18. November 2015
Was bedeutet es eigentlich, Orang-Utans aus verbranntem Land oder aus Palmölplantagen in sichere Gebiete umzusiedeln? Oder kleine Orang-Utan-Waisen über Jahre aufzuziehen und auf ein Leben in der Wildnis vorzubereiten? Und was passiert bei einer Auswilderung?
Darüber erzählte sehr lebendig Dr. Jamartin Sihite, Leiter der indonesischen BOS Foundation, am 16. November im traditionsreichen Haus für Demokratie und Menschrechte in Berlin-Prenzlauerberg. Pak Jamartin machte wieder einmal deutlich, wieviel Liebe und Geduld notwendig – im wahren Wortsinn Not-wendig – ist, um kranken, traumatisierten jungen Menschenaffen zu ermöglichen, wieder zu gesunden, lebensfähigen Orang-Utans zu werden.
Jamartin zeigte uns auch, welche geradezu filmreifen Abenteuer oft hinter den Auswilderungen stecken. Für die Fahrt in die entlegenen Auswilderungsgebiete benötigt ein Team durchaus schon mal mehrere Tage, auch wenn die Entfernungen in Luftlinie gemessen gar nicht mal so groß sind. Brücken über die zahlreichen Gewässer gibt es kaum, die Fahrzeuge müssen gelände- und wassergängig sein. Hang-Abrutschungen auf den wenigen Waldwegen werden durch Behelfsbrücken aus Baumstämmen überbrückt – den Fahrern verlangt das höchste Konzentration ab. Kleine Flüsse können in der Regenzeit binnen kürzester Zeit zu reißenden Strömen anschwellen und die Überquerung – dann erstmal ohne Auto — ganz buchstäblich zu Drahtseilakten machen. Und um die Reise in die Freiheit für die Orang-Utans nicht unnötig zu verlängern, wird nach Möglichkeit auch nachts gefahren.
Unglücke hat es bisher noch keine gegeben – Pak Jamartin meinte, das läge an den Gebeten der Orang-Utans von BOS, so schnell wie möglich in den Dschungel zu kommen… Kaum weniger strapaziös gestalten sich die Nachbeobachtungen. Bis zu zwei Jahre lang werden ausgewilderte Orang-Utans in ihrer neuen Heimat unter anderem mittels implantierter Sender beobachtet, um den Erfolg des Auswilderungsprozesses zu dokumentieren. Auch hier leben die Monitoringteams unter echten Dschungelcamp-Bedingungen. Nur ohne TV-Publikum und Starallüren. Die Leute der Auswilderungs- und Monitoringteams seien die wahren Orang-Utan-Helden, so Pak Jamartin.
Dr. Jamartins Vortrag stand natürlich auch ganz unter dem Zeichen der Waldbrände mit ihren verheerenden Auswirkungen. Durch großes Glück sind die Auswilderungsgebiete der BOS Foundation bisher von den Feuern weitgehend verschont geblieben. Allerdings gab es größere Brände in den Gebieten der BOS-Stationen Samboja Lestari und Nyaru Menteng. Menschen oder Orang-Utans kamen nicht dauerhaft zu Schaden, aber der beißende Smog war eine enorme Belastung für Mensch und Tier.
An diesem Abend konnte BOS Deutschland dem Vertreter unserer indonesischen Partner einen Scheck über 30.000 Euro überreichen. Mitglieder und andere Unterstützer*innen von BOS Deutschland haben diese Sonderhilfe für die Brandbekämpfung möglich gemacht. Ihnen sei im Namen der Orang-Utans noch einmal ganz herzlich gedankt!