Orang-Utans sind hochintelligente Waldbewohner mit einem phänomenalen Gedächtnis und der Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen und zu verwenden. Das Verhalten dieses imposanten Männchens überraschte unser Team jedoch.
Camp Nles Mamse am frühen Morgen. Der Himmel hängt tief und düster über dem Regenwald, die Sonne steigt gerade erst über den Horizont, als unser Post-Release Monitoring Team vor die Türe tritt. Doch mit einem Schlag sind die Männer hellwach, denn sie haben etwas Außergewöhnliches entdeckt. Etwas, das eigentlich gar nicht sein kann. Oder doch?
Am Rand der Lichtung, auf der das Camp erbaut wurde, steht ein altes, ausgemustertes Auto. Es fährt schon lange nicht mehr und das tropisch-feuchte Klima, Sonne und Regenschauer nagen an seiner Karosserie. Und aus eben diesem Auto reckt ein Orang-Utan seinen Kopf. Einen beeindruckenden Kopf mit breiten Backenwülsten. Es ist ein ausgewachsenes Männchen, den das ungewohnte Etwas in seinem Wald offenbar neugierig gemacht hat.
Vorsichtig näherten sich einige Teammitglieder dem Auto, um den Orang-Utan darin besser erkennen zu können. Dieser kletterte daraufhin aus dem Fahrzeug heraus, wobei er seinen Körper geschickt durch das geöffnete Fenster manövrierte.

Nun konnte unser Team das Orang-Utan-Männchen sehr gut sehen und identifizierte ihn als Agus. Bereits 2013 wurde er im Kehje Sewen Wald ausgewildert, nachdem er zehn Jahre lang erfolgreich die Waldschule und ‑universität durchlaufen hatte. Seine Backenwülste markieren Agus als dominantes Männchen.
Agus wurde von unserem PRM-Team zuletzt Ende 2022 gesichtet, als das dominante Männchen umgesiedelt wurde. So war das Wiedersehen eine besondere Überraschung. Fasziniert beobachteten unsere Ranger, wie der Orang-Utan das Auto einer gründlichen Inspektion unterzog. Denn die Waldmenschen sind außerordentlich neugierig und lernbegierig.
Allerdings hielt das Fahrzeug offenbar nichts bereit, was für Agus interessant gewesen wäre, und so saß er schließlich nur noch einen Moment auf dem Beifahrersitz und schaute durch die Windschutzscheibe in Richtung unseres Teams. Dabei verhielt er sich weder aggressiv unseren Rangern gegenüber noch beschädigte er das Fahrzeug. Es war eher ein Moment des Innehaltens, ehe Agus das Auto verließ und im Wald verschwand. Gerade rechtzeitig, um oben in den Baumwipfeln die ersten Sonnenstrahlen und ein frisch gepflücktes Frühstück zu genießen. Das hatte der unerschrockene Forscher sich nach dem aufregenden Start in den Tag auch wirklich verdient!
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