Heute kehren wir zurück nach Tuanan, wo sich tief im Schutzgebiet des Mawas Torfmoors Wissenschaftler mit wild lebenden Orang-Utans beschäftigen. Bereits seit 2013 wird die Tuanan Orangutan Forschungsstation als Kollaboration der Universitas Nasional (UNAS) in Jakarta, der Universität Zürich, der Rutgers University in New Jersey/USA und der BOS Foundation betrieben.
Die Population wilder Orang-Utans in Mawas umfasst rund 2.500 Tiere
Die Forschenden untersuchen hier sowohl Fragen rund um wild lebende Orang-Utans als auch zum fragilen Ökosystem des Torfmoors. Nach einer pandemiebedingten Pause konnten sie nun endlich wieder ihre Arbeit aufnehmen. Den Auftakt machte ein Workshop zur Ernährung der Orang-Utans.
Aufschluss über die gesundheitlichen Aspekte der Ernährung geben jedoch nicht nur die Früchte, Blüten und Blätter, welche Orang-Utans gerne essen, sondern auch eine Körperflüssigkeit: Urin.
Wenn am Morgen goldener Regen aus den Baumwipfeln fällt…
Um an die Urinproben wild lebender Orang-Utans zu kommen, müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Tuanan kreativ werden. Ihre Morgenroutine sieht daher so aus: Noch vor Sonnenaufgang begeben sie sich zu jenen Bäumen, in deren Wipfeln sich Orang-Utans am Vorabend ein Schlafnest gebaut haben. Diese zu finden, erfordert ein wachsames Auge und viel Erfahrung.
Wenn die Orang-Utans früh morgens erwachen, leeren sie als erstes ihre Blase – und dann stehen die Forschenden schon bereit, mit großen Plastiktüten, die sie an langen Stöcken befestigt haben, um die Tropfen goldener Flüssigkeit aufzufangen, die aus den Baumwipfeln regnen. Der Weg zum Nobelpreis (oder zumindest zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen) ist nicht immer glamourös…
Im Labor bereiten die Studenten ihre kostbaren Proben für die Analyse vor
Mit den Proben, die die Forschenden ergattert haben, kehren sie zurück ins Labor der Tuanan Orang-Utan Forschungsstation. Jetzt ist eine ruhige Hand erforderlich, um ja keinen Tropfen der kostbaren goldenen Flüssigkeit, die Aufschluss über so viele Prozesse im Körper geben kann, zu vergeuden.
Während eines Workshops zeigte Dr. Erin Vogel, Co-Direktorin der Forschungsstation in Tuanan, Studierenden der UNAS, wie sie die Urinproben auf einen Analysestreifen auftragen müssen. Die sogenannten Chemstrips® verändern ihre Farbe je nachdem welche Inhaltsstoffe im Urin vorhanden sind, und liefern den Forschenden Indizien für mögliche Infektionen und andere Gesundheitsfaktoren. Diese Biomarker können noch weiter analysiert werden und geben dann sogar Aufschluss über Stress, Gewichtsverlust, Proteinverlust und vieles mehr.
Begegnung mit Orang-Utan-Baby Marli vor der Rückreise nach Jakarta
Mit solchen Fortbildungen für Nachwuchswissenschaftler wird in Tuanan dafür gesorgt, dass auch künftig die Orang-Utan-Population erforscht und dadurch ihr Fortbestand noch besser geschützt werden kann. Mit vielen neuen Erkenntnissen kehren die jungen Forschenden aus dem Regenwald von Mawas zurück an die Universität in Jakarta.
Kurz vor ihrer Abreise kam es zu einer besonderen Begegnung: Die Forschenden erhaschten einen Blick auf die vier Monate alte Marli, den jüngsten Neuzugang der Orang-Utan-Population in Mawas. Der neugierigen Kleinen und ihrer Mutter geht es prächtig – ein wunderbarer Beweis dafür, dass die wilden Orang-Utans sich dort sehr gut ernähren. Wie genau sie das erreichen, werden die Wissenschaftler noch herausfinden.