Ulrike Freifrau von Mengden, genannt Ibu Ulla, „Mutter der Orang-Utans“ im Zoo von Jakarta, starb am 23. Januar 2020, drei Monate vor ihrem 100. Geburtstag.
1920 geboren als Tochter eines preußischen Offiziers, machte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-Technischen Assistentin an der Universität Bonn, wo sie ihren zukünftigen Mann kennenlernte. Sie erlebte die Kriegsjahre als Krankenschwester in Lazaretten an der Front. Mit ihrem Mann, der sehr früh starb, kam sie 1952 nach Indonesien, wo ihre große Liebe zu Tieren sie in den Cikini-Zoo führte. Dort begann sie, verwaiste Orang-Utans aufzunehmen. Der mitten in der Innenstadt von Jakarta gelegene Zoo wurde später umgesiedelt in den jetzigen Ragunan-Zoo.
Aufgrund ihrer tatkräftigen Mitarbeit ließ der damalige Zoodirektor und Freund Galstaun sie im Zoo in einem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich ein Haus bauen, umgeben von den Käfigen der geretteten Orang-Utans verschiedener Altersstufen. Seitdem arbeitete sie offiziell und ohne Gehalt als Kurator. Sie bestand anfangs auch darauf, auf eigene Kosten für den Unterhalt und die Pflege der Orang-Utans in ihrer Obhut zu sorgen.
Während ihrer 55 Jahre im Zoo wurde Ulla für Verdienste im Tierschutz das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen. Zweimal erhielt sie einen Umweltpreis der Frankfurter Schubert-Stiftung. Aber sie betonte immer, dass allein der Dank ihrer Tiere sie glücklich mache.
Ein Leben im Zoo von Jakarta
Ihr Haus mitten im Zoo hatte eine ganz besondere Atmosphäre und wurde deshalb für Tierfreunde aus vielen Ländern zu einem gern besuchten Treffpunkt bei Reisen nach Indonesien. Auf ihrer Terrasse wurden Gäste von ihren 2 Hunden begrüßt. Die riesigen Bäume rundherum und die ohrenbetäubende Konversation von Siamangs in benachbarten Käfigen erzeugten eine Stimmung wie im Dschungel. Es gab Zeiten, in denen ihre Gäste auf dem Spielplatz mit jungen Orang-Utans Kontakt haben konnten. Jedoch als die Tiere älter wurden, durften sie die Käfige nicht mehr verlassen.
Diese bewundernswerte zierliche Frau, sie nannte sich selbst eine unbeugsame zähe Preußin, konnte ziemlich ungehalten werden, wenn etwas mit der Versorgung der Tiere nicht in Ordnung war. Sie kümmerte sich auch um die Orang-Utans, die in verschiedenen Gehegen im Zoo untergebracht waren. Selbst mit inzwischen 90 Jahren fuhr sie mit ihrem Auto zweimal täglich zum Füttern der Menschenaffen durch den Zoo. Manchmal auch mit einem kleinen LKW, um abgeschnittene Blätter und Zweige zu transportieren, die zur Bereicherung für die Tiere dienen sollten.
International weit vernetzt
Ulla freute sich immer riesig, wenn sie Gäste hatte und sich unterhalten konnte, am liebsten in ihrer Heimatsprache. Aber sie sprach auch holländisch, englisch, indonesisch – manchmal auch alles durcheinander. Mit Begeisterung zeigte sie ihren Besuchern die Vielfalt der Tiere im riesigen Zoo. Ihre treuen Freunde, wie z.B. Willie Smits, besuchten sie regelmäßig und unterstützten, wenn nötig.
Bis ins hohe Alter war Ulla sehr interessiert am Tagesgeschehen aus aller Welt. Sie konnte stundenlang aus ihrem Leben erzählen, bis tief in die Nacht. Doch jeden Morgen um 6 Uhr war die Nacht vorbei, und sie ließ sich auch von zunehmenden Altersbeschwerden oder diversen Knochenbrüchen nicht abhalten, ihren Dienst schnellstmöglich wieder zu versehen. Mit dem Rollstuhl zum Auto, von Fahrer und Angestellten hineinheben lassen und los fahren. Ulla war eine sehr willensstarke Frau, getrieben von Verantwortungsgefühl und der Überzeugung, sie müsse arbeiten, so lange sie lebt. Zuletzt aber schwanden die Kräfte. Ulla konnte ihren Orang-Utans nicht mehr helfen, sondern musste selbst liebevoll umsorgt werden.
Ein Leben für die Orang-Utans, ein Kampf, furchtlos gegen die Gleichgültigkeit und Ignoranz der Menschen gegenüber ihren Mitgeschöpfen. Das war nicht leicht, erst recht nicht für sie als Christin und weiße Frau in einem muslimischen Land. Ihr Engagement hat sicher viele Tierfreunde inspiriert und ermutigt, für die Erhaltung der Orang-Utans und ihrer Lebensräume zu kämpfen.
Ihre Freunde und Weggefährten werden Ulrike von Mengden, genannt Ulla, für immer in Erinnerung behalten.
Foto: BOS Deutschland e.V.