Unsere Kollegin Andrea Knox ist Amerikanerin, lebt aber seit einigen Jahren in Indonesien. Sie wunderte sich nicht schlecht, als sie im Rettungszentrum Nyaru Menteng laute Rufe nach Obama, ihrem ehmaligen US-Präsidenten, vernahm. Hier berichtet sie, nach welchem Obama da tatsächlich verlangt wurde. Und wieso der so einen großen Namen trägt.
„Obama!“ Überrascht drehte ich mich um, als ich den strengen Ruf einer Babysitterin hörte. Ich sah einen kleinen Orang-Utan, der von den anderen Waldschülern auf dem Spielplatz davonflitzte – und eine Babysitterin, die ihm schnell hinterhereilte. Der Aufruhr war schnell beendet, als die Babysitterin den Orang-Utan einholte, ihn an der Hand nahm und zurück zur Gruppe führte. Als sie an mir vorbeiging, lächelte sie und erklärte auf Indonesisch: „Obama kann so ungezogen sein.“ Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Der Weg ins Büro in Nyaru Menteng kann aufregend sein. Mal wird man Zeuge, wie Makaken Kleidung von der Wäscheleine stehlen, wie Tierärzt:innen sedierte Orang-Utans zur Untersuchung in die Klinik schleppen oder wie Waldschüler versuchen, sich von der Gruppe wegzuschleichen, um ein neues Gebiet zu erkunden. Als Amerikanerin hätte ich jedoch nie erwartet, dass ich in Borneo auf dem Weg ins Büro auf Obama treffen würde! Ich musste mehr über diesen scheinbar „ungezogenen“ Obama erfahren.
Inzwischen ist Obama ein neunjähriger Orang-Utan-Junge, der in Nyaru Menteng lebt. Es ist kein Zufall, dass er den selben Namen trägt, wie der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Als er etwa fünf Monate alt war, wurde er in der Region Gunung Mas in Zentral-Kalimantan gerettet. Das Datum seiner Rettung war der 6. November 2012 – der Tag, an dem die US-Wahl stattfand, die zur zweiten Amtszeit des damaligen Präsidenten Barack Obama führte.
Obwohl Barack Obama nicht der erste US-Präsident war, der Indonesien besuchte (das war Richard Nixon im Jahr 1969), ist er hier dennoch ziemlich berühmt, denn er ist der einzige US-Präsident, der jemals in Indonesien gelebt hat!
Als er sechs Jahre alt war, zog Obama (der Mensch) nach Jakarta, Indonesien, wo er vier Jahre lang mit seiner Mutter lebte. Als er Jahrzehnte später, nachdem er Präsident der USA geworden war, erneut Indonesien besuchte, erinnerte er sich immer noch gerne an seine Liebe zu „Bakso“ (indonesische Fleischklößchensuppe) und „Sate“ (indonesische Grillspieße) von Straßenhändlern. Seine Kindheit in Jakarta und sein Respekt für die indonesische Kultur bescherten Barack Obama eine große Popularität in Indonesien.
Als am Tag von Obamas Wiederwahl ein kleiner Orang-Utan gerettet wurde, taufte ihn das BOS Foundation-Team kurzerhand auf den Namen Orang-Utan Obama.
Anfang 2013 wurde Orang-Utan Obama in den Waldkindergarten aufgenommen, besuchte danach die Waldschule, die er 2019 abschloss. Im Laufe der Jahre zeigte sich, dass Orang-Utan Obama lange nicht so gut erzogen war wie der menschliche Obama, da er gelegentlich Babysitterinnen und Mitschüler biss. Aber er bewies uns, dass er bereit für den Wald war. Er konnte auf Bäume klettern, Nester bauen und problemlos nach Nahrung suchen. Und jetzt mal ehrlich: Kann der menschliche Obama etwa mit seinen Zähnen Rattan schälen?
Jetzt steht der Orang-Utan Obama vor der letzten großen Prüfung seiner Rehabilitation: Der Walduniversität. Auf einer Vorauswilderungsinsel im Salat Island Cluster muss er beweisen, dass er das Zeug dazu hat, unabhängig als wilder Orang-Utan zu leben!
Wir hoffen, dass unser Obama diesen Test mit Bravour besteht und in ein paar Jahren frei in einem sicheren Regenwald leben kann, um zu einer neuen wilden Orang-Utan-Population beizutragen. Und so den Menschen Obama stolz auf seinen Orang-Utan-Namensvetter machen wird!
Text von: Andrea Knox, Internationale Kommunikation und Beraterin für Forschung, Bogor
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