Sie scheinen groß, stark und unverwundbar. Doch ihr mächtiges Aussehen täuscht. Denn auch Orang-Utans sind manchmal schwach und hilflos. Vor allem, wenn unsere ausgewilderten Schützlinge krank werden, kann sich das zu einer ernsthaften Krise auswachsen. Was dann?
In der Regel sind Menschenaffen von der Natur gut ausgestattet: mit einem Instinkt, der sie vor allen möglichen Gefahren warnt. So meiden sie Tiere, die ihnen gefährlich werden können und halten sich von ungenießbaren oder giftigen Pflanzen fern. Die großen Roten gehen sogar noch einen Schritt weiter: Fühlen sie sich krank, suchen sie im Wald automatisch nach Pflanzen mit Heilkraft.
Sehr selten allerdings können sich auch unsere Artverwandten nicht selbst helfen und benötigen menschliche Unterstützung, wie beispielsweise unsere im Dezember 2017 ausgewilderte Karen.
Affendame Karen in Not?
Bei einer Routine-Patrouille fand ein BOS-Team die Orang-Utan-Dame auf dem Boden in einem Nest sitzend. Ungewöhnlich! Normalerweise werden Nester hoch oben in Baumkronen gebaut. Grund genug, um Karen ein wenig zu beobachten. Es passierte – nichts. Die Lady bewegte sich über längere Zeit keinen Millimeter. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht.
Äußerlich schien Karen unversehrt zu sein. Hatte sich die Menschenaffen-Dame vielleicht an etwas Giftigem gelabt? Je nach Pflanzenart und Menge der Mahlzeit kann das für Tiere lebensbedrohlich sein. Ohne menschliches Eingreifen sind sie dann oft verloren. Ein Grund dafür, warum ausgewilderte Menschenaffen durch ihre Sender und deren Signale getrackt und überwacht werden.
Wie handeln unsere Mitarbeiter aber in solch einem Ernstfall? Die Rettungskette ist klar definiert: Wird Hilfe für ein Tier benötigt, erhält unser Schutzzentrum in Nyaru Menteng einen Funkruf. Daraufhin wird in aller Regel ein Team zusammengestellt, das sich gemeinsam mit einem Tierarzt auf den Weg zum Zielort macht.
Der mühselige Weg des „Krankenwagens“
Im aktuellen Fall war schon der Weg eine Herausforderung. Vom Schutzzentrum Nyaru Menteng zum Batikap-Wald sind es unter guten Bedingungen drei bis vier Tage Autoreise. Pechvogel Karen musste noch länger warten. Durch die anhaltenden Regenmassen im März waren manche Wege schlecht bis gar nicht passierbar. Das Team um unseren Tierarzt Agus Fachroni musste dreimal im Verlauf dieser Reise das Verkehrsmittel wechseln, bevor es endlich im Batikap-Wald ankam.
Die Wartezeit überbrückten unsere Mitarbeiter vom Monitoring-Team vor Ort mit intensiver medizinischer Betreuung und Hilfe für die Orang-Utan-Dame. Rund um die Uhr wurde sie beobachtet. Früchte und Blätter hielten die Patientin bei Kräften. Um das Bodennest herum drapierte das Team Blätter und Zweige, um ein wenig Schutz vor Raubtieren und anderen Orang-Utans zu schaffen.
Nach sieben langen Tagen des Ausharrens und der Intensivpflege trafen unser Veterinär und sein Team endlich am Krankenlager ein. Die Diagnose: eine Vergiftung mit starken Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. Diese hinderten Karen am eigenständigen, ausreichenden Fressen. Für eine ausreichende Versorgung musste unser Schützling jedoch unter Betäubung in einem Transportkäfig in die Nähe des Camps gebracht werden. Nach drei weiteren Tagen intensiver Behandlung und Pflege erholte sie sich glücklicherweise wieder.
Nach ihrer Genesung wurde Karen gesichtet, wie sie zu ihrer täglichen Routine übergegangen war. Sie schlug sich den Bauch mit Unmengen von Früchten voll und erkundete auch wieder den Wald. Vitaminkuren, die richtige Medizin, aber auch der implantierte Sender haben der Affendame geholfen, diese Krise zu überstehen. Und Sie als Unterstützer haben großen Anteil daran. Danke!
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