Der Regenwald ist für Orang-Utans eine reichhaltige Speisekammer und obendrein eine natürliche Apotheke. Immer wieder beobachten unsere Post-Release Monitoring Teams die Tiere dabei, wie sie genüsslich die unterschiedlichsten Früchte, Sprossen, Wurzeln und Blätter futtern. Das macht auch sie neugierig: Wie schmeckt das alles eigentlich ?
Eines Tages, als unsere Mitarbeiter vom Camp Nles Mamse im Kehje Sewen Forest auf Patrouille waren und keinen einzigen Orang-Utan entdeckten, nutzten sie die Gelegenheit, ihre Neugierde mit einem experimentellen Selbstversuch zu stillen.
Süßliche Mahang-Blätter
Als erstes kosteten sie Blätter vom Macaranga-Baum, die süßlich schmeckten. Diese Baumspezies besitzt nämlich eine ganz besondere Eigenschaft: Sie ist in der Lage, sogenannten extrafloralen „Blattnektar“ zu produzieren, der Ameisen, Wespen und andere wehrhafte Insekten anlockt. Diese wiederum verteidigen ihre Futterquelle und schützen dadurch den Baum vor Fraßschädlingen. Zumindest meistens – gegen Orang-Utans und unsere Team-Mitglieder reicht die Selbstverteidigung des Baumes nicht aus… Und das ist auch gut so, denn Mahang-Blätter sind eine natürliche Medizin gegen Bauchschmerzen!
Früchte aus der Regenwald-Apotheke
Als nächstes waren einige Früchte an der Reihe, die direkt hinter dem Camp wachsen. Die Zitrusfrüchte waren für die menschlichen Verkoster wenig überraschend – nämlich sauer. Neu für die Geschmacksknospen waren hingegen die Früchte des Melastoma-Baumes genannt Senduduk oder Senggani. Diese enthalten Stoffe, welche bei Entzündungen helfen und sogar vor Krebs schützen sollen, und ebenfalls von wild lebenden Orang-Utans gegessen werden, um Krankheiten vorzubeugen oder zu kurieren.
Rattan – nicht nur für den Möbelbau
Rattan kennt man hierzulande vor allem als Naturmaterial, aus dem zum Beispiel Stühle hergestellt werden. Tatsächlich sind die Sprossen dieser Pflanze jedoch auch essbar. Allerdings schmecken sie roh ziemlich bitter. Schmackhafter werden die Sprossen, wenn man sie kocht, grillt oder brät. Auch diese Wildpflanzen haben medizinische Eigenschaften: Sie wirken antibakteriell und können wie eine Art Pflaster oder Verband verwendet werden, um Verletzungen vor Keimen zu schützen.
Das Verkostungs-Fazit unserer Regenwald-Ranger
Zwar schmecken die Mahang-Blätter, die Zitrus- und Senduduk-Früchte und auch die Rattan-Sprossen frisch gepflückt eher gewöhnungsbedürftig. Sie zu kennen, ist jedoch eine ziemlich nützliche Qualifikation, wenn man auf einer Patrouille oder Expedition im Regenwald unterwegs ist und plötzlich zusätzlichen Proviant benötigt. Und wenn man diese Orang-Utan-Pflanzen dann auch noch zubereitet, haben sie sogar das Zeug zur Delikatesse auch für uns Menschen. Und sind obendrein auch noch gesund.
Das Fazit der BOS-Mitarbeiter: Das Wissen der Waldmenschen fasziniert uns immer wieder aufs Neue! Wir können noch viel von unseren nahen Verwandten lernen. Bei nächster Gelegenheit werden unsere PRM-Teams weitere Früchte des Waldes verkosten und uns natürlich davon berichten.
Helfen auch Sie, diesen faszinierenden Lebensraum und seine gewaltige Artenvielfalt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.