Samboja Lestari, in der indonesischen Provinz Ostkalimantan, ist ein zwischen 2001 und 2011 wiederaufgeforstetes Waldareal von ca. 1.800 Hektar, eine gute Autostunde von der Küstenstadt Balikpapan entfernt. Abgesehen davon, dass es den Wasserhaushalt der von Kohlegruben geprägten Region positiv beeinflusst, dienen Teile des Geländes als Reha-Station für junge Orang-Utans sowie als „Schulwald“ zur Vorbereitung auf die Auswilderung. Daneben finden dort etwa 50 Malaienbären aus illegaler Privathaltung Zuflucht, die allerdings nicht mehr ausgewildert werden können. Geleitet wird das Projekt von der Borneo Orangutan Survival Foundation — BOS.
Als Volontär mit den Orang-Utans arbeiten: Motivation und erste Schritte
Ich habe mich dafür entschieden, als Volontär eine Zeitlang mit den Orang-Utans zu arbeiten, weil ich in mir den Drang verspüre, etwas für diese Spezies zu tun. Für mich setzt das voraus, die Problematik aus nächster Nähe zu erfahren. Ich sehe den Schutz aller (Regen)-Wälder als essenziell an im Kampf für eine bessere Zukunft. Das Projekt hat mich auch deswegen interessiert, weil hier ein vernichteter Wald, von dem nur Grassteppe und Ödland übrig blieben, wiederaufgeforstet wurde. Samboja Lestari symbolisiert für mich die Hoffnung, weitere Wälder in anderen Gebieten der Erde wiederzubeleben.
Meinen Aufenthalt in Samboja Lestari buchte ich über das britischen Unternehmen „The Great Projects“. Diese bieten Work&Travel-Programme mit Tieren auf der ganzen Welt an, so auch mit den Orang-Utans von Samboja Lestari.
Ich habe es nicht bereut, meine Reise mit diesem Unternehmen zu organisieren. Die Kosten sind zwar ganz ordentlich, jedoch kommen 30% des Geldes dem BOS-Projekt und den Orang-Utans zu Gute. Vor Reiseantritt bekam ich umfassende Infos zur Einreise nach Indonesien im Allgemeinen und nach Samboja Lestari im Speziellen. Um mit den Orang-Utans zu arbeiten, benötigt man im Vorfeld eine ärztliche Bescheinigung, um Infektionen im Bereich Tuberkulose, HIV und Hepatitis auszuschließen. Gummistiefel und Arbeitshandschuhe gehören zur alltäglichen Arbeitsausrüstung und sollten in keinem Gepäck fehlen.
Die Anreise erfolgte von München via Abu Dhabi und Jakarta nach Balikpapan. Dort angekommen, fuhr ich mit dem Taxi vom Flughafen zu meiner Unterkunft, die ich im Vorfeld gebucht hatte. Am nächsten Morgen schließlich brachte mich ein Fahrer von BOS nach Samboja Lestari; die Fahrt ging durch eine sehr schöne Landschaft. Der junge Wald hat eine beachtliche Größe und reicht durchaus „soweit das Auge reicht“. Siedlungen und Ackerland begrenzen den Wald natürlich, ein Krankenhaus z.B. ist deswegen auch erst in einer Autostunde zu erreichen.
Biegt man von der Hauptstraße ab und nähert sich dem Wald, tauscht man bequemen Asphalt gegen lehmigen Boden, der sich während der häufigen Regenfälle in eine Schlammpiste verwandelt. Das Mitfahren auf der Ladefläche eines Pick-Ups wird dadurch zu einem echten Erlebnis. Die Bäume, die hier seit zehn Jahren wachsen, haben schon eine stattliche Größe erreicht und sind der Beweis dafür, dass es möglich ist, zerstörtes Land wieder in fruchtbares zu verwandeln. Natürlich beheimatet dieser Wald nicht die Artenvielfalt eines alten Primär-Regenwaldes, aber das kommt spinnen- und schlangenscheuen Besuchern dann doch wieder entgegen… Auch ist das Areal trotz der gezielten Anpflanzung von Fruchtbäumen zu klein und in seiner weiteren Umgebung zu isoliert, um wildlebenden Orang-Utans Lebensraum zu bieten.
Nach holprige Fahrt gelangt man zur Lodge. Diese liegt versteckt und nur durch eine hohe Aussichtswarte erkennbar zwischen den Bäumen, nahe den künstlichen Inseln, auf denen Orang-Utans leben oder auf ihre endgültige Freiheit vorbereitet werden. Die Lodge selbst ist sehr angenehm.
Die Aufenthaltsbereiche sind offen gestaltet und harmonieren mit der Nähe des Waldes. Die Zimmer sind in einem Top-Zustand und das fehlende Warmwasser sowie das holprige Internet machen die Sache erst authentisch. Essen gibt es dreimal am Tag von einem Buffet, an das ich mich auch heute noch gerne erinnere. Die Gruppe der Volontäre bestand aus einer bunten Mischung aus den verschiedensten Menschen. Es wurde ausnahmslos Englisch gesprochen und ich hatte den Eindruck, dass es ohne Englischkenntnisse schwer sein würde, in der Gruppe mitzuarbeiten.
An die Arbeit
Wir begannen unseren zweiwöchigen Einsatz sehr gemütlich. Die Leute, die für die Betreuung der Volontäre zuständig waren, haben tolle Arbeit geleistet! In den ersten Tagen wurden wir durch den Wald, das Gelände und die einzelnen Stationen (Babyhaus, Quarantäneanlagen, Bärengehege u.v.m.) geführt.
Auch besuchten wir gemeinsam einen „Nightmarket“ in der nächstgelegenen Zivilisation. Dann ging es an die Arbeit! Jeden Abend wurden wir von den Volontär-Koordinatoren in Kleingruppen eingeteilt, die ihren Arbeitseinsatz den darauffolgenden Tag zwischen sieben und acht Uhr morgens beginnen würden. Gearbeitet wurde bis zum Mittag und danach eine zweistündige Pause eingelegt. Danach standen nochmals zwei Stunden Arbeit an, und ab vier Uhr hatten wir frei. Die Inseln und den Wald darf man selbstverständlich nicht alleine aufsuchen. Unsere Teams waren so aufgeteilt, dass wir vielfältige Aufgabenbereiche kennenlernen konnten und auch alle in den einzelnen Tätigkeitsbereichen beschäftigt wurden.
Unsere Arbeit gestaltete sich sehr abwechslungsreich: Zum einen bastelten wir sogenannte „Enrichments“. Das sind aufwendig verpackte Nahrungsmittel, die jenen Orang-Utans als geistige Stimulantien zubereitet werden, die unter Quarantäne stehen oder aufgrund von Behinderungen, Alter oder chronischen Krankheiten nicht mehr ausgewildert werden können. Zum anderen mussten täglich Kot und Essensreste unter den Gehegen entfernt werden. Auch für die Malaienbären bereiteten wir „Enrichments“ vor und verfütterten diese dann an die Tiere.
Weiter bauten wir eine Aussichtsplattform aus Zement auf einer der Inseln. Mehrmals ging auch mit Macheten in den Wald um „Ginger“ zu ernten, eine begehrte Futterpflanze der Orang-Utans. Zu unseren Aufgaben gehörte es auch, den Spielplatz für das neu errichtete Babyhaus aufzubauen. Meine persönliche Lieblingsaufgabe war aber definitiv das Pflanzen von jungen Fruchtbäumen im Wald.
Auch für Volontäre gilt: Bitte nicht anfassen!
Direkten Körperkontakt gibt es sinnvollerweise weder mit den Orang-Utans noch mit den Bären – denn ein „wildes“ Tier ist kein Kuscheltier, das sollte jedem Interessierten einleuchten. Hinzu kommt die Gefahr einer Ansteckung.
Dennoch ist die Projektarbeit eine großartige Möglichkeit, die Orang-Utans aus der Nähe zu beobachten. Trotzdem es keine direkte physische Berührung gibt, kommt man auch als Volontär diesen Wesen recht nahe und so etwas wie visuelle Kommunikation findet eigentlich immer statt. Schade nur, dass dies durch Gitterstäbe geschieht — Käfighaltung ist in meinen Augen keines einzigen Lebewesens würdig! Man muss allerdings sagen, dass dies bei BOS auch so gesehen wird. Die Käfighaltung für etliche der Tiere ist dem Mangel an Inseln geschuldet und der Tatsache, dass die Auswilderungen ihre Zeit brauchen.
Was bleibt?
Ich habe den Aufenthalt in Samboja Lestari als sehr bereichernd empfunden. Menschen, die Tiere und Pflanzen schätzen und mit den Herausforderungen der Tropen klar kommen, sind, sind hier sicher gut aufgehoben. Auch besteht das Projekt nicht nur aus Arbeit. Am Wochenende fährt man mit der Gruppe nach Balikpapan, um den Vorteilen der Zivilisation zu frönen oder besucht auch mal einen „richtigen“ Regenwald. Ein anderes Mal machten wir eine Bootsfahrt auf einem Fluss. Mit etwas Glück kann man hier unter anderem Nasenaffen beobachten. Dieses Projekt ist auch eine gute Erfahrung für Menschen, die keine große Fernreise-Erfahrung besitzen. Man taucht in eine fremde Welt ein, mit dem Vorteil, einheimische BOS-Mitarbeiter an seiner Seite zu haben.
Ich bin mit vielen Ideen und großen Bildern im Kopf und auf der Festplatte nach Hause zurückgekehrt.
Bilder: © Philipp Pamminger