7. Mai 2019

Eine Millionen Tier- und Pflan­zen­arten vom Aussterben bedroht

Die Zeit der Ausreden und des Aussit­zens muss endlich vorbei sein, denn um die Zukunft unseres Planeten sieht es so drama­tisch aus, wie noch nie: Etwa eine Million Tier- und Pflan­zen­arten könnten in den kommenden Jahr­zehnten für immer verschwunden sein – wenn wir nicht schnell und konse­quent handeln. 

Diese Zahl des Grauens veröf­fent­lichten nun Wissen­schaftler des Welt­bio­di­ver­si­tätsrat IPBES (Inter­go­vern­mental Science-Policy Plat­form on Biodi­ver­sity and Ecosystem Services) in ihrem ersten globalen Bericht zum Zustand der Arten­viel­falt. Danach sind von den geschätzt acht Millionen Tier- und Pflan­zen­arten die es auf der Welt gibt, rund eine Million vom Aussterben bedroht – der Orang-Utan ist eine davon. Und lang­fristig kann auch der Mensch nicht überleben.

Noch nie zuvor sei das Ausmaß des Arten­ster­bens so groß gewesen wie heute. Und Schuld hat der Mensch, der gerade in den vergan­genen 50 Jahren immer mehr Flächen für sich bean­sprucht, die anderen Lebe­wesen fehlen. So sind inzwi­schen 75 Prozent der Land­flä­chen stark verän­dert, 66 Prozent der Meere belastet, über 85 Prozent der Feucht­ge­biete zerstört.

Der Welt­bio­di­ver­si­tätsrat hat ermit­telt, dass 100 Millionen Hektar intakter Regen­wald in den Jahren von 1980 bis 2000 gerodet wurde – unter anderem um Ölpalm­plan­tagen in Südost­asien (7,5 Millionen Hektar) oder Vieh­weiden in Latein­ame­rika (rund 42 Millionen Hektar) anzulegen.

Die Ölpalme als Regenwaldvernichter
Die Ölpalme als Regenwaldvernichter

 

Zwischen 2010 und 2015 wurden in den Tropen mit ihrem hohen Arten­reichtum 32 Millionen Hektar Primär­wald zerstört. Mit der Zerstö­rung der Lebens­räume sank die Zahl natür­lich vorkom­mender Arten um mindes­tens 20 Prozent, so die Wissen­schaftler in ihrem Bericht. Den größten Einfluss auf das Sterben der Arten haben neben der verän­derten Nutzung von Land und Meer die direkte Ausbeu­tung von Lebe­wesen, der Klima­wandel und die Umwelt­ver­schmut­zung. Dabei wird die Rolle des Klima­wan­dels in den kommenden Jahr­zehnten immer größer werden.

Die Regenwälder gehören noch zu den artenreichsten Lebensräumen
Regen­wälder gehören noch zu den arten­reichsten Lebensräumen

 

Auch unser Über­leben ist gefährdet

Der Welt­bio­di­ver­si­tätsrat IPBES ist eine UN-Orga­ni­sa­tion mit aktuell 132 Mitglieds­staaten. Seine Aufgabe ist es, im Bereich biolo­gi­scher Viel­falt und Ökosys­tem­leis­tungen (Vorteile, die Menschen von Ökosys­temen beziehen) wissen­schaft­lich zu beraten. Für den Bericht haben mehr als 150 Wissen­schaftler und Experten drei Jahre lang 15.000 Quellen ausge­wertet. Die Forscher und der Welt­bio­di­ver­si­tätsrat hoffen, dass aus diesem Bericht bis 2020 ein gemein­sames, poli­tisch bindendes Abkommen zum Schutz der Arten­viel­falt entsteht. Denn 2020 findet die 15. Welt­na­tur­schutz­kon­fe­renz in China statt.

Die Wissen­schaftler des IPBES haben nicht nur Daten ausge­wertet, sondern auch sechs mögliche Hand­lungs­sze­na­rien von „Weiter wie bisher“ bis zu „lokaler Nach­hal­tig­keit“ entwi­ckelt und vorge­stellt. Ein Über­leben der Mensch­heit über die nächsten 100 Jahre hinaus sehen die Wissen­schaftler nur in den drei nach­hal­tigen Szena­rien – und die bedürfen eines tief­grei­fenden System­wech­sels. „Wir zerstören die Basis unserer Wirt­schaft, Lebens­grund­lage, Nahrungs­si­cher­heit, Gesund­heit und Lebens­qua­lität welt­weit“, sagt Robert Watson, Vorsit­zender des Welt­bio­di­ver­si­täts­rates. „Nur mit einem tief­grei­fenden Wandel können wir die Natur noch erhalten, wieder­her­stellen und nach­haltig nutzen. Es ist noch nicht zu spät, um einen Unter­schied zu machen – aber nur wenn wir jetzt anfangen, jeden Bereich lokal und global zu verändern.“

Akut vom Aussterben bedroht
Akut vom Aussterben bedroht

Die Aufgabe ist klar: Alle Bereiche in Politik und Wirt­schaft müssen zusam­men­ar­beiten. Und der Erhalt der biolo­gi­schen Viel­falt muss als Über­schrift über allen Beschlüssen, Abkommen, Gesetzen, Abspra­chen stehen. Es fängt beim Konsum jedes einzelnen an und hört bei einem gerechten und nach­hal­tigen Welt­handel nicht auf. Denn wenn auf Borneo die Regen­wälder brennen, damit auf noch mehr Flächen Palmöl für Biosprit in Europa ange­baut werden kann, dann wird auf kurze oder lange Sicht nicht nur die Zukunft des Orang-Utans zerstört. Sondern auch unsere. Und zwar weltweit.

 

Helfen Sie uns, den Lebens­raum und die Arten­viel­falt der Regen­wälder zu schützen. Ihre Spende hilft!