Es ist noch kein halbes Jahr her, da haben wir über die Romanze zwischen Ajeng und Tiny berichtet. Leider hat es bei Ajeng mit dem erhofften Nachwuchs wieder nicht geklappt. Doch sie ist kein Kind von Traurigkeit. Das konnten unsere Mitarbeiter erst vor wenigen Tagen feststellen.
Unser Monitoring-Team vom Nles Mamse Camp, das tief im Wald von Kehje Sewen liegt, begegnete zwei Orang-Utans, die schon seit einigen Jahren in Kehje Sewen leben: Rafli und Ajeng. Die BOS-Mitarbeiter waren mit routinemäßigen phänologischen Untersuchungen beschäftigt, bei denen Bäume und Pflanzen überprüft werden, die auf dem Speiseplan der Orang-Utans stehen. Da bemerkten sie Ajeng, die sich hoch oben in einem Urwaldriesen entspannte. Plötzlich vernahmen sie lautes Krachen und Knacken aus den umliegenden Bäumen. Ein riesiger Orang-Utan-Mann mit ausgeprägten Backenwülsten erschien und steuerte Ajeng direkt an. Es war niemand Geringeres als Rafli, der Herrscher über Kehje Sewen! Dieses dominante Männchen ist der Chef eines sehr großen Territoriums – und er hat eine starke Abneigung gegenüber Menschen.
Ajeng schien Raflis Anwesenheit nicht unangenehm zu sein. Doch Rafli störte sich sehr an der Gegenwart unseres Teams! Aufgrund seiner hierarchischen Position ist Rafli ohnehin immer in erhöhter Alarmbereitschaft. So ließ er sofort laute Kussgeräusche hören, als er unser Team in den Büschen entdeckte. Es war ein so ungewöhnlich lautes Warngeräusch, dass das ganze Team sofort Gänsehaut bekam! Auch Raflis Haare standen zu Berge und ließen diesen Riesen gleich noch größer und eindrucksvoller erscheinen. Zügig trat das Monitoring-Team den Rückzug an, um den großen Kerl nicht noch weiter zu verärgern. Die weiteren Beobachtungen wollten sie doch lieber mit angemessenem Abstand durchführen.
Ein bisschen Diskretion war auch durchaus angemessen, denn Rafli und Ajeng schienen sich zu paaren. Er folgte ihr auf Schritt und Tritt. Die beiden teilten ihr Essen und hielten sich sogar gelegentlich an den Händen. Rafli schien von Ajengs Schönheit vollkommen verzaubert zu sein. Er kaute auf Etlingera-Sprossen herum, ohne auch nur auf sein Essen zu achten – er hatte nur noch Augen für Ajeng.
Die Romantik war jedoch wie weggeblasen, als sich Ajeng wieder auf das Monitoring-Team zu bewegte. Rafli folgte ihr, bis er die Menschen entdeckte. Da stieß er ein weiteres lautes Kussgeräusch aus, um das Team zu vertreiben. Da nun klar war, dass es wohl keine Möglichkeit mehr geben würde, die phänologischen Untersuchungen an diesem Tag durchzuführen, ohne die beiden Turteltäubchen zu stören, beschlossen unsere Mitarbeiter, ins Lager zurückzukehren. Und der Liebe eine Chance zu geben. Wir sind gespannt…
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