Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht — und als Folge davon auch unsere Ernäh­rung, sauberes Wasser und der Sauer­stoff zum Atmen. Was tun, damit die biolo­gi­sche Viel­falt neu auflebt? Rewil­ding heißt ein neuer Trend: Wildnis wagen. Ob im eigenen Vorgarten oder in einer großen Region: Zur Arten­viel­falt trägt jedes noch so kleine Ökosystem bei.

Welt­weit sprießen Ideen aus dem Boden, wie Pflanzen, Tiere und Menschen mitein­ander leben können. Iwona Krepic und Jona­than Rauhut wollen die Wildnis nach Europa zurück­bringen. Die beiden leben im Grenz­ge­biet am Stet­tiner Haff — sie auf der polni­schen, er auf der deut­schen Seite — und enga­gieren sich für die Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tion „Rewil­ding Europe“. Die will keine Natur­schutz­ge­biete, in denen der Mensch nicht erwünscht ist. „Das ist das Entschei­dende: gemein­samen Platz schaffen und dafür sorgen, dass die Menschen und die Natur versöhnt werden“, sagt der Umwelt­schützer. Bei ihnen im Oder-Delta heißt das womög­lich: leben auch mit wilden Wisenten, die durch den Garten streifen. Jetzt gilt es, die Einhei­mi­schen von ihrer Vision zu über­zeugen. Im frän­ki­schen Aufkir­chen wagt Nicole Amslinger ein Expe­ri­ment. „Ich möchte nicht auf meiner Welt herum­tram­peln“, sagt sie. „Und deshalb ist ein Garten für mich ein ganz, ganz, ganz wich­tiges Projekt, um den Tieren ein Zuhause zu geben.“ Bei der Umge­stal­tung orien­tiert sie sich an den Ideen von Garten-Experte Markus Gastl. Ein wilder, viel­fäl­tiger Natur­garten soll es werden. Was braucht es, um ein Arten­pa­ra­dies zu schaffen? Die Kluft zwischen Mensch und Natur ist nirgendwo so deut­lich wie in einer Groß­stadt. München aber hat es geschafft, mitten im Zentrum ein gesundes Ökosystem wieder­her­zu­stellen: eine Isar, so wild wie ehedem. „Früher war das die Leiche eines Flusses, ein Kanal“, sagt Gewäs­ser­öko­loge Tobias Ruff. „Das kann keinem gefallen, der an Flüssen zu Hause ist und sich immer Natur­nähe wünscht.“ Die Rena­tu­rie­rung der Isar hat viel Zeit und Geld verschlungen, doch dafür hat die Stadt nun auch einen besseren Hoch­was­ser­schutz, ein Naherho­lungs­ge­biet in U‑Bahn-Nähe. Mitver­ur­sa­cher für den Verlust der Arten­viel­falt ist die Land­wirt­schaft. Der engli­sche Farmer Derek Gow möchte der Natur etwas zurück­geben. Deshalb zieht er Tiere heran, die in Groß­bri­tan­nien ausge­storben sind, um sie auszu­wil­dern — darunter Weiß­störche, Wild­katzen und Biber. „Dieses Tier ist eine große Hoff­nungs­ge­schichte“, sagt er. Mit ihm entwi­ckelt die Natur wieder ihre Fähig­keit, sich selbst zu heilen. Wir müssen diese Tiere zurück in die Land­schaft bringen.” Sein Taten­drang ist anste­ckend: Immer mehr Groß­grund­be­sitzer schließen sich ihm an und lassen Teile ihres Landes verwil­dern — inklu­sive Biber. Wo sie sind, finden bald auch andere Arten einen Lebensraum.