Palmöl – heutzutage kommen wir kaum um diesen Alleskönner herum. Ganz gleich, ob im Supermarkt, in der Drogerie oder an der Tankstelle. In fast jedem Bereich unseres Lebens werden wir damit konfrontiert. Dabei ist Palmöl alles andere als unumstritten.
Es erleichtert unser Leben, zerstört aber gleichermaßen unsere Umwelt. Durch den Export des vielseitig einsetzbaren Öls boomt die Wirtschaft der exportierenden Länder. Auf der anderen Seite wird für die Schaffung von Palmölplantagen weltweit Regenwald in der Größe von 20 Fußballfeldern zerstört. Pro Minute!
Weltweit werden pro Jahr 60 Millionen Tonnen Palmöl verbraucht. Davon produzierte Indonesien im Jahr 2016 33 Millionen Tonnen Palmöl. 2007/08 waren es noch 17 Millionen Tonnen. Insgesamt steigerte sich die Palmöl-Produktion in dem Land seit 2002 um 66%. Grund hierfür ist unter anderem der Umstand, dass Palmöl heutzutage in jedem zweiten Supermarktprodukt zu finden ist. Palmöl boomt seit den neunziger Jahren und ersetzt seitdem viele herkömmliche Fette. Besonders Indonesien und Malaysia stützen seitdem ihre wirtschaftliche Entwicklung in hohem Maße auf Palmöl.
Der Weltverbrauchertag am 15. März ist ein guter Anlass, sich etwas genauer mit dem Phänomen Palmöl zu beschäftigen.
Palmöl und seine Herkunft
Wie der Name schon sagt, ist Palmöl das Öl der Ölpalme Elaeis guineensis. Ursprünglich kommt diese Pflanze aus Afrika, hat aber in der Vergangenheit den Sprung über die Grenzen des Kontinents hinaus geschafft. 1443 kam sie erstmals nach Europa, 1848 nach Asien. Seit 1911 wird sie in Indonesien auf Großplantagen industriell angepflanzt. Die Ölpalme wächst durchschnittlich einen halben Meter pro Jahr und kann eine Höhe von 30 Metern erreichen. Ihre Fruchtstände können ganzjährig geerntet werden und pro Stück bis zu 50 Kilogramm wiegen. Die einzelnen Früchte bestehen aus Fruchtfleisch, dem Mesokarp, und einem Kern, der von einer harten Schale umgeben ist. Das unbehandelte Öl, welches aus dem Fruchtfleisch gewonnen wird, nennt sich Crude Palm Oil (CPO) und wird hauptsächlich in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Nach einer Umesterung kann das CPO auch als Biodiesel eingesetzt werden. Das Öl aus den Kernen ist das Crude Palm Kernel Oil (CPKO), welches zu einem großen Teil in der Kosmetikindustrie eingesetzt wird.
Indonesien, der Hauptlieferant von Palmöl, produziert durchschnittlich 3,7 Tonnen CPO pro Hektar, pro Jahr. Dies ist jedoch ein Durschnittwert, der stark variiert. Während Großproduzenten Geld in Forschung und gute Palm-Samen stecken können um die Produktivität auf sechs bis sieben Tonnen CPO pro Hektar zu steigern, müssen Kleinbauern, die 40% der bestehenden Plantagen in Indonesien bewirtschaften, oft auf dies verzichten. Ohne das richtige Know How bringt die durchschnittliche Produktivität der Kleinbauern es gerade mal auf zwei Tonnen CPO pro Hektar. Also nur ein Drittel von dem der Großproduzenten.
Die Produktivität einer Ölpalme nimmt mit den Jahren zu und ab einem Alter von ca. 25 Jahren wieder ab. Diese Jahresmarke stellt auch gleichzeitig oft das maximale Alter einer Plantage dar. Es gilt als lohnenswerter, neue Palmen zu pflanzen, als die älteren weiterhin zu ernten. Zumindest für die Großproduzenten, denn diese können mit ihren finanziellen Möglichkeiten auch schon ältere Keimlinge erwerben, die entsprechend weniger Zeit brauchen, um das erste Mal geerntet zu werden. Zudem wird es, ab einer Höhe von knapp 13 Metern, für die Erntemitarbeiter sehr schwer die Fruchtstände zu erreichen. Die ersten Replanting-Plantagen, also Plantagen zweiter Generation, sind schon entstanden.
Es ist noch ungewiss, wie lange der Boden, der die Plantage nährt, diese hohe Belastung tragen kann. Schon jetzt werden Unmengen an Düngemittel eingesetzt, um dem Nährstoffbedarf der Palmen nachzukommen. Großproduzenten nutzen ca. sechs bis sieben Kilogramm pro Baum im Jahr und Kleinbauern rund die Hälfte. Bei landwirtschaftlicher Best Practise könnte, so wird angenommen, der Boden allerdings wenigstens 100 Jahre genutzt werden und somit insgesamt die Anbauflächen entlasten. Best Practise bedeutet insbesondere schonende Bodenbearbeitung, Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch den Anbau stickstoffbindender Pflanzen und sorgfältige Wiedereinarbeitung der Ernterückstände. Pestizide und Kunstdünger kommen nur sehr gezielt oder gar nicht Einsatz.
Warum ist Palmöl ein Problem?
Die für unser weltweites Klima und die biologische Vielfalt so unschätzbar wertvollen Regenwaldflächen werden massiv und ohne Rücksicht auf die Umwelt in Plantagen umgewandelt, oft auch unter Missachtung geltenden Rechts. Seit Beginn ist die Palmölproduktion zudem auch mit massiven Menschenrechtsverletzungen – illegale Enteignungen, gewaltsame Vertreibungen, miserable Arbeitsbedingungen etc. – belastet.
Das bei der Rodung anfallende Holz wird oft als Startkapital für die Plantage genutzt. Zudem wächst die Ölpalme genau dort, wo auch Regenwälder vorkommen – sie ist für die subtropische Klimazone also scheinbar hochgeeignet, zumal sie von allen Ölpflanzen die höchste Produktivität aufweist.
Neben dem großen Regenwaldschwund und seinem Verlust an biologischer Vielfalt sowie der vorher angesprochenen Bodenbelastung ergeben sich weitere Probleme. Für Plantagen wurden gerade auch Torfmoorböden mittels Kanälen großflächig drainiert, die global mit die wichtigsten Kohlenstoff-Speicher darstellen. Bei der Trockenlegung wird das vorher unter Luftabschluss kaum zersetzte abgestorbene Pflanzenmaterial durch Mikroorganismen abgebaut, was zu gewaltigen Emissionen des klimarelevanten Gases Kohlenstoffdioxid (CO2) führt.
Zudem entsteht bei der Palmölproduktion in den Mühlen ein Abfallprodukt (POME = Palm Oil Mill Effluent), bei dem nochmals große Mengen Methan in die Atmosphäre entweichen. Methan bewirkt einen noch größeren Treibhauseffekt als die gleiche Menge CO2. So wurde bei einer CPO-Produktion von 31,5 Millionen Tonnen im Jahr 2016 die Menge von 161,6 x 106 Kubikmeter Methan produziert. Hier gibt es allerdings bereits vielversprechende Ansätze, dieses Methan aufzufangen und als Energielieferant in Form von Biogas wieder zu verwerten.
Durch die Entwaldung, die Waldbrände und die Walddegradierung in der Vergangenheit entwickelte sich Indonesien zu einem der weltweit größten Treibhausgasproduzenten. Nach China und den USA nimmt das Land den unrühmlichen Patz drei auf der Liste der Umweltsünder ein.
Auf dieser Liste könnten sich in naher Zukunft auch einige Länder aus Afrika und Süd-Amerika einreihen, denn auch dort befinden sich noch große Regenwaldgebiete, auf die Großproduzenten schon ein Auge geworfen haben.
Gibt es bereits Ansätze zur Verbesserung?
Auch in Indonesien hat man mittlerweile erkennen müssen, dass die ungebremste Produktion von Palmöl nicht die Lösung aller wirtschaftlichen Probleme ist. So unterzeichnete die indonesische Regierung 2011 ein Moratorium, das unter anderem festlegt, Primärwälder und Torfmoorböden bis auf weiteres nicht in Plantagen umzuwandeln. Dieses Moratorium besteht, nach einigen Verlängerungen, noch bis heute. Jedoch sind auch hier deutliche Verbesserungen notwendig, da zum Beispiel wertvolle Sekundärwälder bisher nicht mit einbegriffen sind.
Seit in der EU die Forderung nach Palmöl aus nachhaltiger Produktion immer lauter zu vernehmen war, wurde der Round Table for Sustainable Palm Oil (RSPO) gegründet. Er stellt Mindestanforderungen auf, die bei der Herstellung von Palmöl eigehalten werden sollen, um es nachhaltiger zu gestalten. Im Gegenzug erhält das nach diesen Regelungen hergestellte Palmöl ein Zertifikat, das anzeigt, dass das aus nachhaltiger Produktion stammt. Problematisch dabei ist die Überprüfung und tatsächliche Durchsetzung der definierten Standards, so dass der RSPO von vielen Seiten als Greenwashing der Palmölindustrie angesehen wird. Nicht zuletzt deshalb haben sich einige NGOs und Firmen zur Organisation Palm Oil Innovation Group – POIG zusammengeschlossen (poig.org).
Noch schwächere Anforderungen haben die jeweils inländischen Zertifikatsysteme (ISPO = Indonesian Sustainable Palm Oil, MSPO = Malaysian Sustainable Palm Oil), deren Umsetzung mittlerweile verpflichtend für Großproduzenten und noch freiwillig für Kleinbauern sind.
Was bringt uns die Zukunft?
Bis 2020 hat Indonesien sich das Ziel gesetzt, die 32 Millionen Tonnen Palmöl pro Jahr, die das Land zur Zeit produziert, auf 40 Millionen Tonnen CPO jährlich zu steigern. Laut Regierung soll das nicht durch die Erweiterung von Plantagen erreicht werden, sondern durch die Steigerung der Produktivität der Kleinbauern. Hier will die indonesische Regierung unterstützen, indem sie beispielsweise die Preise für gutes Saatgut für Kleinbauern heruntersetzt. Ein guter Samen kostet derzeit rund zwei Dollar pro Stück. Auf einen Hektar Land werden etwa 130 bis 150 Palmen gepflanzt. Für Kleinbauern also eine Menge Geld, wenn man einbezieht, dass die ersten Fruchtstände erst nach drei bis fünf Jahren wachsen.
Schnell wird klar, dass diese Debatte erstmal kein Ende findet. Dennoch wird auf Hochtouren nach Alternativen geforscht, um der Nachfrage nach Palmöl ein wenig entgegen zu wirken.
Können andere Pflanzenöle eine Alternative darstellen?
Beim Wort Pflanzenöl kommen uns als Verbraucher mehrere Möglichkeiten in den Sinn. Manch einer denkt an Rapsöl, ein anderer an Sojaöl und wieder andere an Kokos- oder Sonnenblumenöl. Wären das keine Alternativen? Der große Vorteil von Palmöl gegenüber seinen „Konkurrenten“ ist die vergleichsweise hohe Produktivität auf kleinem Raum. So können 3,7 Tonnen Öl aus einem Hektar Land pro Jahr entstehen. Im Vergleich dazu produziert ein Hektar Raps nur 1,3 Tonnen Öl. Die Produktivität der Sonnenblumen liegt bei 0,9 Tonnen Öl, die der Kokospalme bei 0,8 und die Sojabohne 0,5 Tonnen Öl pro Jahr und Hektar.
Solche Werte verdeutlichen, dass ein Umschwenken auf andere Pflanzenöle keine automatische Besserung bringt. Zumal im Falle von Soja dieselben Anbaugebiete betroffen sind, wie die für die Ölpalme. Durch den enormen Produktivitätsvorteil ist Palmöl im Handel auch ungeschlagener Preissieger. Ein anderer Unterschied zwischen den Pflanzenölen ist die chemische Zusammensetzung. Während Kokosöl bei 20–23°C seinen Aggregatzustand ändert, verliert das Palmöl erst bei 30–40°C seine Cremigkeit. Dieser Umstand macht, neben den Niedrigpreisen, das Palmöl speziell für die Lebensmittelindustrie besonders interessant.
Es bedarf also anderer Alternativen.
Alternativen zum Palmöl: die aktuelle Forschung:
Seit Jahren suchen Wissenschaftler nach einer Alternativlösung für das Palmöl. Die Anforderungen an das Alternativöl sind dabei sehr hoch. Es muss in großen Mengen produzierbar sein, dazu günstig in der Herstellung und damit auch preiswert im Erwerb. Zusätzlich sollte eine gewisse chemische Zusammensetzung vorhanden sein, um beispielsweise mit der Viskosität des Palmöls in Lebensmitteln konkurrieren zu können. Weiterhin sollten durch die Produktion des neuen Öls keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt entstehen. Es muss also nachhaltig produziert werden können. Und, im Idealfall, könnte ein neues, alternatives Öl auch als Energielieferant genutzt werden. Keine leichte Aufgabe für die Wissenschaft.
Alternativmodelle wurden in den letzten Jahren einige entwickelt. Eine wichtige Rolle nehmen dabei Algen ein. Einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet ist der Geowissenschaftler David Siegel von der University of California. Im Rahmen des Forschungsprogramms Macroalgae Research Inspiring Novel Energy Resources (MARINER) arbeitet er auf Hochtouren an einer Alternative. Erst kürzlich wurden dafür 2,1 Millionen Dollar vom amerikanischen Energieministerium zur Förderung des Programms bereitgestellt. Spezialisiert hat sich die Forschungsgruppe auf den Riesentang Macrocystis Pyrifera. Dieser wächst täglich knapp einen halben Meter und kann eine Gesamtlänge von 45 Metern erreichen. Die Algen werden geerntet und dann getrocknet. Das Öl tritt beim Auspressen aus den getrockneten Algen aus.
Der Einsatz dieses Öls soll laut Siegel vielseitig sein. Als Nahrungsmittel ist die Alge schon nutzbar, jetzt soll es auch in den Tank als Ersatz für Benzin und Diesel. Siegels Vision ist es, Aquafarmen zu bauen, die durch Unterwasserroboter überprüft werden und durch optimale Bedingungen ein Maximum an Produktivität vorweisen. Eine gute Grundlage also für eine Massenproduktion. Einen Haken gibt es allerdings: Wachstum ist nur durch Photosynthese möglich, die wiederum Licht voraussetzt. Ein dauerhaftes Wachstum erfordert also eine dauerhafte Beleuchtung, die außer in künstlichen Anlagen nicht gegeben ist und somit hohe Kosten verursacht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich dieser Ansatz als echte Alternative anbietet.
Ein anderes Modell stellen Pilze dar, einschließlich Einzeller wie die Backhefe. Auch hier haben jüngst wieder Studien bewiesen, dass dieses Modell durchaus Potential birgt. Das Startup CarboCycle, ins Leben gerufen von Wissenschaftlern der Columbia University in New York City, recycelt Abfälle mit Hilfe von Pilzen. Ursprünglich entwickelt, um die Methan- und Kohlenstoff-Emissionen zu verringern, wurde als Nebeneffekt entdeckt, dass von diesen Pilzen auch Fette extrahiert werden können, die denen des Palmöls gleichen. Je nachdem, welche Abfälle der Pilz verdaut, ändert sich die Zusammensetzung des Öls. Der große Vorteil an dieser Art Produktion ist, dass er im Labor gezüchtet werden kann, demnach also kontrollierbar und vor allem nicht umweltbelastend ist. Eine Herausforderung ist dennoch, eine Ähnliche Produktionsmargen wie die des Palmöls zu erreichen, bleibt allerdings bis auf weiteres eine Herausforderung. Dazu kommt der bislang nicht zu unterbietende Tiefpreis des Palmöls.
Die Zukunft für Palmöl-Alternativen sieht somit vielversprechend aus, da auch etliche Firmen, die Palmöl in ihren Produkten verwenden, dafür offen sind. Der schlechte Ruf des Öls, der sich über die vergangenen Jahre entwickelt hat, geht auch an den Firmen nicht spurlos vorbei. Es bleibt also spannend, was die Wissenschaft uns in der Zukunft präsentiert.