7. Juni 2017

Nach 24 Jahren die lang­ersehnte Frei­heit für Romeo

Frei­heit ist ein Grund­recht, welches wir manchmal für selbst­ver­ständ­lich halten. So aber nicht für den 30 Jahre alten Romeo und viele seiner Artge­nossen, die schon lange nicht mehr in Frei­heit leben konnten. Das Ziel unserer Frei­heits­kam­pagne konzen­triert sich darauf diese trau­rige Realität zu ändern und jedem Orang-Utan unter unserer Obhut die Frei­heit zurück zu geben. Nach über 24 Jahren konnte nun Romeo auf eine der Voraus­wil­de­rungs­in­seln von Samboja Lestari ziehen. Je nachdem wie gut er sich dort einlebt, können wir sein Poten­zial für die endgül­tige Auswil­de­rung besser einschätzen.

 

Derzeit stehen in Samboja Lestari sieben Voraus­wil­de­rungs­in­seln zur Verfü­gung; vier weitere Inseln sind in Vorbereitung.

Vorauswilderunginsel Nr. 5

Diese sieben Inseln bieten Platz für etwa 30 Orang-Utans. Jeder Orang-Utan, der die Wald­schule erfolg­reich abge­schlossen hat, wird auf eine dieser Inseln gebracht, um sich dort auf die finale Auswil­de­rung vorzu­be­reiten. Auf den Inseln leben die Menschen­affen unter natur­nahen Bedin­gungen, werden aber noch durch Mitar­beiter der BOS Foun­da­tion über­wacht und beobachtet.

 

Romeos erste Lebensjahre

Das Orang-Utan-Männ­chen Romeo hat seine ersten Lebens­jahre in einem taiwa­ne­si­schen Zoo verbracht, indem er die Haupt­at­trak­tion spielte. Einge­sperrt in einem Gehege mit kaum Platz, war es Romeo nicht möglich, sich frei zu bewegen oder irgend­etwas zu tun, ohne unter Beob­ach­tung zu stehen.

Im Alter von sechs Jahren wurde Romeo zurück nach Indo­ne­sien gebracht und der BOS Foun­da­tion über­geben, die ihn erst in Wana­riset und später im Rettungs­zen­trum von Samboja Lestari unter­ge­brachten. Dort hatte er die Chance, sich dem Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramm zu unterziehen.
Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm und erschwerte seinen Weg der Reha­bi­li­ta­tion. Denn als Romeo 1993 zu uns kam, wurde er positiv auf Hepa­titis B getestet, eine anste­ckende Virus­er­kran­kung, die sowohl über Mensch als auch über Orang-Utans über­tragen werden kann.

Das bedeu­tete, dass alle positiv getes­teten Orang-Utans von den gesunden getrennt werden mussten, um eine Epidemie inner­halb der Popu­la­tion zu verhin­dern. Romeo musste daraufhin in den Isola­ti­ons­kom­plex verlegt werden und konnte folg­lich nicht am Unter­richt der Wald­schule teilnehmen.

 

Neue Erkennt­nisse aus der Forschung

Die medi­zi­ni­sche Forschung hat in den letzten 20 Jahren riesige Fort­schritte gemacht. So konnte man beispiels­weise inzwi­schen belegen, dass Hept­atits B bei Orang-Utans völlig natür­lich und in der Wildnis Gang und Gäbe ist. Mehr noch wurde inzwi­schen heraus­ge­funden, dass der Virus das Immun­system der Orang-Utans sogar stärkt und keine Bedro­hung für ihre Gesund­heit oder ihre Über­le­bens­fä­hig­keit darstellt. Das waren natür­lich wunder­volle Neuig­keiten für Romeo und für uns. So konnten wir sicher sein, dass dieses starke Männ­chen ganz normal mit anderen Orang-Utans sozia­li­siert werden konnte und eine echte Chance auf ein späteres Leben in Frei­heit hatte.

Doch wir sind nach wie vor auch besorgt. Nach 30 Jahren in Gefan­gen­schaft ist es nicht sicher ob er sich jetzt noch in der Wildnis behaupten kann. Norma­ler­weise gehen unsere Orang-Utans ja erst in den Wald­kin­der­garten und dann in die Wald­schule und erlernen so Stück für Stück alle Fähig­keiten, die sie später in der Frei­heit benö­tigen. Romeo hatte diese Möglich­keit nicht, weil er einfach schon zu alt war, als er zu uns kam. Doch wir lassen uns nicht entmu­tigen und möchten auch Romeo die Möglich­keit geben, erste eigen­stän­dige Schritte zu machen.

Leben auf den Vorauswilderungsinseln

Allein für Romeo wurde also ein spezi­elles Programm entwi­ckelt und am 7. Juni war es dann endlich soweit: Romeo kam auf die Voraus­wil­de­rungs­insel Nr. 5, eine der sieben Auswil­de­rungs­in­seln von Samboja Lestari. Diese Inseln wurden erschaffen um den Orang-Utans dabei zu helfen sich an ein unab­hän­giges Leben zu gewöhnen nachdem sie erfolg­reich die Reha­bi­li­ta­tion gemeis­tert haben. Auf den Inseln leben sie in einem offenen Areal und lernen sich mit anderen Indi­vi­duen zu sozia­li­sieren, so wie sie es auch in der Wildnis tun würden. Romeo schloss sich den zwei Weib­chen Fani und Isti an, die einen Tag zuvor auf die Insel umge­sie­delt wurden.

Nachdem er sediert und einem finalen medi­zi­ni­schen Check in der Klinik unter­zogen wurde, wurde er auf die Insel gebracht.

Romeo erlangte in Anwe­sen­heit unseres Teams sein Bewusst­sein wieder und wurde vom Team dabei unter­stützt, sich langsam einzu­ge­wöhnen. Dies ist das erste Mal seit 24 Jahren, dass Romeo die Welt nicht aus einem Käfig heraus sieht. Und auf Insel Nr. 5 besteht nun für ihn die Möglich­keit die notwen­digen Über­le­bens­fä­hig­keiten von seinen Artge­nossen, die dort in einer natür­li­cheren Umge­bung leben, zu erlernen.

Romeo auf einer Plattform der Insel Nr. 5

Er wird dabei, zusammen mit den beiden Weib­chen, gut über­wacht um zu schauen, ob sie in den nächsten Monaten auf eine größere Insel verlegen können, wo sie weitere Fähig­keiten erwerben können.
Romeo hat noch einen weiten Weg vor sich, doch im Moment könnten wir nicht glück­li­cher sein, da Romeo nun erst einmal sein freies Leben auf der Insel genießen darf.

 

Der Direktor der BOS Foun­da­tion, Jamartin Sihite, sagte, dass 2017 das Jahr der Frei­heits­kam­pagne sei und allein dieses Jahr schon 13 Orang-Utans in den Wald von Kehje Sewen ausge­wil­dert worden sind. Nach dem Ende des isla­mi­schen Fasten­mo­nats Ramadan sei man bereit, weiteren Tieren die Frei­heit zu geben. Mit Romeo komme nun ein Orang-Utan auf die Voraus­wil­de­rungs­insel, der viele Jahre darauf warten musste, einfach, weil weder genü­gend Voraus­wil­de­rungs­in­seln noch geeig­nete Auswil­de­rungs­ge­biete zur Verfü­gung standen. Sobald seine Eignung fest­stehe, würde die BOS Foun­da­tion die nötigen Schritte einleiten, um ihm endgültig ein unab­hän­giges Leben zu ermöglichen.

Jamartin Sihite fügte hinzu, dass es vielen Orang-Utans so ginge wie Romeo. Der Erwerb der Lizenz für den Kehje Sewen-Wald hat viel von diesem Druck genommen, dennoch müssen weitere Wald­ge­biete gesi­chert werden. Nicht nur die Orang-Utans bräuchten Wald, auch die Menschen benö­tigten sauberes Wasser, Sauer­stoff und ein gut regu­liertes Klima.

Ir. Sunandar Trig­una­jasa, Chef der Natur­schutz­be­hörde in Ostka­li­mantan sagte, dass nicht nur bezüg­lich des Welt­um­welt­tages die Umsied­lung von Romeo eine große Leis­tung sei, aber auch den Hand­lungs­be­darf  aufzeige. Um den Schutz dieser akut vom Aussterben bedrohten Art zu gewähr­leisten, müssten alle Betei­ligten sowohl rasch handeln als auch eng zusammenarbeiten.

Romeos Umsied­lung wurde durch die Koope­ra­tion der Natur­schutz­be­hörde mit der BOS Foun­da­tion als auch durch die Unter­stüt­zung der inter­na­tio­nalen Partner BOS Deutsch­land, BOS Schweiz, BOS Austra­lien und The Great Projects möglich. Die BOS Foun­da­tion dankt sehr allen Spen­dern und Part­ner­or­ga­ni­sa­tionen rund um den Globus, die sich für den Schutz der Orang-Utans in Indo­ne­sien einsetzen.