Das Aufspüren ausgewilderter Orang-Utans für die Verhaltensbeobachtung ist harte Arbeit – und oft hat es einfach mit Glück zu tun. Umso mehr freuen wir uns über jedes Wiedersehen. So wie jetzt mit Lesan und ihrer Tochter Ayu.
Im Jahr 2012 haben wir die damals neunjährige Lesan im Kehje Sew en ausgewildert. Sie war im Alter von drei Jahren in unsere Rettungsstation gekommen und entwickelte sich schnell zu einer starken und sehr unabhängigen jungen Orang-Utan-Dame. Nach nur sechs Jahren Rehabilitation war sie daher bereit für die Auswilderung. Lesan bekam ihre zweite Chance auf ein Leben in Freiheit, für das sie einst geboren wurde.
Ein großer Moment – der an Glücksgefühlen sogar noch übertroffen wurde, als unser Monitoring-Team sie vier Jahre später mit einem Baby sichtete. Ayu, so nannten wir sie, war das zweite wild geborene Baby eines ausgewilderten Orang-Utans aus unserem Rettungszentrum.
Doch dann tauchten Mutter und Tochter ab in die Tiefen des Regenwaldes und wurde von unserem Team lange Zeit nicht mehr gesehen. Natürlich entspricht das völlig normalem Orang-Utan-Verhalten und es zeigt uns, dass der Kehje Sewen Wald offenbar ein guter Lebensraum für unsere ausgewilderten Schützlinge ist
Der Kehje Sewen Wald in Ost-Kalimantan bietet geschützten Lebensraum für Orang-Utans
Trotzdem wüssten wir es manchmal gerne genauer, wie es den Orang-Utans geht, denn diese Daten sind wichtig für unsere Arbeit. Aus den Beobachtungen unserer Post Release Monitoring Teams lernen wir ganz viel für unsere künftige Arbeit. Und natürlich liegt uns – und unseren Unterstützern und Unterstützerinnen! — das Wohl unserer Schützlinge auch nach der Auswilderung am Herzen.
Heute haben wir deshalb phantastische Nachrichten: Unser Monitoring-Team ist Lesan und Töchterchen Ayu im September auf einer Patrouille begegnet und konnte die beiden eine ganze Weile beobachten.
Zum Zeitpunkt der Begegung befand sich unser Team im Camp Lesik im nördlichen Teil des Kehje Sewen Waldes in Ost-Kalimantan. Es war ein regnerischer Tag. Plötzlich war das laute Geräusch knackender Äste und Blätterrascheln zu hören. Typisch für Orang-Utan-Bewegungen in der Baumkrone.
Lesan und Ayu lassen sich ausgiebig von unserem Team beobachten
Unser Team spähte also ringsum in die Bäume und entdeckte dort nicht nur einen Orang-Utan, sondern zwei: Mama und Kind. Schnell erkannten sie, dass es sich um Lesan handelte und ihre Begleiterin Ayu sein musste, die inzwischen rund fünf Jahre alt ist.

Leider war es bereits spät am Tag und regnete, so dass es bald zu dunkel wurde, um die beiden weiter zu beobachten. Unser Team war aufgrund seiner Erfahrung jedoch zuversichtlich, dass die beiden sich nicht weit entfernt ihr Schlafnest bauen würden. Und tatsächlich, Lesan und Ayu legten sich nahe des Camps schlafen.
Im ersten Morgengrauen stand unser Monitoring-Team am nächsten Tag auf und war rechtzeitig zur Stelle, als Mama und Kind aus ihrem Schlafnest kletterten und sich auf die Suche nach Frühstück machten. Fast rechneten sie damit, dass Lesan versuchen würde, Futter aus dem Camp zu stehlen, so wie sie es in der Vergangenheit schon getan hatte. Aber nichts dergleichen passierte – vermutlich weil der Wald zu diesem Zeitpunkt voll war mit reifen Früchten.

Die Glückssträhne unseres Teams hielt an: Lesan und Ayu ließen sich an diesem Tag richtig lange beobachten, während sie munter in den Baumkronen rings um das Lager Futter suchten und aßen. Lesan ließ Ayu gelegentlich selbständig auf Erkundungstour gehen und wir konnten die Kleine dabei beobachten, wie sie geschickt durch die Bäume hangelte, mit ihrer Mama spielte und sogar ihr eigenes Schlafnest baute.
Kerngesunde Orang-Utan-Mama mit Kind in Freiheit: eine tolle Bestätigung unserer Arbeit
Ayu wirkte auf unser Team wie ein kerngesundes und recht unabhängiges Orang-Utan-Kind, das schon viele Dinge für das Leben im Regenwald von ihrer Mama gelernt hat. Auch Lesan machte einen sehr guten Eindruck, wirkte gesund und zufrieden. Eine wunderbare Bestätigung unserer langjährigen Arbeit im Rettungszentrum für die Rehabilitation.

Nach einigen Stunden zogen die beiden dann weiter, tiefer in den Regenwald hinein, beinahe so als wollten sie uns sagen: „Jetzt habt ihr erfahren, was ihr wissen wolltet, jetzt möchten wir wieder unter uns bleiben.“
Danke Lesan und Ayu, dass ihr uns „Hallo“ gesagt habt. Wir wünschen euch weiterhin ein schönes, freies Leben im Kehje Sewen Wald. Bis zum nächsten Mal!
Retten Sie mit uns die letzten Orang-Utans Borneos. Mit Ihrer wertvollen Unterstützung sichern Sie das Überleben dieser einzigartigen Tiere.