6. November 2023
Orang-Utan-Dame Leony im Wald

Essen wie ein Orang-Utan: eine unge­wöhn­liche Verkostung

Der Regen­wald ist für Orang-Utans eine reich­hal­tige Spei­se­kammer und oben­drein eine natür­liche Apotheke. Immer wieder beob­achten unsere Post-Release Moni­to­ring Teams die Tiere dabei, wie sie genüss­lich die unter­schied­lichsten Früchte, Sprossen, Wurzeln und Blätter futtern. Das macht auch sie neugierig: Wie schmeckt das alles eigentlich ?


Eines Tages, als unsere Mitar­beiter vom Camp Nles Mamse im Kehje Sewen Forest auf Patrouille waren und keinen einzigen Orang-Utan entdeckten, nutzten sie die Gele­gen­heit, ihre Neugierde mit einem expe­ri­men­tellen Selbst­ver­such zu stillen.


Süßliche Mahang-Blätter


Als erstes kosteten sie Blätter vom Maca­ranga-Baum, die süßlich schmeckten. Diese Baum­spe­zies besitzt nämlich eine ganz beson­dere Eigen­schaft: Sie ist in der Lage, soge­nannten extra­f­lo­ralen „Blatt­nektar“ zu produ­zieren, der Ameisen, Wespen und andere wehr­hafte Insekten anlockt. Diese wiederum vertei­digen ihre Futter­quelle und schützen dadurch den Baum vor Fraß­schäd­lingen. Zumin­dest meis­tens – gegen Orang-Utans und unsere Team-Mitglieder reicht die Selbst­ver­tei­di­gung des Baumes nicht aus… Und das ist auch gut so, denn Mahang-Blätter sind eine natür­liche Medizin gegen Bauchschmerzen!


Früchte aus der Regen­wald-Apotheke


Als nächstes waren einige Früchte an der Reihe, die direkt hinter dem Camp wachsen. Die Zitrus­früchte waren für die mensch­li­chen Verkoster wenig über­ra­schend – nämlich sauer. Neu für die Geschmacks­knospen waren hingegen die Früchte des Melastoma-Baumes genannt Senduduk oder Seng­gani. Diese enthalten Stoffe, welche bei Entzün­dungen helfen und sogar vor Krebs schützen sollen, und eben­falls von wild lebenden Orang-Utans gegessen werden, um Krank­heiten vorzu­beugen oder zu kurieren.

Senduduk-Früchte (melastoma)
Senduduk-Früchte (melastoma)


Rattan – nicht nur für den Möbelbau


Rattan kennt man hier­zu­lande vor allem als Natur­ma­te­rial, aus dem zum Beispiel Stühle herge­stellt werden. Tatsäch­lich sind die Sprossen dieser Pflanze jedoch auch essbar. Aller­dings schme­cken sie roh ziem­lich bitter. Schmack­hafter werden die Sprossen, wenn man sie kocht, grillt oder brät. Auch diese Wild­pflanzen haben medi­zi­ni­sche Eigen­schaften: Sie wirken anti­bak­te­riell und können wie eine Art Pflaster oder Verband verwendet werden, um Verlet­zungen vor Keimen zu schützen.

Mahang Blätter (macaranga)
Mahang Leaves (maca­ranga)


Das Verkos­tungs-Fazit unserer Regenwald-Ranger


Zwar schme­cken die Mahang-Blätter, die Zitrus- und Senduduk-Früchte und auch die Rattan-Sprossen frisch gepflückt eher gewöh­nungs­be­dürftig. Sie zu kennen, ist jedoch eine ziem­lich nütz­liche Quali­fi­ka­tion, wenn man auf einer Patrouille oder Expe­di­tion im Regen­wald unter­wegs ist und plötz­lich zusätz­li­chen Proviant benö­tigt. Und wenn man diese Orang-Utan-Pflanzen dann auch noch zube­reitet, haben sie sogar das Zeug zur Deli­ka­tesse auch für uns Menschen. Und sind oben­drein auch noch gesund.
Das Fazit der BOS-Mitar­beiter: Das Wissen der Wald­men­schen faszi­niert uns immer wieder aufs Neue! Wir können noch viel von unseren nahen Verwandten lernen. Bei nächster Gele­gen­heit werden unsere PRM-Teams weitere Früchte des Waldes verkosten und uns natür­lich davon berichten.

Helfen auch Sie, diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.