Bericht von Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland e.V.
Drei Wochen ist es jetzt her, seit ich vom Treffen mit unseren internationalen Partnern aus Indonesien zurückgekommen bin. Auch im digitalen Zeitalter müssen wir uns hin und wieder persönlich treffen und vor allem auch mit eigenen Augen sehen, was vor Ort Sache ist.
Die BOS Foundation setzte uns über die Entwicklung ihrer zahlreichen Projekte auf den neuesten Stand. Ihr ehrgeizigstes Ziel: Langfristig alle gesunden Insassen erfolgreich auszuwildern und ihnen ein sicheres Leben in der Wildnis zu ermöglichen. Zugegeben, das ist ein derart ambitioniertes Ziel, dass seine Erreichung angesichts der Umstände doch noch auf sich warten lassen wird… Aber als inspirierende Vision und Motivation ist es fast unverzichtbar, denn die immensen Herausforderungen lassen einen manchmal das Licht am Ende des Tunnels schier nicht mehr sehen.
25 Jahre BOS Foundation
Umso erfreulicher waren die Infos, die wir in Indonesien bekommen haben. Die Borneo Orangutan Survival Foundation – die weltweit größte und offiziell erfolgreichste Primatenschutz-Organisation – hat 2016 ihr 25. Jubiläum gefeiert. In dieser Zeit konnten insgesamt über 2300 Orang-Utans gerettet werden! Zusätzlich werden mittlerweile fast 900.000 Hektar Regenwald geschützt. Und täglich wird es ein Stück mehr. Dank Ihnen und Ihren treuen Spenden. An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Sie!
Ein besonderes Jahr für die Orang-Utans
Seit dieser Woche genießt der 251. seit 2012 ausgewilderte Orang-Utan die Freiheit im Wald von Kehje Sewen. Eine große Freude für alle Beteiligten! Sieben Auswilderungen hat unser Team vor Ort dieses Jahr ermöglicht. Eine nach Bukit Batikap, drei in den Wald von Kehje Sewen und drei in unser neues Auswilderungsgebiet, den Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya. Auch unser Monitoring-Team hat dieses Jahr wunderschöne Erfolge zu verzeichnen. Drei neugeborene Orang-Utan-Babys von ausgewilderten Tieren wurden in diesem Jahr gesichtet.
Zunehmende Brisanz
Allerdings müssen wir auch immer wieder feststellen, dass manche Menschen in Indonesien junge Orang-Utans als vermeintlich süße Haustiere bei sich zu Hause halten. 59 Tiere haben unsere Teams allein in diesem Jahr gerettet. Viele davon waren illegal als Haustier gehalten worden. Im August erreichte uns eine weitere alarmierende Nachricht, die wir lange befürchtet hatten, die jetzt aber offiziell ist: Die International Union for Conservation of Nature (IUCN) hat auch den Borneo-Orang-Utan Pongo pygmaeus auf der Bedrohungsskala auf „akut vom Aussterben“ bedroht hochgestuft.
Umso mehr müssen wir jetzt loslegen, um diese Entwicklung aufzuhalten und zu einem Besseren zu wenden. Wir müssen gewährleisten, dass möglichst alle BOS-Orang-Utans ausgewildert werden, sodass sie stabile und wachsende Populationen bilden können.
Ein neues Zuhause für unsere Orang-Utan-Babys
Dank der großartigen Hilfe unserer Spenderinnen und Spender konnten wir die notwendigen Mittel für zwei neuen Babyhäuser in Nyaru Menteng und Samboja Lestari sammeln. Die Häuser werden gerade gebaut und wir und unsere Schützlinge warten ungeduldig auf deren Fertigstellung.
Salat Island – Unsere neue Vor-Auswilderungsinsel
Die ersten Siedler sind auf unsere neue Vor-Auswilderungsinsel Salat Island gezogen. 300 weitere Tiere sollen ihnen im kommenden Jahr folgen. Auch ist auf der Insel ein dauerhaftes Refugium für Orang-Utans vorgesehen, die aus Krankheits- oder Altersgründen nicht mehr ausgewildert werden können.
Mawas – Ein Wald entsteht
In unserem diesjährigen Aufforstungsprogramm im Mawas-Gebiet konnten wir fünf Baumschulen einrichten und auf einem zuvor zerstörten Regenwaldareal über 10.000 junge Bäume pflanzen. Ein neuer Lebensraum für Orang-Utans.
Mawas besteht zu etwa 80 Prozent aus tropischen Torfmoorwäldern. Gerade diese Wälder sind ökologisch hoch bedeutsam und durch ihr Kohlenstoff-Speichervermögen unglaublich wertvoll für das Weltklima. Indem wir alte Entwässerungskanäle geschlossen haben, konnten wir in großen Bereichen den Wasserhaushalt der Torfwälder wieder herstellen. Bis jetzt konnten 27 Kanäle verschlossen und auf diese Weise 2300 Hektar Torfboden wieder vernässt werden. Nicht zuletzt ist das eine der wichtigsten Grundlagen der Brandprävention!
Agrosprit hat keine Zukunft
Die Idee, aus ohnehin anfallenden organischen Abfällen Biogas und Kraftstoff herzustellen, ist gut. Die Ideologie der „nachwachsenden Rohstoffe“ in Bezug auf Energiegewinnung verkehrt diesen positiven Ansatz jedoch ins Schlechte: Riesige Anbauflächen für Energiepflanzen lassen unterm Strich die CO2-Bilanz gegenüber fossilen Brennstoffen eher schlechter als besser ausfallen. Auch Palmöl wird zunehmend für die energetische Nutzung produziert. Der positiv besetzte Begriff „Biosprit“ ist irreführend, man spricht besser von Agrokraftstoffen. Dieses vergleichsweise neue Agrobusiness geht allzu oft mit katastrophalen sozialen und ökologischen Folgen einher und steht zudem in Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung. Gegen diesen Trend will BOS Deutschland gemeinsam mit anderen namhaften NGOs wie u.a. Greenpeace, Watch Indonesia! und Robin Wood aufklärerisch und politisch wirken.
Unsere Pläne für 2017 sind so ehrgeizig wie noch nie in der Geschichte von BOS. Erhofftes Ziel ist, 300 Orang-Utans in geschützte Waldgebiete zu entlassen. Dazu benötigen wir aber weiterhin Ihre Unterstützung.
Zusätzlich werden wir noch dringlicher in Politik und Medien auf die Situation der Orang-Utans in Indonesien hinweisen. Gemeinsam haben wir eine Chance!