8. Dezember 2022
Orang-Utans hängen an einem Baum

Ein gesundes Lunch-Date im Dschungel

Nur Versuch macht klug, dachte sich unser Moni­to­ring-Team, als es kürz­lich die beiden Orang-Utans China und Ibut beim gemein­samen Essen entdeckte – und, neugierig geworden, selbst ein paar Regen­wald-Feigen probierte.

Wer unsere Arbeit schon länger verfolgt, kennt bereits unsere Moni­to­ring-Teams und ihre Aufgaben: Als Wald­läufer durch­streifen sie den Bukit Baka Bukit Raya Natio­nal­park, um „unsere“ ausge­wil­derten Orang-Utans weiterhin zu beob­achten. Wie geht es ihnen? Wie entwi­ckeln sie sich in Frei­heit? Was können wir daraus für unsere künf­tige Arbeit im Rettungs­zen­trum lernen?

Obwohl Orang-Utans mit ihrem charak­te­ris­ti­schen oran­ge­roten Haar­kleid recht auffällig sind, ist es nicht ganz einfach, sie im weit­läu­figen Regen­wald aufzu­spüren. Zumal sich die Tiere sehr viel schneller durch die Baum­kronen bewegen als wir zu Fuß durch das dichte Unter­holz des tropi­schen Waldes. Die beste Gele­gen­heit bietet sich, wenn die Tiere längere Zeit an einem Ort bleiben – entweder am frühen Morgen, wenn sie aus ihren Schlaf­nes­tern klet­tern, oder wenn sie einen beson­deren Lecker­bissen entdeckt haben und sich satt futtern.

Ibut im Regenwald

An diesem Tag, von dem wir euch erzählen möchten, hat unser Team Camp Lewun Kahio (was in der lokalen Sprache „Orang-Utan-Heim” bedeutet) früh am Morgen verlassen und war bereits einige Stunden durch den Wald gewan­dert. Bislang ohne oran­ge­rotes Haar zu sichten.

Plötz­lich entdeckten sie am Ufer des Sebindang Flusses zwei Orang-Utans, die gerade genüss­lich einen Baum voller Früchte abern­teten und sich rote, offenbar saftige Kugeln in die Mäuler steckten.

Am Fluss­ufer entdeckt das Team zwei ausge­wil­derten Orang-Utans

Der Sebindang ist ein Neben­fluss des Bemban-Flusses, welcher eine wich­tige Lebens­ader in dieser Region darstellt und von unseren Teams auch mit kleinen moto­ri­sierten Booten als Wasser­straße genutzt wird, um sich schneller im Wald fort­zu­be­wegen. Seine Fluss­ufer sind typi­sche Stand­orte für einen Baum namens Ficus race­mosa. Die soge­nannte Fluss­feige, auch Rote Trau­ben­feige genannt, trägt büschel­weise Blüten, die erst gras­grün, später knallrot sind und über­großen Wein­trauben an Rebstö­cken ähneln.

Diese Früchte schienen den Orang-Utans bestens zu schme­cken und so blieb unserem Team genü­gend Zeit, die beiden als Ibut und China zu iden­ti­fi­zieren und eine ganze Weile zu beobachten.

Ibut ist ein Männ­chen, das wir im Oktober 2016 ausge­wil­dert hatten, und China ein Weib­chen, das seit Juli 2018 im Bukit Baka Bukit Raya Natio­nal­park in die Frei­heit entlassen wurde. Beide schienen in guter körper­li­cher Verfas­sung zu sein – und sie hatten eindeutig einen gesunden Appetit!

Ibut und China blieben bis zur Dämme­rung und bauten sich dann an Ort und Stelle ihre nächt­li­chen Nester, um sich schlafen zu legen. Offen­sicht­lich wollten sie die entdeckte Futter­quelle nicht so schnell aufgeben. Ficus ist für Orang-Utans eine Alles­könner-Pflanze, denn neben den Früchten sind auch Blätter und Rinden zum Verzehr geeignet.

Ficus-Feigen: nur für Orang-Utans lecker, und außerdem gesund

Ficus Racemosa
Ficus Race­mosa Früchte

Inspi­riert von den beiden Orang-Utans und nach einem langen Tag im Wald selbst hungrig, beschloss unser Wald­läufer-Team, ein kleines Expe­ri­ment zu wagen: Sie pflückten selbst ein paar Ficus-Früchte und probierten sie. Ihr Kommentar: „Schmeckt eher lang­weilig.“ In manchen anderen Ländern der Welt werden Ficus-Feigen als natür­liche Medizin genutzt, denn man sagt ihnen nach, dass sie gegen Durch­fall und bei der Wund­hei­lung helfen. Aller­dings werden die Früchte übli­cher­weise vor dem Verzehr mit Gewürzen einge­legt. Für Orang-Utans hingegen scheint die Ficus-Feige frisch vom Baum ein echter Lecker­bissen zu sein. 

An diesem Tag hat unser Team die beiden Orang-Utans das vorerst letzte Mal zusammen beob­achtet. China ist bislang noch gar nicht wieder auf unseren Patrouillen gesichtet worden. Aber Ibut entdeckte unser Team einige Monate später erneut, diesmal in Gesell­schaft von Orang-Utan-Dame Paduran, welche im Jahr 2020 ausge­wil­dert wurde.

Nun drücken wir fest die Daumen, dass Ibut China oder Paduran zur Mama gemacht hat – oder sogar beide. Unsere Moni­to­ring-Teams halten die Augen offen und haben Ficus-Bäume als Lieb­lings­orte der Orang-Utans in ihre festen Patrouil­len­runden aufgenommen.

Retten Sie mit uns die letzten Orang-Utans Borneos. Mit Ihrer wert­vollen Unter­stüt­zung sichern Sie das Über­leben dieser einzig­ar­tigen Tiere.