Diese Orang-Utans berühren die Herzen hunderttausender Menschen weltweit. In der Sendung ORANGUTAN JUNGLE SCHOOL können Sie unsere Waldschüler im Schutzzentrum von Nyaru Menteng auf ganz besondere Weise kennenlernen und sie durch ihren Alltag begleiten. Und dabei sind es vor allem die ganz individuellen Persönlichkeiten der Tiere, die zum Staunen, Lachen und Weinen einladen. In unserer Portraitreihe möchten wir Ihnen einige unserer tierischen TV-Stars noch einmal vorstellen.
Am Schicksal von Mutter Dilla und Tochter Delilah zeigt sich die ganze tragische Bandbreite unserer Arbeit. Es sind Geschichten wie diese, die deutlich machen, welch fatale Folgen die Jagd auf Orang-Utans, ihre Gefangenschaft und die Zerstörung ihres Lebensraums haben.
Über vier Jahre lang musste Dilla als kleines Orang-Utan-Baby in privater Gefangenschaft durchhalten, bevor wir zu ihrer Rettung gerufen wurden. Das ist eine überdurchschnittlich lange Zeit, im Vergleich zu vielen anderen unserer Schützlinge. So war das Mädchen fast schon fünf Jahre alt, als sie endlich erlöst werden und zu uns in Sicherheit gebracht werden konnte.
Doch die jahrelange Gefangenschaft hatte bereits Schlimmes angerichtet. Durch die mangelhafte, nicht artgerechte Ernährung war sie an Grauem Star erkrankt und auf einem Auge erblindet. Noch schwerwiegender schien jedoch ihre Psyche verletzt. Zwar zeigte Dilla im Waldschulunterricht Neugier und Freude, doch immer wieder fiel auf, dass sie nach Lernerfolgen Rückschritte machte. Sie konnte sich die Lektionen einfach nicht so richtig merken – Lektionen, die doch so wichtig für ihr Überleben im Regenwald sein würden.
Dann wurde Dilla schwanger. Die Neuigkeit war für uns beglückend und besorgniserregend zugleich. Zum einen ist jedes Orang-Utan-Baby ein Hoffnungsträger – auch wenn es nicht in Freiheit geboren wird. Unser großer Wunsch war, dass auch dieser kleine Schützling eines Tages mit seiner Mutter nach Hause in den Regenwald zurückkehren und die wildlebende Population stärken könnte.
Zum anderen bereitete uns jedoch Dillas Labilität und ihr junges Alter große Sorgen. Würde sie in der Lage sein, sich gut um ihr Kind zu kümmern? Als der Geburtstermin immer näher rückte, harrten wir rund um die Uhr an ihrer Seite aus, bis es soweit war: In tiefer Nacht und unter großen Komplikationen erblickte ein winzig kleines, gesundes Baby das Licht dieser Welt. Delilah war geboren. Doch Dilla kam nicht zurecht. Sie schien vollkommen überfordert. Sie schaffte es nicht, die Kleine anzunehmen. Sie ließ ihr Baby nicht an der Brust saugen und verwehrte dem winzigen Mädchen die Muttermilch, die es so dringend brauchte.
Wir waren am Boden zerstört, gaben aber nicht auf. Noch immer wird uns das Herz schwer, wenn wir daran zurückdenken, wie Delilah nach ihrer Mama schrie. Unsere Babysitter kümmerten sich aufopferungsvoll – gaben ihr die Geborgenheit und Liebe, die ihr die eigene Mutter nicht geben konnte. Und wir gaben nicht auf. Gleichzeitig versuchten wir mehrmals Dilla und Delilah zusammenzuführen. Wir gaben alles, um Dillas Mutterinstinkte zu wecken. Doch es wollte einfach nicht gelingen. Schlimmer noch: Die junge Mama wurde sogar gewalttätig, so dass es gefährlich für ihre so verletzliche Tochter wurde. Wir mussten eine schwere Entscheidung treffen: Delilah wurde das jüngste Waisenkind unserer Geschichte.
Nachdem wir die Hoffnung, Mutter und Baby zusammen zu bringen, aufgeben mussten, nahm Dilla ihre Ausbildung zum wilden Orang-Utan wieder auf. Sie besuchte weiter die Waldschule und erhielt später sogar die Möglichkeit, sich auf einer Vorauswilderungsinsel für die Freiheit zu beweisen. Doch auch hier schien Dilla überfordert. Zwar erwies sie sich als gute Kletterin, doch gerade die Futtersuche bereitete uns große Sorgen. Denn das Weibchen versuchte erst gar nicht, selbst Nahrung zu finden. Sie verließ sich einzig und allein auf die ergänzenden Fütterungen.
Erschwerend kam hinzu, dass Dilla auch nicht sehr durchsetzungsfähig war. Die Konkurrenz auf den Fütterungsplattformen hingegen war natürlich groß. Das Weibchen schaffte es nicht, sich zu behaupten und verlor in Folge sehr schnell sehr viel an Gewicht. Als ihr Gesundheitszustand immer bedrohlicher wurde, mussten wir Dilla wieder zurück ins Schutzzentrum bringen.
Hier konnte sie sich erst einmal erholen und wieder zu Kräften kommen. Doch für uns war klar: Dilla war nicht in der Lage selbstständig in Freiheit leben zu können und würde es mit großer Wahrscheinlichkeit auch niemals sein. So trafen wir die Entscheidung, Dilla nicht auszuwildern, sondern ihr Anfang 2021 ein neues Zuhause auf einer unserer Schutzinseln für nicht auswilderbare Orang-Utans zu schenken.
Manche Orang-Utans überstehen die langen Qualen, ehe wir sie retten, ohne innerlich kaputt zu gehen. Andere Orang-Utans zerbrechen. Dilla wurde unwiederbringlich gebrochen. Sie hat es nicht geschafft, sich von dem schweren Trauma ihrer Gefangenschaft zu erholen – auch wenn wir alles gegeben haben. Umso glücklicher sind wir nun, dass sie sich auf einer Schutzinsel dauerhaft durchs Geäst hangeln und das Gras unter ihren Füßen spüren kann. Hier lässt sie sich den lieben langen Tag, im wahrsten Sinne des Wortes, die Sonne auf den Pelz scheinen lassen. Und wir können weiter ein Auge auf sie haben, für sie sorgen und sicherstellen, dass es ihr an nichts fehlt.
Und wer weiß, vielleicht ist es genau das, was Dilla braucht: Mehr Zeit und weniger Konkurrenz. Wir geben keinen Orang-Utan jemals auf und so hegen wir auch bei diesem Weibchen die Hoffnung. Hoffnung, dass sie sich doch noch weiterentwickelt. Hoffnung, dass sie ihr Trauma überwindet und lernt, ein freier und unabhängiger Orang-Utan zu werden. Und wenn es soweit ist, dann sind wir bereit, um sie nach Hause zurückzubringen.
Und Delilah? Sie ist inzwischen sechs Jahre alt und eine aufgeweckte kleine Waldschülerin. Vor allem ist sie eine echte Klettermeisterin!
Als aktiver, jugendlicher Orang-Utan macht Delilah auch gerne mal Unfug. Zum Beispiel wenn sie mit dem Essen spielt. Dann wirft sie die Früchte, die ihr angeboten werden, so lange herum, bis sie eine Frucht bekommt, die ihr besser schmeckt. Das Ergebnis ist, dass wir oft viel verstreutes Futter auf dem Waldboden unter ihr sehen. Sehr beliebt bei den Waldschülern ist die Rolle des schleichenden Diebes. Auch Delilah beherrscht sie sehr gut. Dabei schleicht sie sich vorsichtig an die Futterkörbe heran, um ihre Lieblingsfrüchte Bananen oder Wassermelonen zu klauen, die sie dann mit großem Genuss verspeist.
In jedem Fall ist Delilah nichts von ihrem schweren Start ins Leben anzumerken. Sie wurde von Anfang an mit der Liebe und Fürsorge unserer Babysitter überschüttet und kennt nichts anderes als das Leben im Schutzzentrum. Für Delilah ist das Leben auf der Rettungsstation normal. Doch eines Tages – und da sind wir uns absolut sicher – wird sie das Leben führen können, das ihrer Mutter in so früher Kindheit genommen wurde. Eines Tages wird sie in ihre wahre Heimat, den Regenwald, zurückkehren.
Möchten Sie einen unserer Waldschüler auf seinem Ausbildungsweg begleiten und ihm dabei Stück für Stück sein Leben in Freiheit zurückgeben? Dann werden Sie Pate!