Die indonesische Regierung verkündete kürzlich, dass die Entwaldungsrate des Landes bereits im dritten Jahr in Folge gesunken ist und 2021–2022 ein historisches Tief erreicht hat. Doch trotz dieses scheinbar positiven Trends wird die Diskussion darüber, wie Indonesien den Verlust von Wäldern definiert, seit langem von Kontroversen begleitet.
Daten des indonesischen Ministeriums für Umwelt und Forstwirtschaft zeigen: Indonesien, welches die drittgrößten Regenwälder weltweit beherbergt, hat in der Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2022 insgesamt 104.000 Hektar Wald verloren — eine Fläche von zwei Dritteln der Größe Londons.
Dies markiert einen Rückgang von 8,4 % gegenüber den 113.500 Hektar, die im Zeitraum 2020–2021 abgeholzt wurden. Es bedeutet auch den dritten Rückgang in Folge bei der indonesischen Entwaldungsrate und die niedrigste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen durch das Forstministerium im Jahr 1990.
Die Regierung begründet den Rückgang der Entwaldungsraten mit zahlreichen Maßnahmen, darunter das Verbot der Abholzung in Torfmoorgebieten oder in Primärwäldern, sowie eine strengere Strafverfolgung von illegalen Holzfällern.
Den neuesten Zahlen des Ministeriums zufolge verfügt Indonesien immer noch über 96 Millionen Hektar natürlichen Waldes, was 51,2 % der Landfläche des Landes entspricht. Das ist mehr als die doppelte Größe Kaliforniens und rangiert weltweit nur hinter Brasilien und der Demokratischen Republik Kongo.
Dennoch bleibt die Definition von Entwaldung umstritten
Doch der indonesische Staat bezieht sich auf andere Zahlen als viele zivilgesellschaftliche Organisationen. Ein Beispiel sind die neuesten Daten zum Verlust der Baumbedeckung der University of Maryland (UMD), verfügbar auf der Plattform Global Forest Watch (GFW) des World Resources Institute (WRI). Die UMD/GFW-Daten bestätigen zwar, dass in Indonesien in der Zeit von 2020 bis 2022 64 % weniger Primärwald gerodet wurde als im Durchschnitt zwischen 2015 bis 2017. Das bedeutet, dass in Indonesien der Verlust an Primärwald stärker gesunken ist als in jedem anderen Land. Allerdings zeigen die UMD/GFW-Daten auch, dass im Jahr 2022 erneut ein leichter Anstieg der Entwaldungsrate im Primärwald verzeichnet wurde. Während 202.900 Hektar Primärwald im Jahr 2021 abgeholzt wurden, waren es im Jahr 2022 230.000 Hektar – eine Steigerung von ca. 27.000 Hektar. Dies ist der erste Anstieg seit 2017.
Wie wird Primärwald definiert?
Die unterschiedlichen Zahlen resultieren aus verschiedenen Definitionen von Primärwald und von Entwaldung. UGM und GFW schließen sowohl intakte als auch nicht intakte Primärwälder ein, da letztere, laut GFW, eine wichtige Rolle bei der Speicherung von Kohlenstoff und der Bereitstellung wichtiger Ökosystemleistungen spielen, selbst wenn sie etwas fragmentiert sind. Die indonesische Regierung hingegen bezieht sich bei der Identifizierung von Primärwäldern nur auf intakte natürliche Wälder. Wälder, die durch Holzeinschlag oder andere menschliche Aktivitäten degradiert wurden, werden von der Regierung als Sekundärwälder eingestuft.
Das bedeutet, dass die Zahlen von UGM und GFW zum Verlust von Primärwäldern in Indonesien immer höher sein werden als die offiziellen Zahlen der indonesischen Regierung. Letztere sprachen für den Zeitraum von 2021 bis 2022 von einem Verlust an Primärwald. Ein Großteil des Primärwaldverlusts in Indonesien findet, laut UGM/GFW-Analyse, innerhalb von Gebieten statt, die Indonesien als Sekundärwald und andere Landnutzungsformen klassifiziert (darunter z.B. Plantagen oder Sträucher).
Auch Baumbedeckung wird unterschiedlich berechnet
Es gibt auch Unterschiede in der Art und Weise, wie UMD/GFW den Verlust der Baumbedeckung misst, im Vergleich zur indonesischen Regierung. Für UMD/GFW ist Entwaldung die vollständige Entfernung des Baumkronendaches auf einer Fläche von 30 mal 30 Metern. Im Gegensatz dazu definiert die indonesische Regierung Entwaldung als Verlust von Waldflächen, welche durch visuelle Interpretation von Satellitenbildern mit einer viel gröberen Auflösung von 250 mal 250 Metern identifiziert werden. Das bedeutet, dass einige durch die UGM/GFW-Analyse erfassten Abholzungsflächen nicht in der indonesischen Statistik berücksichtigt werden.
Illegale Abholzung noch nicht gestoppt
Trotz der erfreulichen Zahlen und positiven Tendenzen besteht in Indonesien weiterhin die Herausforderung der illegalen Entwaldung. Allein im Jahr 2022 wurden im Torfmoorgebiet Mawas 199 Fälle von illegalem Holzeinschlag festgestellt, wie BOS berichtete.
Klar ist, es müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die illegale Abholzung zu bekämpfen. Die Schließung illegal operierender Sägewerke in Mawas wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Es ist entscheidend, dass Indonesien seine Anstrengungen zum Erhalt seiner wertvollen Wälder fortsetzt und weiterhin transparente Daten bereitstellt, um die Diskussion über den Waldschutz voranzutreiben. Nur durch umfassende und genaue Informationen können wir wirklich verstehen, wie wir die Zerstörung der Wälder aufhalten und die Artenvielfalt und das Ökosystem Wald für zukünftige Generationen bewahren können.