Dilla ist eine unserer Orang-Utan-Frauen, die einen besonders schweren Start ins Leben hatten. Von ihren ersten fünf Lebensjahren verbrachte sie vier in der Gefangenschaft von Menschen. Zu lange ohne artgerechte Haltung, um natürliche Verhaltensweisen zu erlernen. Diese Kindheit hat Spuren bei Dilla hinterlassen; innere und äußere. Dilla wird wohl für immer bei uns bleiben. Um ihr Leben so artgerecht und angenehm wie möglich zu gestalten, lebt die 16jährige Orang-Utan-Frau jetzt auf der Schutzinsel Badak Kecil.
BETREUTES WOHNEN AUF DER SCHUTZINSEL
Dilla kam vor gut einem Jahr gemeinsam mit den Orang-Utan-Frauen Mawas und Jeliva auf die Schutzinsel Badak Kecil, die zum Salat Island Cluster gehört. Die Insel ist so etwas wie ein Pflegeheim für aktuell zehn nicht auswilderbare Orang-Utans. Hier bekommen die Tiere extra große Futterportionen, und unsere Teams haben sie immer im Blick. Sie alle haben herausfordernde oder traumatische Erfahrungen gemacht, die eine vollständige Rehabilitation unmöglich machen. Manche dieser Erlebnisse wirken ein Leben lang nach.
DILLA NAHM IHR BABY NICHT AN
Wir erinnern uns: Im Jahr 2018 brachte Dilla ein kleines Orang-Utan-Mädchen auf die Welt — Delilah. Dilla selbst hatte nie die Erfahrung einer liebenden Mutter gemacht — würde sie ihre Tochter akzeptieren und ihr alles beibringen, was sie braucht, um eigenständig zu leben? Wenn ein Orang-Utan mit einem so schweren Trauma wie Dilla in unsere Obhut kommt, ist es immer eine Herausforderung, sie zu rehabilitieren. Nach mehreren missglückten Begegnungen war klar, dass Dilla keine Beziehung zu ihrem Kind aufbauen konnte. Die kleine Delilah kam daher in die liebevolle Obhut der Babysitterinnen und Dilla ging ihren eigenen Weg.
IM TEAM GEHT ES LEICHTER
Auch im Umgang mit anderen Orang-Utans tut sich Dilla oft sehr schwer. Sie ist eine Einzelgängerin und scheut die Begegnung mit den anderen. Bis Dius kam. Der Orang-Utan-Mann war vorübergehend auf die Schutzinsel Badak Kecil gezogen. Immer wieder suchte er die Nähe zu Dilla, und die beiden streunten durch den Wald. Oft kamen sie gemeinsam zu den Futterplätzen, und dort zeigte Dius Beschützerinstinkt: Dilla ist die kleinste und schwächste Orang-Utan-Frau auf Badak Kecil und zieht oft den Kürzeren, wenn es um die Verteilung von Futter geht. Dann kommt sie erst zur Plattform, wenn alle anderen schon gegessen haben, und begnügt sich mit dem Rest. Doch mit Dius an ihrer Seite, änderte sich das. Er stellte sich beschützend vor sie, damit sie in Ruhe fressen konnte und die anderen Weibchen sie nicht störten.
An den Nachmittagen sah unser Beobachtungsteam die beiden häufig am Fluss, wo sie ihr Nachlager herrichteten. Dilla hat sich darauf spezialisiert, alte Nester anderer Orang-Utans zu reparieren und darin zu schlafen, während Dius neue Nester in der Nähe baute. Jeder nach seinen Fähigkeiten.
EIN ABSCHIED FÜR IMMER?
Vor ein paar Wochen trennten sich dann die Wege der beiden wieder. Dius hatte erkennbar alle Fähigkeiten, die ein Orang-Utan für ein eigenständiges Leben in Freiheit braucht. Bis er ausgewildert wird, ist er jetzt wieder im Rehabilitationszentrum Nyaru Menteng untergebracht, wo er die letzten medizinischen Tests schon durchlaufen hat.
Vermutlich werden sich die beiden nicht mehr wiedersehen, da Dilla als „nicht auswilderbar“ gilt. Aber natürlich ist nichts unmöglich: Wenn sie in der Lage ist, einige gute Überlebensfähigkeiten zu entwickeln, während sie auf der Schutzinsel lebt, wird sie vielleicht eines Tages doch noch ausgewildert. Und wer weiß, vielleicht trifft sie dann auch Dius wieder.
DILLA, DIE KLUGE
Seit Dius weg ist, hält sich Dilla nur noch selten lange an der Futterstelle auf. Sie sucht sich lieber sichere Plätze in der Nähe und sitzt in den Bäumen, die ein wenig über den Fluss hinausragen. Von dort hat sie einen guten Überblick. Immer, wenn kein anderer Orang-Utan an der Futterstelle ist, greift sie zu. Unsere Versorgungsteams werfen ihr immer wieder Früchte, Knollen und Gemüse direkt zu, damit Dilla auf jeden Fall genug bekommt.
Mutig genug zu sein, um mit anderen Orang-Utans um Nahrung zu streiten, ist eine gute Überlebensfähigkeit auf der Insel — aber es ist auch ein sehr kluger Schachzug, Strategien zu entwickeln, um Konfrontationen zu vermeiden. Sie ist sehr klug, unsere Dilla.
Kämpfen Sie mit uns für Dilla und all die anderen Schützlinge in unserer Obhut, die zu traumatisiert sind, um noch selbstständig leben zu können? Ihre Unterstützung bewirkt einen Unterschied. Schenken Sie den Hoffnungslosen Hoffnung. Vielen Dank.