Man muss kein Lego-Fan sein, um sich von den lebensnahen Modellen des Künstlers Felix Jaensch faszinieren zu lassen. Uns haben natürlich vor allem seine realistischen Orang-Utan-Skulpturen begeistert – zumal wir wissen, wie schwierig es sich gestaltet, die ausdrucksstarken Gesichter natürlich abzubilden. So haben wir beim Künstler nachgefragt, wie er eigentlich auf den Orang-Utan kam und was ihn an den Tieren so inspiriert.
Herr Jaensch, Sie haben (fast) lebensgroße, sehr beeindruckende Modelle von Orang-Utans aus Lego gebaut. Wieso ausgerechnet von diesen Tieren?
Ich habe zwar schon viele verschiedene Tiere gebaut, aber ich finde Orang-Utans besonders interessant und sympathisch. Daher wollte ich unbedingt ein großes Modell von diesen Tieren bauen.
Und wieso nutzen sie ausgerechnet eckige Plastiksteine, um Ihre Skulpturen zu erstellen?
Die meisten kennen Lego vor allem aus ihrer Kindheit. Allerdings ist Lego auch ein sehr gutes (und benutzerfreundliches) Medium, um Plastiken zu erstellen. Es ist jedoch sehr herausfordernd, organische Formen mit eckigen Steinen zu schaffen. Mich reizt diese Herausforderung. Und mich fasziniert das ganzheitspsychologische Phänomen, das unser Gehirn, ungeachtet aller Ecken und Kanten, das Ergebnis zu einem sinnvollen organischen Bild zusammenfügt.
Was fasziniert Sie an Orang-Utans?
Mich faszinieren generell intelligente Tiere. Vom Kopffüßer bis zum Rabenvogel. Allerdings sind Orang-Utans eine außergewöhnliche Spezies. Selbst unter den Primaten. Insbesondere die technische Intelligenz ist ganz besonders ausgeprägt. Ihre Neugier und die Fähigkeit zur Antizipation sowie zur Problemlösung sind bemerkenswert. Allerdings mag ich Orang-Utans auch wegen ihres Sozialverhaltens. Natürlich ist das aggressive Potential bei Menschen und anderen Primaten manchmal ein evolutionärer Vorteil. Allerdings finde ich das Wesen des Orang-Utans sehr viel sympathischer.
Wie lange arbeiten Sie an einem so großen Modell? Und was sind die größten Herausforderungen?
Ich brauche Monate für ein großes Projekt. Die effektive Zeit kann ich nicht benennen.
Da ich kein Digitalprogramm benutze, ist die Form zunächst generell ein Problem. Man kann sagen, dass ich jedes Körperteil mindestens zweimal gebaut habe, bis ich zufrieden bin. Allerdings machen mir die Maße besonders zu schaffen. Ich versuche mittlerweile immer in Originalgröße zu bauen. Dafür braucht man relativ eindeutige Maßangaben. Diese sind jedoch schwer zu recherchieren und auch schwer umzusetzen. Meistens gibt es nur Angaben zur Kopf-Rumpflänge. Häufig nicht einmal das! Ich muss sehr viel abschätzen. Außerdem bin ich auf die Form und Größe der Steine zurückgeworfen. Da muss ich manchmal Kompromisse machen. Am Ende zählt der Gesamteindruck.
Was sind Ihre Vorlagen? Wie gehen Sie so ein Projekt an?
Wenn ich eine Idee für ein Modell habe, sammle ich Fotos aus Büchern und dem Internet. Ich suche verschiedene Quellen mit Größenangaben. Aber die sind, wie bereits gesagt, meistens unbefriedigend. Manchmal fertige ich auch einfache, lebensgroße Skizzen an, um die Proportionen einzuschätzen. Die endgültige Haltung und die Größe können aber während des Entstehungsprozesses leicht abweichen.
Wir haben gelesen, dass Sie Ihre Tier- und Menschmodelle mit dem Gesicht starten. Warum bauen Sie nicht von unten nach oben?
Von unten nach oben zu bauen macht natürlich Sinn, wenn man eine Anleitung hat. Aber ich stehe erst einmal vor dem „Nichts“ und muss einen Anfang finden. Also fange ich mit dem Wichtigsten an. Wenn das dann nicht funktioniert, brauche ich gar nicht erst weiterzumachen. Und das Gesicht, insbesondere die Augen, sind für uns Menschen nun mal am wichtigsten, um das Gegenüber als Lebewesen wahrzunehmen.
Der Rest wächst dann meistens von oben nach unten. Ich schätze dabei die Größe und die Proportion anhand der bereits gebauten Partien ab.
Von anderen Künstlern hören wir immer wieder, wie schwierig es ist, gerade einen Orang-Utan ausdrucksstark abzubilden. Können Sie davon auch ein Liedchen singen?
Ehrlich gesagt nicht. Wenn man sich mit der Spezies beschäftigt und genau hinsieht, gibt es eigentlich keinen Unterschied zu der Darstellung von anderer Primaten. Alle haben eine spezifische Physiognomie und eine typische Mimik. Allerdings sehe ich mir fast jeden Tag Bilder von Primaten und insbesondere Orang-Utans an. Vielleicht habe ich daher mehr Erfahrung.
Bauen Sie nur zum Spaß und Zeitvertreib oder haben Sie eine Intention?
Ich bin Künstler, daher ist das Bauen mit Legosteinen mittlerweile sehr viel mehr als ein Zeitvertreib. Meine Intention ist es hauptsächlich Werke zu schaffen, die die Menschen faszinieren und unterhalten. Wenn ich dabei das Interesse für Zoologie wecke oder stärke, finde ich das sehr gut. Wenn ich sie auf die Bedrohung von Orang-Utans aufmerksam machen sollte, umso besser! Aber ich möchte mit meiner Kunst nicht aufdringlich sein. Ich habe eine Abneigung gegen Kunst, die dem Publikum eine Aussage aufdrängt. Das finde ich mehr als anmaßend. Sogar respektlos, wenn sich der Künstler dabei für die handwerklichen Ausführung noch nicht einmal Mühe gibt und die Schöpfungshöhe allein in der Metaebene sieht.
Stellen Sie Ihre Modelle auch aus? Kann man sie irgendwo in natura bewundern?
Zurzeit nicht. Mal sehen, ob es vielleicht nächstes Jahr die Möglichkeit gibt.
Stehen Sie in Kontakt zum Lego-Konzern? Haben die Interesse, Ihre Modelle in Parks, Läden o. ä. auszustellen?
Ich bin freier Künstler und habe bisher keinen Kontakt zum Legokonzern.
Was sind Ihre nächsten Baupläne?
Ich habe noch einige unvollendete Projekte. Zum Beispiel einen Marabu, einen Kolkraben und mehrere Personen.
Bei so großen Modellen braucht man ja tausende von Steinen. Und sind sie fertig, nehmen sie viel Raum in der Wohnung ein. Wie muss man sich das bei Ihnen vorstellen? Begegnet man in Ihrer Wohnung überall Affen, Vögeln, Hunden und anderen Lego-Objekten? Oder nehmen Sie die Modelle nach einiger Zeit wieder auseinander?
Ich habe tatsächlich viele meiner Modelle hier in der Wohnung stehen. Teilweise erinnert es an Taxidermie. Wenn ich ein Modell vollendet habe, nehme ich es in der Regel nicht mehr auseinander.
Ich bin jedoch selten endgültig mit einem Modell zufrieden. Daher kann es sein, dass ich später noch kleine Veränderungen vornehme.
Noch mehr Modelle von Felix Jaensch können auf seiner Website und auf seinem Instagram-Profil bewundert werden.
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