19. August 2019

Geschmug­gelt, gede­mü­tigt, geschlagen: Retten Sie mit uns die verges­senen Orang-Utans in Thailand

Kürz­lich kehrte BOS Deutsch­land Geschäfts­führer Daniel Merdes von einer Reise aus Thai­land zurück. Sein Reise­be­richt handelte jedoch nicht von Strand, gutem Essen und Entspan­nung. Statt­dessen erzählte er von gequälten Orang-Utans, die ein unvor­stellbar trau­riges Dasein in herun­ter­ge­kom­menen Zoos und Vergnü­gungs­parks fristen. 

Warum sind Sie nach Thai­land gereist, um Orang-Utans zu sehen – das Projekt­ge­biet von BOS ist doch die indo­ne­si­sche Insel Borneo, die Heimat der Orang-Utans?

Ich wurde in Thai­land geboren, habe daher eine beson­dere Verbin­dung zu dem Land. Als ich 2008 „Im Einsatz für die Orang-Utans“ von Hannes Jaenicke im ZDF sah, haben sich mir vor allem auch die Bilder der Orang-Utans einge­brannt, die in Thai­land in Touris­ten­shows vorge­führt werden. Das Thema hat mich seither nicht mehr losgelassen. 

Letztes Jahr entdeckte ich die eindrucks­vollen Bilder des Foto­grafen Jaya­pra­kash Bojan von Orang-Utans in Boxshows der thai­län­di­schen Safari-Parks und im Pata Zoo in Bangkok. Das hat mich sehr berührt. Daraufhin fing ich an, zu dem Thema zu recher­chieren. Dabei bin ich auf Edwin Wiek und seine Orga­ni­sa­tion Wild­life Friends Foun­da­tion Thai­land (WFFT) gestoßen, der mich einlud, ihn und sein Rettungs­zen­trum südlich von Bangkok zu besu­chen. Zuvor wollte ich mir aber selbst ein Bild der Orang-Utans im Pata Zoo machen.

Pata Zoo Thailand
Pata Zoo Thailand
 

Ein Zoo inmitten von Bangkok, auf dem Dach eines Einkaufszentrums…

Ja, das ist bizarr. Gegründet 1983 auf der 6. und 7. Etage eines Einkaufs­zen­trums. Alles ist aus Beton, es ist schon auf den ersten Blick schmutzig, dunkel und depri­mie­rend. Besucht wird er vor allem von Thais, die den Zoo tatsäch­lich lieben. In Bangkok ist der Zoo eine Insti­tu­tion. Es gibt Vögel, Gibbons, Raub­katzen, Schlangen, die man in die Hand nehmen kann, einen Strei­chelzoo mit Ziegen, Schafen, Kanin­chen und Menschen­affen: einen Schim­pansen, ein Gorilla-Weib­chen und vier Orang-Utans – alle in einem unwür­digen Zustand. Die Tiere wirken apathisch, völlig perspek­tivlos, traurig, gelang­weilt, genervt, gebro­chen. Ein Orang-Utan hat mich ange­spuckt – ein deut­li­ches Zeichen, wie sehr sie Menschen hassen. Sie leben auf nacktem Beton, es gibt keine Pflanzen, keinerlei Enrich­ment. Dass Orang-Utans lange platt auf dem Boden liegen ist ein Verhalten, dass ich in unseren Stationen noch nie gesehen habe. 

Pata Zoo Thailand
Gebro­chener Orang-Utan im Pata Zoo
 

Woher stammen diese Orang-Utans?

Wir gehen davon aus, dass es sich um Show­ve­te­ranen handelt, da sie auch im Pata Zoo immer wieder bei Veran­stal­tungen vorge­führt werden. Im Endef­fekt sind aber alle Tiere aus Indo­ne­sien geschmug­gelt worden – bzw. ihre Vorfahren – da gibt es keinen Zweifel.

——– Hier sehen Sie einen ZDF-Bericht zum Thema! ——–

Show­ve­te­ranen?

Ja, ein Riesen­ge­schäft in Asien, nicht nur in Thai­land. Am bekann­testen ist sicher Safari World, ein riesiger Vergnü­gungs­park und Zoo. Orang-Utans werden dort mit Gewalt, Schlägen, Futter­entzug dres­siert. Sie werden verkleidet und geschminkt und führen für Touristen Boxkämpfe auf, spielen das Nummern­girl oder werden in den Shows zu Lach­num­mern. Sie müssen mit Touristen für Fotos lustige Fratzen ziehen oder dürfen mit Süßig­keiten gefüt­tert werden.
Die Tiere werden sexua­li­siert, führen unna­tür­liche Verhal­tens­weisen vor und vermit­teln ein völlig falsches Bild von Wild­tieren. Gerade auch Kindern.
Wir können eine Art aber nur dann erhalten, wenn wir Menschen ein realis­ti­sches Bild von den Wild­tieren haben. Und das kann eigent­lich nur sein, sie in Ruhe in ihrer natür­li­chen Heimat zu lassen.

Vergnügungspark in Thailand
Mit Schlägen gefügig gemacht

Orang-Utans sind im Washing­toner Arten­schutz­über­ein­kommen CITES im Anhang I gelistet, genießen also inter­na­tional höchsten Schutz und jeder inter­na­tio­nale kommer­zi­elle Handel ist somit verboten… 

Ja, der ille­gale Wild­tier­handel ist dennoch ein Riesen­ge­schäft. Der verbo­tene Handel mit geschützten Tier- und Pflan­zen­pro­dukten rangiert welt­weit an vierter Stelle in der Orga­ni­sierten Krimi­na­lität hinter Drogen­handel, Menschen­handel und Produkt­pi­ra­terie. Der Umsatz wird auf mindes­tens 10 Milli­arden US-Dollar pro Jahr geschätzt.

Wird Wild­tier­handel in Thai­land nicht straf­recht­lich verfolgt? Oder die nicht artge­rechte Haltung von Tieren?

Theo­re­tisch schon. Über­führte Schmuggler müssen mit mehr­jäh­rigen Gefäng­nis­strafen rechnen. In der Praxis muss es aber erstmal zu einer Anklage kommen. Doch die hat selten Aussicht auf Erfolg. Meist verläuft so etwas im Sande – je nachdem wie einfluss­reich der Ange­klagte ist… Gegen den Pata Zoo z. B. gab es schon mehrere natio­nale und inter­na­tio­nale Vorstöße, ihn zu schließen. Gebracht hat es gar nichts. Den Zoo und seine Bewohner gibt es noch immer. 

Wer sind die Abnehmer der geschmug­gelten Orang-Utans?

Das ist schwierig zu beant­worten. Wild­tier­handel findet zu großen Teilen im Internet, im Darknet statt. Natür­lich auch an Privat­leute. Die Zoos und Vergnü­gungs­shows sind inzwi­schen gar nicht mehr ange­wiesen auf geschmug­gelte Tiere. Sie züchten mit den einst­mals geschmug­gelten Tieren einfach selbst nach – so wie es euro­päi­sche Zoos letzt­lich auch machen. Nur sind die Haltungs- und Zucht­be­din­gungen inzwi­schen andere. Von daher macht es auch keinen Sinn, die Tiere aus den Zoos oder Shows frei­zu­kaufen. Damit unter­stützt man nur das nächste Leid der Tiere, da dann einfach mehr gezüchtet wird und der Verkauf an Rettungs­zen­tren zur guten Einnah­me­quelle wird. 50.000 Euro sind schon mal gezahlt worden, um einen gefan­genen Orang-Utan frei­zu­kaufen. Wir würden das System also nur unter­stützen, wenn wir uns dafür einsetzen würden, die Tiere freizukaufen. 

Vergnügungspark in Thailand
Darüber lachen Touristen!

Was kann BOS Deutsch­land also tun, um diesen Tieren zu helfen?

Natür­lich würde ich die Tiere am liebsten zurück in den indo­ne­si­schen Regen­wald bringen. Wenn die indo­ne­si­sche Regie­rung tatsäch­lich nach­weisen kann, dass ein Tier geschmug­gelt wurde, dann kann es theo­re­tisch zurück­ge­holt werden.
Doch die meisten Orang-Utans sind nicht mehr auswil­derbar. Sie sind krank, haben sich mit Hepa­titis oder Tuber­ku­lose infi­ziert und wären so eine Gefahr für wilde Popu­la­tionen. Und unsere Rettungs­zen­tren sind schon jetzt an der Grenze ihrer Aufnahmekapazität.
Unser Ziel ist es, in Thai­land einen Ort zu finden, an dem sie würdig leben können. So ein Ort ist das Rettungs­zen­trum WFFT von Edwin Wiek. Er konnte bereits mit viel diplo­ma­ti­schem Geschick und dank seines hervor­ra­genden Netz­werks zwei Show-Orang-Utans retten und hat ihnen ein wunder­schönes Gehege errichtet. Sie leben in einem riesen­großen Frei­ge­hege voller Bäume, können klet­tern, sich verste­cken, spielen und frei und würdig leben.
Wir von BOS Deutsch­land möchten Edwin Wiek bei seiner wert­vollen Arbeit unter­stützen. Er arbeitet bereits seit Jahren an diesem Thema, kennt die rich­tigen Leute, verhan­delt mit Poli­ti­kern, hat sogar Verbin­dungen ins thai­län­di­sche Königs­haus. Die Besitzer der Parks und Zoos sind reiche, mäch­tige Leute, an die kommt man nur mit viel diplo­ma­ti­schem Geschick. Nun geht es darum, dass im Rettungs­zen­trum von WFFT alles bereit ist für die Tiere. Wir von BOS Deutsch­land brau­chen jetzt finan­zi­elle Unter­stüt­zung für den Bau einer Orang-Utan-Insel im Rettungs­zen­trum von WFFT. Eine fertige, tier­wohl­ent­spre­chende Unter­brin­gungs­mög­lich­keit für die Show-Orang-Utans ist auch eine nütz­liche Argu­men­ta­ti­ons­hilfe bei den thai­län­di­schen Behörden. Damit die trau­rigen Orang-Utans aus dem Pata Zoo und aus Safari World noch viele gute Jahre vor sich haben dürfen.

Es ist noch ein langer Weg, aber wir sind bereit, ihn zu gehen. 

Und wie kann ich BOS dabei unter­stützen, die Orang-Utans in Thai­land zu retten? 

Besu­chen Sie nie so eine Show! Reden Sie mit Ihren Freunden darüber. Diese Shows müssen geächtet und diffa­miert werden. Thai­land­ur­lauber dürfen sie nicht besu­chen, dürfen keine Fotos mit Wild­tieren machen. Statt­dessen kann jeder einzelne z. B. auf Inter­net­por­talen diese Orte negativ bewerten. Wir müssen inter­na­tional ein Bewusst­sein dafür schaffen, dass es sich um Wild­tiere mit einer Würde handelt.

Mit Ihrer Spende unter dem Stich­wort “Thai­land” unter­stützen Sie BOS Deutsch­land und Wild­life Friends Foun­da­tion Thai­land beim Bau einer Orang-Utan-Insel für Show-Vete­ranen in Thai­land. https://www.orangutan.de/einzelspende