12. Januar 2022

High­light zum Ende des letzten Jahres: Weitere acht Orang-Utans in Freiheit

Für uns ist es immer der aller­schönste Moment unserer Arbeit, wenn wir Orang-Utans nach einem oft jahre­langen Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess wieder in die Frei­heit entlassen können. Deswegen war die Auswil­de­rung von acht Tieren Ende letzten Jahres auch wieder ein High­light. Ein Jahr, das auch uns immer wieder vor große Heraus­for­de­rungen gestellt hat. Für die letzte Auswil­de­rung in 2021 haben wir uns Mitte Dezember auf den Weg zum Bukit Baka Bukit Raya National Park gemacht.

Zehn Stunden über unbe­fes­tigte Schlammpisten

Die acht Orang-Utans wurden in zwei Gruppen aufge­teilt. Los ging es am Abend des 14. Dezem­bers mit den Weib­chen Suci (6) und Moni (15) sowie den Männ­chen Pickle (14) und Miko (11). Zwei Tage später machte sich der Trupp mit den Weib­chen Lido (15) und Ating (17) und den Männ­chen Petto (16) und Sembara (13) auf den Weg.

Unter Einhal­tung strenger Gesund­heits­pro­to­kolle — alle Menschen und Tiere waren zuvor negativ auf Covid19 getestet worden — verließen die Auswil­de­rungs­teams unser Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum Nyaru Menteng um kurz vor 19 Uhr Orts­zeit. Fast zehn Stunden ging es dann über unbe­fes­tigte Straßen in den Bezirk Marikit. Starke Regen­fälle einige Tage zuvor hatten die Wege in Schlamm­pisten verwan­delt und die Fahrt war sehr beschwer­lich. Ein Liefer­wagen der ersten Gruppe blieb sogar im Matsch stecken, so dass der Trupp das Ziel für den Tag nicht wie geplant errei­chen konnte.

Die unbefestigten Straßen stellen auch erfahrene Fahrer auf die Probe
Die unbe­fes­tigten Straßen stellen auch erfah­rene Fahrer auf die Probe

Erstes Etap­pen­ziel war das Dorf Tumbang Hiran. Von dort wurde die Reise auf dem Fluss fort­ge­setzt. Nach Sonnen­auf­gang waren Trans­port­boxen, Vorräte und Equip­ment sicher auf den Booten verstaut und es ging Rich­tung Hiran Wasser­scheide. Die Fluss­fahrt dauerte zehn Stunden – das Team hielt nur kurz im Über­wa­chungs­camp an, um dort Vorräte abzu­laden. Danach ging es noch mal eine Stunde fluss­auf­wärts weiter zu den Auswilderungsstellen.

Die erste Mahl­zeit in Freiheit

Orang-Utans sind eher Einzel­gänger, daher lassen wir sie meis­tens mit einem entspre­chenden Abstand vonein­ander frei. Doch es kommt immer wieder auch vor, dass die Menschen­affen in ihrer gemein­samen Zeit auf der Voraus­wil­de­rungs­insel so etwas wie Freund­schaften schließen. Dann entscheiden wir uns – wie dieses Mal bei Miko und Pickle sowie Suci und Moni — sie gemeinsam auszuwildern.

Mony erkundet neugierig die Umgebung
Moni erkundet neugierig die Umgebung

Miko und Pickle wurden nur wenige Meter vonein­ander entfernt frei gelassen. Nachdem sie die Trans­port­boxen verlassen hatten, entschied sich Miko für Bambus­blätter als erste offi­zi­elle Mahl­zeit in Frei­heit. Pickle machte es sich leicht und schob sich die Futter­reste in den Mund, die von der Auswil­de­rungs­ak­tion übrig­ge­blieben waren.

Pickle - als Baby im Jahr 2007 und heute
Pickle — als Baby im Jahr 2007 und heute

Suci und Moni zog es direkt in den Wald. Seite an Seite erkun­deten sie ihr neues Zuhause und begannen, nach Nahrung zu suchen. Auf Sucis Spei­se­plan standen Termiten, Mahawai-Früchte (Poly­althia hypo­leuca) und Kambium, eine der Lieb­lings­speisen von Orang-Utans. Mony zog für ihre erste Mahl­zeit Rattan­kerne und junge Blätter vor. Als es dann dunkel wurde, bauten sich beide nicht weit vonein­ander entfernt ihre Schlafnester.

Suci war mit Moni unterwegs
Suci war mit Moni unterwegs

Während der ganzen Zeit lies unser Post-Release-Moni­to­ring-Team die Orang-Utans nicht aus den Augen. Erst als es zu dunkel wurde, zogen sie sich zurück.

Läuft alles nach Plan?

Nachdem wir die Trans­port­boxen geöffnet haben, müssen die Tiere allein zurecht­kommen. Deswegen ist es so wichtig, dass unsere Beob­ach­tungs­teams die Orang-Utans während ihrer ersten Stunden in Frei­heit möglichst lange und genau im Blick behalten. Finden die Tiere eigen­ständig Futter? Bauen sie sich Schlaf­nester? Wie reagieren sie auf die anderen Tiere? Alles wird genau­es­tens dokumentiert.

Die 15jährige Lido verbrache die ersten Stunden vor allem im Baum
Die 15jährige Lido verbrache die ersten Stunden vor allem im Baum

Auch bei der zweiten Gruppe, die zwei Tage später frei gelassen wurde, ging es erst mal auf Futter­suche. Die 15jährige Lido hangelte sich von Ast zu Ast und blieb einige Zeit im Baum. Sie pulte nach Termiten und verspeiste diese genüss­lich. Zwischen­drin schob sie sich immer wieder junge Meranti-Blätter in den Mund. Dann ging es weiter zum nächsten Baum, wo sie auf Kambium umstieg, eine der Leib­speisen von Orang-Utans. Ganz in ihrer Nähe saß auch der 13jährige Sembara, der sich eben­falls an dem Kambium satt aß. Als das Tages­licht schwand, bauten sich beide ihr Schlafnest.

Semara blieb in Lidos Nähe
Sembara blieb in Lidos Nähe

Die 17jährige Ating hatte sich für Bambus­blätter entschieden, während ihr ein Jahr jüngerer Begleiter Petto neben Bambus auch auf Kambium herum­kaute. Die beiden aßen in aller Ruhe, um sich nach einer langen und ener­gie­auf­wän­digen Reise zu stärken. Ihre Nester bauten sie nicht weit vonein­ander in die Bäume, als es so weit war.

In den ersten Stunden im Wald haben uns diese acht Orang-Utans gezeigt, dass sie bereit sind, ihre neue Umge­bung kennen zu lernen. Wir sind sicher, dass sie sich in ihrem neuen Zuhause, dem Bukit-Baka-Bukit-Raya-Natio­nal­park, wohl­fühlen und glück­lich sein werden. Alles Gute!

Möchten Sie einen Orang-Utan auf dem Weg in die Frei­heit unter­stützen und begleiten? Dann über­nehmen Sie doch eine Patenschaft.