Nörd­lich des Polar­kreises ist die Sonne im Winter für lange Zeit unter dem Hori­zont verschwunden. Fins­ternis, eisige Tempe­ra­turen und stür­mi­sche Winde beherr­schen das Land. In dieser extremen Welt der Dunkel­heit und Kälte kommt die Natur jedoch erstaun­lich gut zurecht. Pflanzen verän­dern ihren Stoff­wechsel oder verste­cken sich unter der Schnee­decke, um nicht zu erfrieren. Manche Tiere blühen richtig auf, wie der Eisbär, andere halten Winter­ruhe, wie die Braun­bären, oder wandern zu Tausenden zu ihren Winter­weiden, wie die Rentiere.

Rentier­augen verän­dern sich, so dass sie selbst im Dämmer­licht gut sehen können. Erstaun­liche Anpas­sungen des Blut­kreis­laufs und ein dichtes Winter­fell schützen die Tiere selbst bei minus 40 Grad Celsius vor dem Erfrieren. Das gilt auch für Moschus­ochsen und Elche. Die Pflan­zen­fresser besitzen zudem ein beson­deres Verdau­ungs­system, das ihnen hilft, auch mit magerer Kost durch den Winter zu kommen. Trotz bester Anpas­sung schaffen es aber nicht alle über den lebens­feind­li­chen Winter. Der Tod des Einen sichert das Über­leben des Anderen. Für Raben, Adler, Viel­fraß und Wölfe ist ein Kadaver ein Fest­mahl. Während das Landes­in­nere in Kälte und Schnee erstarrt, ist es an der Küste erstaun­lich mild. Der Golf­strom hält vor Norwegen auch im Winter das Meer eisfrei – ein nahrungs­rei­ches Refu­gium für Seevögel und Jagd­ge­biet für Schwert­wale. Die Polar­nacht bringt nicht nur Fins­ternis, Kälte und Gefahr – die Schön­heit der Schnee­land­schaften kommt im langen, farben­präch­tigen Dämmer­licht voll zur Geltung. Wenn in dunkeln Nächten tanzende Nord­lichter den Himmel erhellen, entfaltet die Polar­nacht ihren ganz eigenen Zauber.