und sozial vertretbar ist. Nur so können Regenwaldschutz und verbesserte Lebensbedingungen Hand in Hand gehen.
Geleitet von den Bedürfnissen der Bevölkerung in Kalimantan, verfolgt BOS Deutschland daher die folgenden Ziele:
- Die Bewohner und Bewohnerinnen in den BOS-Projektgebieten wurden gestärkt (Rechte, Dorfentwicklung, Landbesitz). Sie kennen und kommunizieren ihre Rechte und fordern diese aktiv ein.
- Vormals arme Familien in Borneo haben nachhaltige Einkommensmöglichkeiten, und die Menschen gehen diesen eigenständig nach.
- Die Menschen in Kalimantan wissen um die Wichtigkeit von Wald‑, Biodiversitäts- und Klimaschutz und gehen verantwortlich mit den natürlichen Ressourcen in ihrem Umfeld um.
- Die Lokalbevölkerung profitiert finanziell, politisch und gesundheitlich von Waldschutz- und Aufforstungsaktivitäten sowie von intakten Ökosystemen.
- Das Zusammenleben von Menschen und Orang-Utans in Kalimantan basiert auf einer harmonischen Koexistenz.
Förderung von Frauen ist im Fokus unserer Arbeit
Wina ist Teil des Projekts „Frauen pflanzen Zukunft“
BOS leistet damit sowohl einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen der vormals an den Rand der Gesellschaft gedrängten Gemeinden auf Borneo als auch zum Arten- und Habitat-Erhalt für zukünftige Generationen. Beides hilft, den Klimawandel einzudämmen.
Unser Einsatz gemeinsam mit der Lokalbevölkerung in Kalimantan trägt zur Erfüllung internationaler Entwicklungs- und Naturschutzziele bei: Von den 17 definierten Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals) addressieren wir vier, bei den Aichi-Zielen der Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen sind es fünf von zwanzig Zielen. Dazu trägt unsere Arbeit zur Erreichung der Bonn Challenge, dem Pariser Klimaschutzübereinkommen, dem CITES Artenschutzabkommen, sowie dem Ramsar-Übereinkommen über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung bei.
Welche Sustainable Development Goals verfolgt BOS Deutschland e.V.?
- SDG 1: Keine Armut: Die Bevölkerung betreibt in unseren Projektgebieten oft Subsistenzwirtschaft. Einige Haushalte in den Gemeinden leben unterhalb der Armutsgrenze. Daher ist einer der Hauptziele unserer Arbeit nachhaltige Einkommensquellen für die lokale Bevölkerung zu schaffen.
- SDG 2: Kein Hunger: Die Landbewirtschaftung für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern wird gefördert, um von einer Monokultur, die von einem einzigen Rohstoffmarkt abhängig ist, zu einer vielfältigeren Markt- und Lebenshaltungsstrategie überzugehen. Dies erhöht die Verfügbarkeit von lokal angebauten Lebensmitteln und verbessert die Einkommensvielfalt (Rohstoffe und lokale Märkte).
- SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion: Die weltweite Nachfrage nach Palmöl hat massive und direkte Auswirkungen auf die Form der Landnutzung, die Wasserverbräuche und die natürlichen Ressourcen. BOS Deutschland e.V. Projekte schaffen Mechanismen für nachhaltige Produktion für die Gemeinden vor Ort.
- SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz: Durch zahlreiche Aufforstungs- und Waldschutzprojekte, sowie Wiederherstellung degradierter Moorgebiete setzt sich BOS Deutschland e.V. für den Erhalt des Regenwaldes Borneos und die Sicherstellung seiner essentiellen Rolle beim globalen Klimaschutz ein.
Finanziert werden unsere Entwicklungsprojekte durch private Spenden, öffentliche Geber und Unternehmen.
FEUERBEKÄMPFUNG UND
REHABILITIERUNG VON MOOREN
Ende der 1990er Jahre wurden die Torfmoorregenwälder in Mawas im Rahmen des „Mega-Reis-Projektes“ teilweise zerstört und künstliche Kanäle zur Entwässerung des Moores angelegt. In ihrem natürlichen Zustand sind die Böden von Torfmoorregenwäldern voller Wasser und der Torf wächst stetig. Werden die Torfböden entwässert, trocknen sie aus und oxidieren an der Luft. Der Torfboden ist geschädigt und dadurch leicht entflammbar. Dies bedroht das gesamte Ökosystem. Jedes Jahr in der Trockenzeit kommt es auf den ausgetrockneten Torfböden zu Bränden. Die meist menschgemachte Feuer führen zur Rauchentwicklung, die oft Monate anhält. Das schädigt die Gesundheit der Menschen vor Ort und macht die Böden unfruchtbar. In den letzten 20 Jahren wurden so riesige Torfmoorgebiete zerstört. Auch die intakten Regenwälder in Mawas sind mittlerweile von den Feuern bedroht. Aus diesen Gründen ist die Feuervermeidung und ‑bekämpfung in Mawas äußerst wichtig. BOS Foundation arbeitet hierfür eng mit den Gemeinden vor Ort zusammen. Folgende Maßnahmen setzen wir aktuell um:
Bekämpfung von Waldbränden auf Borneo
Bekämpfung und Vermeidung von Feuern
In zahlreichen Dörfern in Mawas organisiert BOS Schulungen für die Bevölkerung. Dabei werden Kenntnisse und Handlungsoptionen zu Feuer-Management, Feuerbekämpfung, Feuervermeidung und Feuerrisiken vermittelt. Wir unterstützen beim Aufbau von Feuerschutz-Teams in den Gemeinden, sowie bei der Erstellung von Feuer-Risikokarten. Die Teams führen in der Trockenzeit von Juli – Dezember regelmäßige Patrouillen durch, um Feuer möglichst frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Der Bau von Tiefbrunnen in von Bränden besonders bedrohten Gebieten sichert die schnelle Verfügbarkeit von Löschwasser, wenn ein Feuer ausbricht.. Wir kooperieren eng mit Entscheidungsträgern vor Ort und arbeiten an der Etablierung langfristiger, lokal verankerter Lösungen.
Wiederherstellung von Mooren
Die Wiedervernässung der Torfböden in Mawas kann das Feuerrisiko nachhaltig senken und die Bodenfruchtbarkeit schützen. Hierfür arbeitet BOS mit lokalen Gemeinden zusammen. Gemeinsam haben wir bereits zahlreiche Dämme gebaut, welche die Entwässerungskanäle verschließen und so das wertvolle Wasser in den Moorböden halten. Die Dämme werden regelmäßig von unseren lokalen Teams überprüft und bei Bedarf repariert. Dabei werden auch die Effekte des Dammbaus – wie Wasserfluss und Wasserstand – gemessen. Die Dämme bestehen aus natürlichen Materialien und werden mit Bäumen bepflanzt. So tragen wir zur Wiederherstellung des Ökosystems bei.
PARTIZIPATIVER WALDSCHUTZ UND AUFFORSTUNG
Seit den 1970er Jahren haben menschliche Aktivitäten die Regenwälder Borneos drastisch reduziert. Die verbliebenen Wälder sind auch weiterhin durch Abholzung und Landwirtschaft, nicht zuletzt für Palmölplantagen, bedroht.
In Mawas schafft BOS Anreize für die Lokalbevölkerung, sich für den Schutz und die Wiederherstellung der Wälder einzusetzen. Zusätzlich schafft Aufforstung neuen Lebensraum für bedrohte Arten, reduziert Feuerrisiken und trägt zum globalen Klimaschutz bei. Folgende Maßnahmen setzen wir aktuell um:
Aufforstung
Die Gemeinden in Mawas sind in den gesamten Aufforstungsprozess involviert. Dies umfasst den Aufbau von Baumschulen in den Dörfern, das Sammeln von Samen einheimischer Baumarten und Orang-Utan-Futter-Bäumen, die Pflege der Setzlinge in den Baumschulen, das Pflanzen der jungen Bäume auf den Aufforstungsflächen, sowie das Monitoring und die Pflege nach der Auspflanzung. Hierfür führt BOS Trainings und Schulungen durch und schafft lokale Arbeitsplätze im Naturschutz – in Baumschulen, beim Transport der Setzlinge, beim Auspflanzen, bei der Verpflegung der Pflanzteams etc..
Patrouillen gegen illegalen Holzeinschlag
Illegaler Holzeinschlag ist in Mawas weiterhin an der Tagesordnung. Daher hat BOS gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung Patrouillen-Teams aufgebaut. Sie sind regelmäßig auf Kanälen und in Waldgebieten unterwegs, um das illegale Abholzen zu stoppen oder zumindest zu reduzieren. Vorfälle von illegalem Holzeinschlag meldet BOS an die zuständigen Behörden vor Ort.
Umweltbildung
Der Einsatz für den Schutz bedrohter Ökosysteme und Arten erfordert Wissen und Verständnis für deren kritische Situation. Deshalb gehört es zu den BOS-Hauptaufgaben, Menschen für die Bedeutung von Orang-Utan- und Waldschutz auf Borneo zu sensibilisieren und Handlungsoptionen aufzuzeigen. Hierfür kooperiert BOS mit Schulen, Plantagenbesitzern und Distriktbehörden in den ländlichen Regionen Borneos. Durch Umweltbildungsprogramme lernen die Menschen, wie wichtig Wald- und Biodiversitätsschutz sowie nachhaltiger Ressourcennutzung ist. Zudem veranstaltet BOS Trainings zur Prävention von Mensch-Wildtier-Konflikten. Wir wollen die Menschen dafür sensibilisieren, dass sie mit dem Schutz des Waldes ihre eigene Lebensgrundlage erhalten.
Mitglieder der lokalen Gemeinden bereiten die Flächen für die Aufforstungsaktivitäten
Kinder bei einem Umweltbildung-Workshop in Zentralkalimantan
Patrouillen schauen sich die Karte vom Mawas-Gebiet
Stärkung der Lokalbevölkerung
Durch seine Community Development Aktivitäten vor Ort befähigt BOS lokale und indigene Dorfgemeinschaften, sich aktiv für ihre Rechte einzusetzen und ihre natürlichen Ressourcen verantwortungsbewusst zu bewirtschaften.
Erstellung von Rattan-Taschen in einem Frauenkollektiv
Ökologischer Reisanbau im Mawas-Gebiet
Rechte stärken
In einem partizipativen Prozess lernen die Gemeindemitglieder ihre Bedürfnisse zu formulieren. Anschließend begleitet BOS die Gemeinden bei der Erstellung ihrer eigenen Dorfentwicklungspläne, bei der partizipativen Kartierung von Dorfgrenzen und dem Prozess der Formalisierung von Landrechten.
Nachhaltige Einkommensquellen schaffen
In verschiedenen Dörfern auf Borneo unterstützt BOS die Bevölkerung dabei, ihre Lebensbedingungen nach eigenen Wünschen zu gestalten und gleichzeitig Wälder und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen zu erhalten. Um neue, nachhaltige Einkommensquellen zu fördern, vermittelt BOS beispielsweise Kleinkredite, insbesondere für Frauen. Diese helfen sowohl bei der Produktion und Verarbeitung von Gütern im traditionellen Handwerk (Fischzucht, Rattan oder Kautschukproduktion) als auch bei neuen Gewerbemöglichkeiten (Kioske, Copy Shops). Die Maßnahmen werden begleitet durch Bildungs- und Finanzierungsangebote in den Bereichen traditionelles Kunsthandwerk, Biolandbau, Agroforst, Fischzucht, oder Finanzmanagement und Buchhaltung.
AUSWILDERUNGS- & AUFFORSTUNGSGEBIETE
Wo die Neuen Wilden wohnen?
Begleiten Sie uns in unsere Auswilderungswälder Kehje Sewen (Ost-Kalimantan), Bukit Batikap und Bukit Baka Bukit Raya (beide Zentral-Kalimantan).
Wir schaffen neuen Regenwald
In Mawas wurde in den neunziger Jahren ein riesiger Torfmoorregenwald trockengelegt und zerstört. Hier vernässen wir das Moor und forsten dann auf. In Sabah verwandeln wir Ölpalmenplantagen in einen Wildtierkorridor.
SCHAFFEN SIE LEBENSWALD
Lebenswald
Um das Überleben der Orang-Utans zu sichern, müssen wir ihren Lebensraum beschützen. In Mawas, einem jahrtausendealten Torfmoorwald lebt eine der letzten wilden Orang-Utan-Populationen. Doch große Teile dieses einzigartigen Regenwalds wurden zerstört. Hier forsten wir riesige Flächen wieder auf. Baum für Baum entsteht hier Lebenswald.