Jede Freundschaft kennt Höhen und Tiefen. Das gilt auch für Freundschaften zwischen Orang-Utans. Desi und Kimi, zwei Orang-Utans, die auf der Insel Juq Kehje Swen in Ost-Kalimantan leben, sind gute Freundinnen, die aber auch dafür bekannt sind, dass sie sich gelegentlich streiten. So wie neulich. Worum es dabei ging? Das haben uns die Kolleg:innen vor Ort berichtet.
Die bewaldete, 82,85 Hektar große Vorauswilderungsinsel Juq Kehje Swen liegt etwa zehn Kilometer von unserem Auswilderungswald Kehje Sewen entfernt. Aktuell ist Desi ist der einzige rehabilitierte Orang-Utan, der hier die Walduniversität besucht. Kimi hingegen ist ein wilder Orang-Utan aus der Gegend, der eines Tages auf die Insel gelangen konnte und seither dort lebt.
Die Beobachtungen unserer Kolleg:innen auf der Insel deuten darauf hin, dass die beiden Orang-Utan-Weibchen eine enge Freundschaft geschlossen haben. Wenn Desi frisst, nähert sich Kimi oft in der Hoffnung, etwas von Desis Futter abzubekommen. Dem kommt Desi meist gerne nach und teilt ihr Futter freundschaftlich mit Kimi.
Desi ärgert sich jedoch über die neugierigen Makaken, die auch im Wald leben. Diese schon berüchtigten Affen stehlen Desis Futter oftmals, vor allem wenn sie in Gruppen unterwegs sind. Allerdings trauen sie sich das nicht, wenn Kimi in der Nähe ist. Denn sie haben gelernt, dass mit Kimi nicht zu spaßen ist. Sie wird aggressiv, sobald sie die Makakenbande sieht.
Freundschaft mit Vorteilen
Desi erkundet oft gemeinsam mit Kimi die Insel. Wir vermuten, dass Desi von Kimi den einen oder anderen Trick zum Überleben im Wald gelernt hat. Das erkennt man an der zunehmenden Vielfalt an natürlicher Nahrung, die Desi in letzter Zeit zu sich nimmt. Unser Team hat Desi zum Beispiel beobachtet, wie sie Traubenfeigen (Ficus racemose) verspeist hat. Das hatten wir zuvor noch nie gesehen. Denn Desi hat sich hauptsächlich von den Früchten ernährt, die das Team zweimal täglich auf die Insel bringt.
Doch neulich kam es zum Streit zwischen den Freundinnen. Unser Team beobachtete Desi, wie sie einige Bananen verschlang, die das Team zur Futterplattform gebracht hatte. Kimi sah aus der Ferne zu. Während Desi am Futtern war, schwang sich Kimi zu ihr hinüber und schnappte ihr schnell eine Banane aus der Hand. Da sie noch viele Bananen in der Hand hatte, reagierte Desi zunächst gelassen.
Aber Kimi schien ziemlich hungrig zu sein. Sie verschlang die Banane schnell und schnappte sich dann eine weitere aus Desis Händen. So ging das noch einige Male, bis Desi schließlich die genug hatte. Sie zwickte Kimi in den Arm, um sich zu rächen. Das hielt Kimi aber nicht auf und sie griff frech nach einer weiteren Banane. Da schlug Desi Kimi so fest auf den Arm, dass sie vom Ast abrutschte.
Doch Kimi gab nicht auf! Erneut versuchte sie, Desi noch mehr Futter abzuluchsen. Und plötzlich verwickelten sie sich in einen Ringkampf, bei dem beide versuchten, schnell alles zu verschlingen, was sie in die Finger bekamen, bis alles weg war! Da es nichts mehr zu essen gab, war der Kampf schnell beendet.
Kaum war alles bis auf die letzte Banane verschlungen, ließ Kimi Desi allein zurück und schwang sich in den Wald auf. Desi versuchte noch, Kimi zu folgen. Aber weder Desi noch unsere Teammitglieder konnten mit dem wilden Weibchen nicht Schritt halten. Bald verloren wir sie aus den Augen.
Ganz schön frech von Kimi, sich das Futter zu schnappen und dann wegzulaufen. Aber sicher wieder eine gute Lektion für Desi, die sie auf ihr Leben im Regenwald vorbereiten wird. Und trotz dieser diebischen Mätzchen: Die Freundschaft der beiden Weibchen hält. Ungebrochen.
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