2. Dezember 2021

Betreutes Wohnen für unsere Überlebenskünstler

Es gehört zu den schönsten Momenten unserer Arbeit, wenn wir den Orang-Utans nach oft jahre­langer Reha­bi­li­ta­tion die Frei­heit schenken. Doch immer wieder kommen auch Tiere zu uns, denen dieser letzte Schritt in die Unab­hän­gig­keit verwehrt ist. Sie haben zu lange in der Gefan­gen­schaft von Menschen gelebt, oder andere trau­ma­ti­sche Erleb­nisse haben tiefe Wunden hinter­lassen. Das kann dann dazu führen, dass diese Tiere nicht alle Fähig­keiten und Verhal­tens­weisen entwi­ckeln können, die sie für ein eigen­stän­diges Über­leben in der Wildnis brau­chen. Doch auch diese Orang-Utans haben bei uns eine Zukunft.

Mit dem Willen zu überleben

Einige Tiere kommen so schwer verletzt zu uns, dass sie blei­bende Behin­de­rungen davon­tragen. So wie Kopral, der bei seinem Versuch, vor seinen Peini­gern zu fliehen auf einen Strom­mast klet­terte. Dabei bekam er einen Strom­schlag und verbrannte sich beide Arme. Sie mussten ampu­tiert werden. Oder Shelton, in dessen Körper neun Gewehr­ku­geln steckten, als er von seinen Rettern gefunden wurde. Er hat über­lebt, bezahlte aber mit seinem Augenlicht.

Shelton ist blind
Shelton ist blind

Andere Orang-Utans sind körper­lich fit, Aber sie tun sich dennoch schwer, das zu lernen, was sie für ein unab­hän­giges Leben im Regen­wald brau­chen. Anih ist so ein Fall. Sie kam vor fast 30 Jahren – und blieb. Sie wurde eine kleine Berühmt­heit, als ihr Foto um die Welt ging (hier die wahre Geschichte hinter dem Bild).

Das Bild von Anih ging um die Welt
Das Bild von Anih ging um die Welt

Wieder andere Tiere leiden an Infek­ti­ons­krank­heiten wie Tuber­ku­lose und Hepa­titis B oder C –Krank­heiten, die ein hohes Über­tra­gungs­ri­siko für die gesamte Orang-Utan-Popu­la­tion darstellen. Deswegen isolieren wir diese infi­zierten Tiere in einem speziell konzi­pierten Komplex. Auch sie können wir nicht auswildern.

Aktuell sind es 210 Tiere, also rund die Hälfte der 416 Orang-Utans in unseren Schutz­zen­tren, die für immer bei uns bleiben müssen. Und doch haben sie alle eines gemeinsam: den beein­dru­ckenden Willen ihr Leben zu meistern.

Betreutes Wohnen auf Lebenszeit

Wir ermög­li­chen diesen Tieren eine best­mög­liche Zukunft. Für sie haben wir inner­halb unserer Schutz­wälder vom Wasser umge­bene, bewal­deten Inseln erschaffen. Hier erhalten sie jede Unter­stüt­zung, die sie brau­chen. Zweimal täglich werden die Insel­be­wohner mit Futter versorgt – und der „Liefer­ser­vice“ hat sehr genau im Blick, ob es unseren Schütz­lingen gut geht. Da Orang-Utans nicht schwimmen können, ist es ein sicherer Platz, wo sie fernab von Gitter­stäben ihr betreutes Wohnen auf Lebens­zeit genießen können. Anih, Kopral und viele andere haben hier ihr Zuhause gefunden.

Anih lebt ein glückliches Leben auf der Insel
Anih lebt ein glück­li­ches Leben auf der Insel

Manche müssen noch auf ihre Chance warten

Leider ist die Anzahl dieser Inseln begrenzt. Orang-Utans brau­chen viel Frei­raum und der Platz reicht nicht für alle. Deswegen warten derzeit noch viele geeig­nete Kandi­da­tinnen und Kandi­daten in Käfigen. Wir sind konti­nu­ier­lich dabei, neue Inseln in geeig­neter Größe zu finden und vorzu­be­reiten – doch unsere Arbeit braucht Zeit und Geld. Geld für die Gehege, die Inseln und die lebens­lange Versor­gung mit Futter und Medi­ka­menten. Geld für unsere Überlebenskünstler.

Helfen Sie mit, unseren nicht auswil­der­baren Orang-Utans ein würdiges Leben zu ermöglichen. 

 

Sie wollen mehr über die Betreuung von nicht auswil­der­baren Orang-Utans wissen? Vor etwas über einem Jahr haben wir ein Inter­view mit Fran­siska Sulistyo, der Südost­asi­en­be­auf­tragten der Orang-Utan Vete­ri­nary Advi­sory Group und ehema­ligen Mitar­bei­terin der BOS Foun­da­tion geführt. Sie finden das Gespräch (in Englisch) hier.