Die indonesische Regierung hat den Vorschlag einer renommierten Universität abgelehnt, Ölpalmen als forstwirtschaftliche Nutzpflanze neu zu klassifizieren. Mit dem Vorstoß der Hochschule sollte angeblich das Problem der illegalen Plantagen in Waldgebieten gelöst werden – indem es unter anderem bereits bestehende Plantagen als „Wald“ klassifiziert und damit legalisiert hätte! Neuanpflanzungen weiterer Ölpalmen wären dann per Definition eine „Aufforstung“. Das indonesische Umweltministerium hat den Vorschlag jedoch zurückgewiesen und hält an seinem eigenen Programm fest.
Agroforstsysteme statt Monokultur
Dieses „Social Forestry“-Programm sieht vor, die lokalen Gemeinden davon zu überzeugen, dass sie von illegalen Ölpalmenplantagen auf nachhaltigere und rentablere Agroforstsysteme umsteigen. Dabei werden forstwirtschaftliche Flächen mit landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und Tierhaltung kombiniert.
Mit der Absage der indonesischen Regierung an den Vorstoß der Universität bleiben Ölpalmen per Definition landwirtschaftliche Nutzpflanzen. In einer öffentlichen Stellungnahme machte das Umweltministerium deutlich, dass die ungebremste und illegale Ausdehnung von Ölpalmenplantagen in Waldgebieten zu unzähligen ökologischen, hydrologischen, rechtlichen und sozialen Problemen geführt habe. Diese müssten jetzt erst einmal gelöst werden.
Zu den Problemen, die mit der Ausdehnung der Ölpalmen in die Wälder verbunden sind, gehören der Verlust der biologischen Vielfalt, die Verschlechterung der Qualität der Waldökosysteme und das erhöhte Risiko von Naturkatastrophen wie beispielsweise Erdrutschen, Überschwemmungen oder Feuern. Die Regierung wolle sich jetzt darauf konzentrieren, diese Probleme zu lösen, anstatt zuzulassen, dass mehr Ölpalmen in Waldgebieten angepflanzt werden.
Vor der offiziellen Ablehnung des Plans hatten Forstexpert:innen und Naturschützer:innen ihre Besorgnis darüber geäußert, dass die Regierung ernsthaft in Erwägung ziehen könnte, Ölpalmenplantagen als Wälder zu klassifizieren. In den letzten Jahren hatte es immer wieder heftige Auseinandersetzungen über das Thema gegeben; entsprechende Verordnungen wurden erlassen und wieder zurückgenommen. Ein zehrendes Hin und Her.
Mangelnde Kontrolle ebnet den Weg für illegale Ölpalmenplantagen
Wenn ein Gebiet von der Regierung als „Waldgebiet“ eingestuft ist, ist es in der Regel für jede Art von Rodung gesperrt. Mangelnde Überwachung und Rechtsdurchsetzung haben jedoch dazu geführt, dass Unternehmen sowie Kleinbäuerinnen und Kleinbauern kleinbäuerliche Betriebe immer wieder Ölpalmenplantagen in Waldgebieten anlegen. Die Regierung schätzt, dass derzeit 3,37 Millionen Hektar Ölpalmenplantagen illegal in Waldgebieten betrieben werden.
Ein Bruchteil davon, nämlich 700.000 Hektar, fällt auf kleinbäuerliche Betriebe, die im Durchschnitt weniger als 25 Hektar bewirtschaften. Bei der Mehrzahl der illegalen Plantagen handelt es sich um Großgrundbesitz, der von Unternehmen oder Geschäftsleuten verwaltet wird.
Soziale Forstwirtschaft statt illegaler Plantagen
Als Lösung für das Problem der illegalen Plantagen wirbt die Regierung für ihr Programm der sozialen Forstwirtschaft (social forestry), das den Gemeinden Landrechte gewährt. Das Programm ist eines der größten sozial-ökologischen Experimente seiner Art und zielt darauf ab, 12,7 Millionen Hektar staatlichen Waldes an lokale Gemeinschaften umzuverteilen und ihnen die rechtliche Befugnis zur Bewirtschaftung ihrer Wälder zu geben.
Ein wichtiger Anreiz für Kleinbauern, sich dem sozialen Forstwirtschaftsprogramm anzuschließen, kommt auch aus dem Markt: Immer mehr Palmölmühlen weigern sich, Palmfrüchte aus illegalen Plantagen zu verarbeiten, da die Verbraucher:innen die Nachhaltigkeit der Palmölindustrie immer genauer unter die Lupe nehmen. Auch das ein wichtiger Teilerfolg im Hinblick darauf, was jede:r einzelne durch das persönliche Kaufverhalten bewirken kann.
Wenn diese Pläne der indonesischen Regierung greifen, könnte das Ökosystem am Ende soweit rehabilitiert sein, dass es dem natürlichen Wald in seinem ursprünglichen Zustand ähnelt, bevor er für Monokulturen gerodet wurde. Zumindest dort, wo es greift.
Auch wenn der Plan der Regierung das Problem der illegalen Palmölkonzessionen in Waldgebieten nicht komplett lösen kann, so ist es doch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Für die illegalen Palmölplantagen, die von Unternehmen auf Waldgebieten betrieben werden, fordern Naturschutz-NGOs in Indonesien den Entzug der Lizenzen – statt Amnestien der Verstöße. Denn wie erst kürzlich bekannt wurde, erteilte die Regierung eine Amnestie für 222 illegale Plantagen, wodurch Firmen nun 765.000 Hektar Fläche legal bewirtschaften können. Eine Neubewertung aller Palmölkonzessionen war zum Beispiel auch Ziel des 2021 ausgelaufenen Palmölmoratoriums. Im Januar 2022 entzog die indonesische Regierung tatsächlich auch einigen Palmölfirmen, welche sich nicht an geltende Vorschriften hielten, ihre Plantagenrechte, allerdings waren nicht alle davon illegal.
BOS Deutschland unterstützt das soziale Forstwirtschaftsprogramm der indonesischen Regierung, fordert aber gleichzeitig den Entzug aller kommerziellen Palmölkonzessionsrechte auf Waldgebieten, die Rückgabe von Landrechten an lokale und indigene Gemeinden, sowie die konsequente, partizipative Rehabilitierung der Waldflächen.
Quellen: Mongabay Et al.
Aufforstungsprojekte von BOS
Mit unseren Aufforstungs- und Renaturierungsprojekten in Mawas oder der Umwandlung von Ölpalmenplantagen in Sabah hin zu einem Wildtierkorridor leistet BOS einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Machen Sie mit!