Wir berichten sehr gern von Rettungsaktionen und erfolgreichen Auswilderungen. Oftmals ist uns gar nicht bewusst, wie viel Planung und Vorbereitung so eine Auswilderung erfordert. Nach jeder Auswilderung werden die Orang-Utans von uns beobachtet. Ich bin dafür verantwortlich, dass diese Beobachtungen gut geplant und organisiert werden. Des Weiteren wähle ich die Kandidaten für die Auswilderungen aus. Ich muss auch einschätzen, welche Orang-Utans bereit für die Freiheit sind. Dafür müssen bestimmte Kriterien erfüllt werden. Doch dazu später mehr.
Ich habe das große Glück, mit drei engagierten Orang-Utan-Kennern zusammen zu arbeiten. Eine von ihnen ist Dr. Sri Suci Utami Atmoko, Primatologin und Orang-Utan-Expertin. Wir lernten uns an der Universität in Jakarta kennen, als sie meine Dozentin war. Neben ihr unterstützt mich Christian Nicholas Pranoto. Er sorgt für das Wohlergehen der Tiere in Samboja Lestari. Der dritte im Bunde ist Misdi. Er gehört zu den Wissenschaftlern, die im Mawas-Gebiet die Orang-Utans erforschen.
Die Vorbereitungen für die nächste Auswilderung sind bereits im vollen Gange. Dazu besprechen wir uns im Team und diskutieren, wie die nächste Auswilderung am besten ablaufen soll.
Orang-Utans, die ausgewildert werden sollen, müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Unerlässlich für eine erfolgreiche Auswilderung ist ihr gesundheitlicher Zustand. Jeder von ihnen sollte die Waldschule erfolgreich abgeschlossen haben und einige Zeit auf einer Vor-Auswilderungsinsel verbracht haben. Dort zeigt sich meist, ob ein Orang-Utan unabhängig geworden ist. Diese Unabhängigkeit wird deutlich, wenn sie nichts mehr mit uns Menschen zu tun haben möchten. Wenn sie dieses Verhalten zeigen, ist das eine gute Grundvoraussetzung. Momentan gibt es fünf Orang-Utans, die den Eindruck machen, bereit zu sein.
Wenn wir uns für bestimmte Orang-Utans entschieden haben, folgt als Nächstes die Auswahl von genauen Auswilderungsorten im Wald von Kehje Sewen. Diese Orte werden von mir dann überprüft. In der Nähe des alten Mugitriman-Camps scheint zum Beispiel ein geeigneter Ort zu sein. Der zweite Auswilderungspunkt wird ein Transsekt sein, ein von Wissenschaftlern untersuchtes Gebiet. Entlang einer markierten geraden Linie wurden in diesem Gebiet Daten zu Pflanzen und Tieren aufgenommen.
Am ersten Tag unserer Begutachtungs-Tour nehmen wir uns das Gebiet um das Mugitriman-Camp vor. Dieses Gebiet ist nur drei Kilometer von einem Ort entfernt, ab dem wir im Mai schon einmal ausgewildert haben. Das Team, welches die damals ausgewilderten Orang-Utans anschließend beobachtet hat, sagte uns, dass diese Orang-Utans sich schon recht weit von diesem Punkt entfernt haben. Somit könnte man den Ort nochmal verwenden.
Auf dem Weg dahin kommen wir an einer eingestürzten Brücke vorbei. Damit haben wir nicht gerechnet. Da die Käfige mit dem Auto transportiert werden, ist diese defekte Brücke ein echtes Hindernis. Der Weg über den Fluss ohne diese Brücke ist aber leider zu riskant. Es würde bedeuten, dass die Transportkäfige vom Auto herunter geholt und getragen werden müssten. So ein Käfig kann allerdings locker 100 Kilogramm wiegen. Dieses Gewicht über einen schmalen Baumstamm zu tragen, der überquert werden muss, um ans andere Ufer zu gelangen, erscheint uns zu waghalsig.
Nach dem wir diese eher unangenehme Überraschung verarbeitet haben, machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg zum zweiten möglichen Auswilderungspunkt.
Unser Beobachtungsteam fand diesen Auswilderungsort 2015, als sie an einen anderen Punkt gelangen wollten. Er ist glücklicherweise gut mit dem Auto zu erreichen. Lediglich kleine Arbeiten sind erforderlich, um den Weg frei zu machen. Hier wird definitiv die nächste Auswilderung stattfinden.
2016 feiert BOS Deutschland sein 15-jähriges Jubiläum. Das sind 15 Jahre erfolgreicher Einsatz für den Erhalt der Orang-Utans und ihrer Habitate! Noch so viele Orang-Utans warten auf den Tag ihrer Auswilderung. Schenken Sie Freiheit! Helfen Sie uns dabei, diese wunderbaren Tiere auf die Reise zu schicken.
Quelle: BOSF