Die Orang-Utan-Waldschule
Wenn ein Orang-Utan schon als Baby zu uns in die Rettungszentren auf Borneo kommt,ist es in den meisten Fällen verwaist und stark traumatisiert. In einem mehrjährigen Rehabilitationsprozess lernen die kleinen Orang-Utans, selbständig im Regenwald zurecht zu kommen.
Warum Orang-Utans erst lernen müssen, wild und frei zu werden
Wenn ein Orang-Utan schon als Baby zu uns in die Rettungszentren auf Borneo kommt,ist es in den meisten Fällen verwaist und stark traumatisiert. Es ist oft die gleiche traurige Geschichte: Durch die zunehmende Zerstörung ihres Lebensraums finden die Orang-Utans keine Nahrung mehr und trauen sich immer weiter in von Menschen besiedelte Gebiete. Dort werden die älteren Tiere verjagt oder getötet. Jungtiere werden in Gefangenschaft genommen, auf dem Schwarzmarkt verkauft oder als Haustier gehalten.
Da die rotbraunen Menschenaffen bis zum ca. achten Lebensjahr unzertrennlich mit ihren Müttern zusammenleben, würde eine Orang-Utan-Mama ihr Kind niemals allein zurücklassen. Es ist ohne sie nicht überlebensfähig, da es erst noch lernen muss, selbstständig im Regenwald zurecht zu kommen.
In unseren Rettungszentren müssen die verwaisten Orang-Utan-Kinder deswegen die Schulbank drücken. Hier in der Waldschule lernen sie in einem ausgeklügelten sieben- bis achtjährigen Rehabilitationsprogramm alles, was sie für ein eigenständiges und freies Leben im Regenwald wissen und können müssen.
Die Babys schlafen gemeinsam im Babyhaus
Bindung ist wichtig für die Entwicklung
Mit etwas Hilfe geht alles besser
Als Bezugsperson dienen den kleinen Waisen menschliche Ersatzmütter, bei BOS Babysitter genannt. Diese sind bei uns immer weiblich. Meist gibt es eine Hauptbezugsperson, die sich die Orang-Utans oft selbst aussuchen. Denn Sympathie und Antipathie gibt es auch hier. Bei den ganz Kleinen teilen sich drei Babysitterinnen die Betreuung rund um die Uhr. Sie geben den kleinen Babys die Liebe und Geborgenheit, den sie nach dem Verlust ihrer Mütter umso dringender brauchen.
Vor der Orang-Utan-Waldschule geht es erst einmal in den Waldkindergarten
Die Jüngsten besuchen zunächst den Orang-Utan-Waldkindergarten. Hier werden die ersten motorische Fähigkeiten für das Klettern auf den Urwaldriesen erlernt. Am Anfang bedeutet das vor allem Schaukeln und ausgiebiges Hangeln, für das bessere Körpergefühl. Wenn das langweilig wird, helfen Purzelbäume. Oder es wird dem Nachbarn an den Haaren gezogen oder eine Runde gekuschelt – entweder auf dem Arm der Babysitter oder Gruppenkuscheln mit den anderen.
Was so niedlich aussieht, gehört zum natürlichen Verhalten der Orang-Utans: Körperkontakt und Umarmungen trösten und beruhigen die Tiere, wenn es zu aufregend wird oder sie Angst haben. In freier Wildbahn klammern sich die Babys im kompletten ersten Lebensjahr am Fell ihrer Mutter fest. Erst nach und nach lösen sie sich, gehen auch mal eigene Wege.
Obwohl Orang-Utans – bis auf die Zeit mit ihrer Mutter – meist Einzelgänger sind, müssen sie doch ebenso soziale Interaktion lernen. Auch das steht schon im Waldkindergarten auf ihrem Stundenplan. Wenn sie grade nicht im Waldkindergarten spielen, sind die kleinen Orang-Utans alle gemeinsam im Babyhaus untergebracht.
Die Gemeinschaft gibt den Kleinsten viel Halt
Schon im Waldkindergarten lernen sie, welche Nahrung gut für sie ist
Voller Lehrplan in der Waldschule
Was ist eine Orang-Utan-Waldschule? Sobald die Kleinen sicher klettern können, mit den anderen interagieren und bereitwillig lernen, sind sie bereit für die Waldschule. Je nach Entwicklungsstand gehören die Orang-Utans verschiedenen Gruppen an. Manche Neuzugänge, die vor ihrer Ankunft schon einige Jahre mit ihren Müttern in der Wildnis gelebt haben, überspringen oft den Waldkindergarten und gehen direkt in die Waldschule. Dann müssen sie meist nur in ihrem natürlichen Verhalten unterstützt und langsam an die Gruppe gewöhnt werden.
Welche Stufen hat eine Orang-Utan-Waldschule?
In der Waldschule werden die Aufgaben je nach „Klassenstufe“ etwas anspruchsvoller: Auf dem Lehrplan stehen Klettern bis in die Baumkronen, Hangeln von Baum zu Baum, Schlafnester bauen, essbare Pflanzen und Früchte finden, giftige Tiere und Pflanzen erkennen und vermeiden sowie Werkzeuge gezielt einsetzen. Zum Beispiel wenn es darum geht, proteinreiche Termiten aus Astlöchern zu puhlen, eine leckere Frucht zu öffnen oder auch mal, um sich selbst mit einem langen Stock ausgiebig den Rücken zu kratzen.
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Mehr InformationenIn unserer „Orangutan Jungle School“ ist immer was los
Jeder Orang-Utan ist anders. Die einen sind kontaktfreudig und tollen gemeinsam herum, die anderen beobachten ihre Artgenossen gern mit etwas Abstand. Viele haben eine traumatische Vergangenheit – sie brauchen besonders viel Aufmerksamkeit und Fürsorge. Die menschlichen Ersatzmütter sind immer in der Nähe und motivieren die jungen Schüler, neue Erfahrungen zu machen. Dazu gehört auch schon mal, dass die Babysitterinnen selbst auf einen Baum klettern und ihren Schützling einladen, nach oben zu folgen. Doch nicht nur von ihren Lehrerinnen, auch von den Artgenossen lernen die jungen Menschenaffen. Abgucken ist hier eindeutig erwünscht – das Lernen auf Augenhöhe ist oft weniger frustrierend, und die Orang-Utans trauen sich dann mehr zu.
Irgendwann ist der Moment erreicht, in dem sich die Tiere von ihren Babysittern nichts mehr sagen lassen. Dann sind die pubertierenden Waldschüler an der Grenze zum Erwachsenwerden und bereit für den nächsten Schritt: Mit ihrem „Abitur“ in der Waldschule sind sie bereit, auf die Vorauswilderungsinsel – oder auch „Walduniversität“ – umzuziehen.
Letzter Stopp vor der Selbständigkeit:
die Vorauswilderungsinsel
Die letzte Station vor der Auswilderung sind die bewaldeten Flussinseln von BOS: die Walduniversität. Zum ersten Mal ganz auf sich selbst gestellt und ohne direkten menschlichen Kontakt, müssen sie auf den Inseln unter Beweis stellen, dass sie für die Auswilderung bereit sind.
An ausgewiesenen Futterplätzen erhalten die Orang-Utans weiterhin Obst und Gemüse, da auf den Inseln selbst nicht immer genügend Nahrung für alle Tiere zu finden wäre. Gleichzeitig erfüllen die Futterplattformen eine wichtige Funktion. Denn hier können wir genau beobachten, welche Tiere oft auf den Lieferservice angewiesen sind und welche nicht. Je seltener die Tiere dort auftauchen, desto besser haben sie gelernt, eigenständig Nahrung zu finden.
Regelmäßges Monitoring auf den Inseln
Warten an der Fütterungsplattform
Vorstufe zum freien Leben
Die Betreuungsteams beobachten die Orang-Utans täglich bei der Futterlieferung und vom Fluss aus, sammeln Daten über die Gewohnheiten und den Zustand der Tiere und beraten sich regelmäßig zum Fortschritt. Auch unsere Tierärzte überwachen regelmäßig den Gesundheitszustand der potenziellen Auswilderungskandidaten. Gemeinsam wird entschieden, wann sie so weit sind, endgültig frei zu leben. Dann kommen die Tiere ein letztes Mal zurück in die Quarantäne-Käfige im Rettungszentrum. So stellen wir sicher, dass sie keine Krankheiten zu ihren Artgenossen in der Wildnis tragen.
Der Weg zurück in die Wildnis ist nun frei. Nach dem Waldkindergarten, der Waldschule und der Walduniversität geht es jetzt endlich zurück in den Regenwald von Borneo – zurück in die Freiheit.
Netzwerke sind wichtig
Damit ein Orang-Utan die Chance auf ein neues Leben bekommen kann, braucht es ein gutes Netzwerk, um an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten. BOS arbeitet bei Rettungen auf Borneo eng mit der indonesischen Naturschutzbehörde BKSDA zusammen. Auch mit unseren Freunden und Partnern von “International Animal Rescue” sind wir im engen Austausch. Frühere Wegbegleiter im Tierschutz sind auch der Forstwissenschaftler und Bambi-Gewinner Dr. Willie Smits und die Primatologin Dr. Signe Preuschoft (jetzt „Vier Pfoten“).
Dauerhaft helfen
Orang-Utan-Retter werden
Retten Sie die letzten Orang-Utans Borneos. Mit Ihrer wertvollen Unterstützung sichern Sie das Überleben dieser einzigartigen Tiere. Erfahren Sie hier, wie Sie als Orang-Utan-Retter:in helfen können.
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