Wir freuen uns, Ihnen heute den neuen Botschafter von BOS Deutschland vorstellen zu dürfen. Der Naturfotograf Jayaprakash Bojan wurde 2017 von National Geographic mit dem Foto eines Orang-Utans zum Nature Photographer of the Year. Seine Bilder sind Orang-Utan-Freunden wohlbekannt aus vielen nationalen und internationalen Medien.
Im Interview spricht er über seine Leidenschaft, was ihn beeindruckt und wie seine eindringlichen Orang-Utan-Bilder entstanden sind.
Herzlich willkommen in der BOS-Familie und vielen Dank für Ihren Einsatz für die Orang-Utans. Mit Ihren Bildern berühren Sie viele Menschen und machen sie auf die Situation der vom Aussterben bedrohten Primaten aufmerksam. Jetzt sind Sie Botschafter für BOS Deutschland. Was bedeutet das für Sie?
Ich bin sehr aufgeregt und auch überwältigt, BOS Deutschland als Botschafter vertreten zu dürfen. Es ist eine Ehre! Ich habe in den letzten Jahren versucht, Menschen mit meinen Fotostorys über Orang-Utans, die verschwundenen Regenwälder und die sich daraus ergebenden Herausforderungen aufzuklären und zu berühren. Ich denke, durch die Partnerschaft mit BOS – der größten und wirkungsvollsten Orang-Utan-Schutzorganisation – kann ich mit meinen Bildern und Geschichten eine noch größere Wirkung erzielen und sie einem breiten Publikum auf der ganzen Welt zugänglich machen.

2017 wurden Sie von National Geographic für Ihr Bild eines dominanten männlichen Orang-Utans mit dem Preis „Naturfotograf des Jahres“ ausgezeichnet. Was ist die Geschichte hinter diesem Foto?
Meine Liebe zu Menschenaffen, vor allem zu Orang-Utans, begann, als ich sie zum ersten Mal in einem Zoo in Singapur sah. Das war der Auslöser, der mich schließlich dazu brachte nach Borneo zu reisen, um die Tiere dort zu erleben. Ende 2016 war ich in Kalimantan und hielt von einem Boot auf einem Fluss aus Ausschau nach Orang-Utans. Eines Morgens traf ich einen Ranger, der mir erzählte, er habe einen männlichen Orang-Utan gesehen, der sich oft in tiefe Gewässer wagte. Sehr ungewöhnlich für Orang-Utans, die hauptsächlich in den Bäumen leben. Mit Hilfe des Rangers machte ich mich auf die Suche. Tagelang hoffte ich darauf, den Orang-Utan im Fluss zu sehen. Und eines schönen Morgens passierte es endlich. Der Rest ist Geschichte. Sowohl National Geographic als auch die BBC haben meine Fotoserie veröffentlicht. Ich denke, wenn man sich die Bilder anschaut erzählen sie ihre Geschichte von ganz allein.

Sie reisen um die ganze Welt, machen an den abgelegensten Orten eindrucksvolle Fotos von Wildtieren. Aber zu Orang-Utans scheinen Sie eine ganz besondere Verbindung zu haben. Woran liegt das? Was ist das besondere Band zwischen Ihnen und den roten Primaten?
Meine Liebe gilt grundsätzlich allen Menschenaffen. Doch der Beginn meiner ganz besonderen Liebe zu den roten Primaten war, als ich in einem von Krokodilen bevölkerten Fluss stand, das Wasser bis zum Hals, die Kamera in der Hand. Vor mir ein männlicher Orang-Utan, der seine Arme in die Luft reckte und durch das Wasser watete. Ich habe mich bemüht, all meine Gefühle, die ich in diesem Moment hatte, in meine Bilder zu packen. Worte können das einfach nicht beschreiben. Es war eine göttliche Erfahrung! Sie sind uns in ihrem Verhalten so ähnlich, sie sind äußerst sensibel und intelligent. Manchmal, wenn ich Fotos mache, spreche ich mit ihnen, als würde ich mit einem anderen Menschen sprechen. Ich weiß, dass klingt albern, aber so bin ich halt.

Wie kann den Orang-Utans geholfen werden?
Im Laufe der Jahre haben wir mindestens 100.000 Orang-Utans durch die Zerstörung ihrer Lebensräume und den illegalen Wildtierhandel verloren. Ich habe Borneo vor und nach großen Waldbränden gesehen, und es tut weh zu sehen, wie ihre Heimat zerstört wird. Es ist absolut entscheidend, die Tieflandregenwälder vor der endgültigen Zerstörung zu bewahren, um die Orang-Utans und tausende anderer Arten der Flora und Fauna zu retten, die es nur auf Borneo gibt. Naturschutz ist nicht möglich ohne die Unterstützung der lokalen Regierung und vor allem nicht ohne die Einbeziehung lokaler Dörfer und Gemeinden. Und dann braucht es natürlich Geld. Ohne ausreichende finanzielle Mittel ist es unmöglich, groß angelegte Naturschutzmaßnahmen durchzuführen. Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um mich bei all den Menschen weltweit zu bedanken, die den Naturschutz im Laufe der Jahre immer großzügig unterstützt haben.
Damit wir Sie ein bisschen besser kennenlernen: Wie sind Sie eigentlich Fotograf geworden?
Ich bin inmitten der Natur in den Hügeln von Nilgiris im Bundesstaat Tamil Nadu im Süden von Indien aufgewachsen. Vor rund zehn Jahren entdeckte ich die Fotografie zunächst als Hobby, bis ich vor einigen Jahren eines Tages beschloss, meinen Beruf in der Unternehmenswelt nach 18 Jahren an den Nagel zu hängen, um mich voll und ganz meiner Leidenschaft für die Natur, für Wildtiere und für die Fotografie zu widmen. Jetzt bin ich hauptberuflich Fotograf. Die meisten meiner Fotostorys behandeln Themen rund um den Naturschutz und die Umwelt. Außerdem unterrichte ich Fotografie und halte Vorträge an Schulen und in anderen Einrichtungen, um Menschen für die Natur und ihren Schutz zu begeistern.

Warum haben Sie sich gerade für die Naturfotografie entschieden?
Als ich mit der Fotografie begann, ging es erstmal nur darum, schöne Bilder von allem zu machen, was ich sah. Aber mit der Zeit fühlte ich mich in der Natur immer mehr zu Hause und es machte mich glücklich und zufrieden, einfach draußen in der Wildnis zu sein. Inzwischen konzentriere ich mich mehr darauf, Geschichten zu erzählen, die sich positiv auf die Natur und die Tierwelt auswirken können. Es geht mir nicht mehr nur darum, einfach schöne Bilder zu machen.
An welchen Moment erinnern Sie sich in Ihrer Laufbahn als Fotograf am liebsten?
Einer meiner Lieblingsmomente war, als ich eine Orang-Utan-Mutter mit ihrem neugeborenen Baby beobachten und fotografieren konnte. Das war eine göttliche und unvergessliche Erfahrung.
Was inspiriert Sie?
Als Fotograf erhalte ich viel Aufmerksamkeit, weil Menschen auf der ganzen Welt meine Fotostorys über die sozialen Medien, in Ausstellungen oder über andere Kanäle sehen können. Die wahren Helden sind aber diejenigen, die Tag für Tag an vorderster Front schuften, um den Wald und seine Bewohner zu retten. Auf meinen Reisen habe ich viele engagierte Menschen getroffen und ihre Geschichten erfahren. Sie sind meine Inspiration. Auf Borneo traf ich zum Beispiel diesen Kerl, dessen Körper über und über von Messerwunden gezeichnet war. Er hatte gegen die Holzfäller-Mafia gekämpft, die die Wälder zerstört hatte. Es gibt so viele dieser unsichtbaren Helden, von denen die Welt noch nie gehört hat.

Als Naturfotograf sind Sie um die ganze Welt gereist und haben viele Umweltprobleme mit eigenen Augen gesehen. Was macht Sie traurig und was gibt Ihnen Hoffnung?
Es macht mich traurig zu sehen, wie Wälder, Flüsse und Ozeane auf der ganzen Welt zerstört werden. Aber ich bin optimistisch, dass wir immer noch retten können, was von dieser schönen Welt noch übriggeblieben ist. Auf meinen Reisen treffe ich so viele wundervolle Menschen, die sich um die Erde kümmern und so viele unbesungene Helden, die für unsere Wälder, unsere Tiere, Flüsse und Ozeane kämpfen. Das schenkt mir Hoffnung.
Mit welchem Projekt beschäftigen Sie sich aktuell?
In Südostasien leben einige der am stärksten gefährdeten Primaten der Welt. Während ich mich weiterhin auf Orang-Utans und Umweltgeschichten konzentriere, arbeite ich außerdem an einem Buch über die Primaten Südostasiens. Und da gibt es noch einige Primaten zu entdecken und zu fotografieren, bevor ich damit fertig bin.
Hier gibt es das Interview auch auf Englisch.