Nobri ist normalerweise ein echter Dschungelprofi. Auf der Suche nach Futter navigiert mit Leichtigkeit durch den Urwald. Am liebsten ist sie für sich allein, die Gegenwart anderer Orang-Utans schätzt sie nur selten. Vor allem mag es die Orang-Utan-Dame gar nicht, von Menschen beobachtet oder gar verfolgt zu werden. Denn Nobri musste noch nie hinter Gittern leben.
Als sie 2005 geboren wurde, lebte ihre Mutter Shelli auf einer der Vorauswilderungsinseln der BOS-Foundation in Zentral-Kalimantan. Im April 2016 wurde sie in die Freiheit entlassen. Somit ist die 15-jährige Nobri ein tatsächlich wilder Orang-Utan.
An dem Tag, an dem unser Monitoring-Team aus dem Totat Jalu Camp im Bukit Batikap Schutzwald Nobri beobachtete, lag das Hauptaugenmerk darauf, wie es um ihre Gesundheit stand. Denn unser Beobachtungsteam hatte entdeckt, dass die Drüsen in Nobris Achselhöhlen und ihr Kehlsack geschwollen waren.
Der Kehlsack eines Orang-Utans ist der Beutel, der direkt unter dem Kinn sitzt. Er ist wichtig, um die lauten Töne zu erzeugen, die im Wald zu hören sind. Das Anschwellen des Kehlsacks ist in der Regel eine Folge von übermäßiger Flüssigkeitsansammlung infolge einer Infektion. Also definitiv ein Grund zur Besorgnis! Obwohl Nobri nicht den Eindruck machte, unter einer Infektion zu leiden, mussten wir sie einer umfassenden gesundheitlichen Untersuchung unterziehen, um sicherzustellen, dass sie auch noch die nächsten Jahre durch den Batikap-Wald streifen kann.
Das Team kontaktierte schnell per Funk unser Rettungszentrum Nyaru Menteng, um schnell einen Tierarzt für Nobri anzufordern. Der Tierarzt Greggy Harry Poetra und einer unserer besten Schützen für Beruhigungspfeile, wurden schnell auf den Weg nach Batikap geschickt. Keine Spazierfahrt, denn Batikap liegt drei bis vier Tagesreisen von Nyaru Menteng entfernt und der Weg führt über gefährliche Straßen.
Als unsere Mitarbeiter endlich vor Ort ankamen, wurde die kränkelnde Affendame schnell sediert und in einem Transportkäfig zur weiteren Behandlung in die Nähe des Totat Jalu Camp gebracht. Alle Symptome deuteten darauf hin, dass Nobri an Luftsakulitis litt — einer bakteriellen Infektion der oberen und unteren Atemwege, einschließlich des Kehlsacks. Eine potenziell tödliche Krankheit!
Am selben Nachmittag erwachte Nobri in einem Käfig für kranke Orang-Utans. Trotz ihres Zustands machte sie deutlich, dass sie nicht glücklich war, dort zu sein. Sie brachte den ganzen Käfig ins Wanken, während sie herumschwang und machte Kussgeräusche, um ihren Unmut zu verkünden. Ihre Wildheit ist in der Tat stark ausgeprägt und würde nicht einmal durch etwas gebrochen werden, das so unangenehm war wie eine tödliche Krankheit.
Auch am darauffolgenden Tag musste Nobri sediert werden. Nur so konnte unser Tierarzt weitere Behandlungen und Untersuchungen durchführen. Trotz des Fehlens von High-Tech-Geräten mitten im tiefen Regenwald war die Erstbehandlung ein Erfolg. Zuerst war Nobri noch etwas benommen, als die Betäubung nachließ. Aber schon nach etwa einer Stunde kletterte sie bereits herum und warnte uns immer wieder durch laute Kussgeräusche. Sie benahm sich wieder wie der wildeste Orang-Utan, den wir je getroffen hatten!
Leider ist der Weg zu Nobris vollständiger Genesung lang. Sie benötigt immer noch tägliche medizinische Behandlungen. Und diese werden auch weiterhin mit lautem Protest begleitet. So kennen wir sie – unsere wilde starke Nobri.
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