8. April 2015
Wissenschaftler fanden in einer Studie heraus, dass Orang-Utans ihre Hände als Verstärker bzw. Lautsprecher benutzen, um ihre Warnrufe lauter klingen zu lassen.
Der Warnruf der Menschenaffen, der sogenannte „kiss squeak” (Hörbeispiel) klingt wie ein Kussgeräusch, soll aber Gegner in die Flucht schlagen. Eine neu erschienene Studie hat die akustischen Auswirkungen der von Orang-Utans genutzten Lautverstärkung durch ihre Hände untersucht. Die Tiere nutzen ihre Hände gezielt, um ihre Warnrufe tiefer und damit bedrohlicher klingen zu lassen. Mit der tieferen Stimme täuschen sie vor, größer und imposanter zu sein.
Dieses Verhalten wurde bei Orang-Utans sowohl in Sumatra als auch auf Borneo beobachtet und scheint eine kulturell erworbene Verhaltensweise zu sein – andere Populationen zeigten dieses Verhalten nicht. Verhaltensforscher glauben, dass sie hilft, Konkurrenten abzuwehren. Die Studie, „Akustische Modelle Hand-verstärkter Orang-Utan-Warnrufe” wurde im Journal of Experimental Biology veröffentlicht. Zuvor hatten Wissenschaftler dieselbe Gruppe von Orang-Utans dabei beobachtet, wie sie Blätter vor den Mund hielten, während sie die Kiss-Squeak-Rufe machten.
Diese neueste Studie konzentriert sich vor allem auf die akustischen Effekte, die durch die Benutzung der Hände zur Verstärkung entstehen, ein Verhalten, das vor allem mit dem Tiefer-Klingen der Rufe zu tun hat. Der leitende Autor Bart de Boer sagte der IBTimes UK: „Es ist extrem selten. Wir haben dieses Verhalten noch bei keinen anderen Tieren beobachten können, Menschen natürlich ausgenommen. Nicht alle Orang-Utan-Populationen üben es aus. Es ist quasi einzigartig in der Tierwelt.
Akustikexperte De Boer sagt, obwohl er die Blättergeräusche noch nicht analysiert habe, gehe er davon aus, dass dieses Verhalten wahrscheinlich eher auf das Aussehen abzielt, als tatsächlich auf die Veränderung der Tonhöhe. „Akustisch ist es wesentlich schwieriger, die Blätter zu analysieren, weil sie flexibel sind. Daher fokussierte ich mich vorerst auf die Hand. Ich glaube nicht, dass die Blätter einen großen Unterschied machen”, so De Boer.
Die Benutzung der Hand, also einer zylindrischen Wellenübertragung bei Tierlauten ist extrem selten, aber eine effektive Möglichkeit, das akustische System zu verlängern; die Anzahl der Resonanzen pro kHz wird erhöht, so die Studie. Diese Resonanzintensivierung wird mit größeren Tieren assoziiert und andere Primaten in der Umgebung ziehen sich aus Angst vor Konflikten zurück.
Zum akustischen Ablauf erklärt De Boer, dass sich Wellen entlang der Stimmbänder zum Mund in einer zylindrischen Röhre ausbreiten. „Es ist eine lineare Bewegung der Welle von A nach B. Platziert man die Hand davor, bewegen sich die Wellen seitwärts, wie Wellen in einem Teich, es ist wie eine sich kreisförmig ausbreitende Welle, ganz anders als die Bewegung in einer Röhre. Zwischen dem Gesicht des Orang-Utans und der Hand bewegen sich die akustischen Wellen wie die Wellen in einem Teich, mathematisch ist das beinahe identisch. Es ist nicht bekannt, woher dieses Verhalten kommt, da Orang-Utans im Vergleich zu anderen Affenarten nicht sehr sozial agieren. Andererseits sind sie klug genug, erkannt zu haben, dass es einen Effekt hat und tun es weiter”, so De Boer.
Prinzipiell wäre der nächste Schritt, herauszufinden, wie das Verhalten erlernt wird. Von den Eltern? Von anderen Orang-Utans? Eine weitere Frage ist, ob sich Konkurrenten tatsächlich von tiefer klingenden Kussgeräuschen mehr beeindrucken lassen als von höher klingenden ohne die Hand. Laut De Boer ist beides schwer zu erforschen, aber zumindest die akustische Analyse zeige, dass es das wert ist.
Quelle: LiveScienceVideos