Wer in der Schule nicht aufpasst, muss nachsitzen. Da geht es Orang-Utans nicht anders als uns Menschen. Der Unterschied: Verpassen unsere rothaarigen Artverwandten eine wichtige Lektion, kann es für sie später lebensgefährlich werden.
Eine von denen, die in der Dschungelschule öfter mal geträumt haben, ist Reckie. Die 2017 freigelassene Lady hatte nämlich nicht auf dem Schirm, dass zu naher Kontakt zu Menschensiedlungen ihr unbeschwertes Leben in Freiheit gefährden kann. Zum Glück gibt es die BOS-Monitoring-Teams. Diese sorgen dafür, dass unsere rehabilitierten Schützlinge möglichen Konflikten entgehen, wie Reckies Geschichte zeigt.
Ursprünglich residierte unsere Orang-Utan-Dame im Schutzwald von Kehje Sewen, nahe des Dörfchens Pelangsiran. Bewohner berichteten vor kurzem von einem Menschenaffen ganz in Ortsnähe. Alarmstufe rot für die BOS-Mitarbeiter: Denn treffen Orang-Utans auf der Suche nach Futter mit Anwohnern zusammen, führt das nicht selten zu Konflikten. Im schlimmsten Fall enden diese mit der Tötung des Tiers.
Idealerweise gelangen die Tiere gar nicht so nah an die Ausläufer des Schutzwaldes. Wird unseren Teams doch mal eine Sichtung bekannt, greifen sie umgehend ein. Mit Hilfe der implantierten Sender und deren Trackingsignale lokalisieren sie unsere Schützlinge. So konnte Reckie beispielsweise schnell auf einem Baum sitzend ausfindig gemacht werden. Hoch in der Luft, aber viel zu nah an menschlich besiedeltem Gebiet. Unsere Mitarbeiter beschlossen in diesem Fall, die Affendame zu fangen, umzusiedeln und in einem neuen Gebiet auszuwildern.
Umzug mit Hindernissen
Der Umzug sollte bereits im Januar stattfinden. Doch heftige Regenschauer, gewaltige Erdrutsche und Überschwemmungen verzögerten den Einsatz. Waldwege waren blockiert, sodass bis Ende Februar an keine Umsiedlung zu denken war. Letztlich konnte am 28. Februar ein Trupp aus zwei Tierärzten, zwei Mitgliedern des Monitoring-Teams und sieben zusätzlichen Helfern ausrücken.
Reckie wurde schnell gefunden. Sie war immer noch ganz in der Nähe des Dorfes unterwegs und saß wie beim letzten Mal auf einem Baum. Unter diesem wurde ein großes Sicherheitsnetz gespannt. Einer unserer Tierärzte schoss mit einem Blasrohr gezielt einen Betäubungspfeil auf die Orang-Utan-Dame ab. Als sie einschlief, wurde sie sicher vom Netz aufgefangen und von unseren veterinären untersucht. Sie war fit und konnte in der mitgebrachten Transportbox schlafen gelegt werden.
Die Reise ging weit weg vom ursprünglichen Auswilderungsstandort und jeglicher menschlichen Siedlung: an die Ufer des Telenflusses. Auf der anderen Seite des Gewässers angelangt, wachte Reckie auf. Die Klappe des Transportkäfigs wurde geöffnet, und sie verschwand sofort auf einen nahestehenden Baum. Kurz darauf war sie auch schon aus dem Sichtfeld unseres Teams verschwunden. Eigentlich eine einfache Aktion, oder?
Ob wirklich alles glatt gelaufen war, überprüften die BOS-Mitarbeiter am darauf folgenden Tag. Sie beobachteten Reckie bei der Futtersuche und ihrem Trip durch die Baumwipfel ihres neuen Refugiums. Augenscheinlich fühlte sich die Lady wohl. Die akribische Arbeit des Teams und die Fürsorge für seine Schulabgänger haben sich auch in diesem Fall wieder ausgezahlt.
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