14. September 2017

Land­rechte in Indo­ne­sien – ein Dauerthema

„Wir sterben lieber als diesen Kampf zu verlieren“ ist die Haltung der Bewohner einer Dorf­ge­mein­schaft in Indo­ne­sien, die für eine Revo­lu­tion in der Land­rechts­frage kämpfen.

Die kleine Gemeinde Panduma-Sipit­uhuta auf Sumatra steht im Mittel­punkt eines Kampfes um die tradi­tio­nelle Nutzung von Land. Sie will dafür sorgen, dass die Probleme mit dem verwor­renen und unge­rechten System der indo­ne­si­schen Land­nut­zungs­ge­setze endlich gelöst werden.

Erst 2016 wurden ihnen die Rechte an dem Land verspro­chen, das ihr Dorf seit Gene­ra­tionen bewirt­schaftet, aber das scheint wohl nicht unein­ge­schränkt zu gelten. Man will ihnen staat­li­cher­seits ein Wald­stück wegnehmen, wo die Leute bisher immer Benzoin ernten (eine weih­rauch­ähn­liche Substanz) und einer großen Zell­stoff­firma über­eignen. Für die Dorf­be­wohner ist das Verrat an ihren Rechten.

Zusammen mit anderen Dörfern berufen sie sich auf Verfas­sungs­ga­ran­tien und auf Verspre­chen des Präsi­denten Joko Widodo, der zuge­si­chert hatte, den Indi­genen die Kontrolle über ihr ange­stammtes Land zurück­zu­geben. Tatsäch­lich ist dies Teil eines histo­ri­schen Kampfes, der die Spiel­re­geln des Kapi­ta­lismus in Indo­ne­sien ändern könnte und Millionen von Menschen betrifft.

Viele Land­rechts­experten, Menschen­rechts­ak­ti­visten und Umwelt­schützer glauben, dass die von Pandu­maan-Sipit­uhuta ausge­hende Kampagne Indo­ne­siens beste Chance sei, mehr Gerech­tig­keit, Klar­heit und sozialen Ausgleich in ein System ausbeu­te­ri­scher Regeln zu bringen, durch die das Land seit der US-unter­stützten Suharto-Diktatur aufge­teilt wurde . Aller­dings ist der Erfolg noch lange nicht garan­tiert. Trotz zahl­rei­cher Lippen­be­kennt­nisse kann man sich der Unter­stüt­zung der Zentral­re­gie­rung bislang nicht wirk­lich sicher sein.

Die Bewohner von Pandu­maan können sich noch gut an daran erin­nern, wie sie das Zell­stoff­un­ter­nehmen Toba Pulp Lestari (TPL) daran hinderten, Bäume zu fällen, indem sie das Equip­ment der Firma entwen­deten. Im Nach­bar­dorf haben sie auf ihren früheren Lände­reien statt­dessen „Gueril­la­kul­turen“ gepflanzt, kurz nachdem TPL ihre Euka­lyp­tus­bäume geerntet hatte. Daraufhin bekamen sie Todes­dro­hungen,  Hütten wurden verbrannt, Pflanzen vergiftet und die Mili­tär­po­lizei trat äußerst gewaltsam auf.

Indo­ne­siens etwa 2500 Millionen Menschen spre­chen mehr als 300 Spra­chen und gehören einer Viel­zahl von Natio­na­li­täten an. Der erste Präsi­dent des Landes, Sukarno, hatte versucht, eine Art Land­re­form zu schaffen, um das Problem von sich wider­spre­chenden euro­päi­schen und tradi­tio­nellen Besitz­sys­temen zu lösen.

Aber seine Regie­rung zerfiel 1965 und musste der US-gestützten Herr­schaft des Gene­rals Suharto Platz machen, unter dem bis zu einer Million des „Kommu­nismus“ beschul­digter Zivi­listen getötet wurden. Dessen Regime dauerte bis 1998. Als Widodo 2014 zum Präsi­denten gewählt wurde, erschien er als Hoff­nungs­träger, vergleichbar mit Barack Obama. Er versprach, die Ansprüche Indi­gener zu unter­stützen. Aber wie Obama erntete er auch sehr viel Kritik und hat sich um die Beant­wor­tung etli­cher kriti­scher Fragen gedrückt. Akti­visten wollen den Präsi­denten an sein Verspre­chen erin­nern und drängen auf die Umwand­lung von 70 Millionen Hektar Land in tradi­tio­nelles Gemeineigentum.

„Das Problem in Indo­ne­sien ist, dass oft sich wider­spre­chende Ansprüche auf das gleiche Land vorliegen. Das liegt daran, dass Nutzungs­kon­zes­sionen unter der Suharto-Diktatur an Gene­räle und Freunde poli­ti­scher Eliten vergeben wurden“, so John McCarthy, Professor bei der Austra­lian National Univer­sity, der Land­rechte in Indo­ne­sien untersucht.