Birgit Werner ist eine Pionierin. Denn die Tierärztin aus Bayern ist die erste Deutsche, die am Volontärprogramm unseres Kooperationspartners „The Great Projects“ in Nyaru Menteng teilgenommen hat, das erst seit kurzer Zeit im Angebot ist. Auch in unserem Rettungszentrum in Samboja Lestari kann man als Volontär mitarbeiten.
Wir wollten wissen, wie ihr die Reise nach Borneo im März 2019 gefallen hat und welche Erfahrungen sie bei der BOS Foundation sammeln konnte.
Frau Werner, Ende März haben Sie zwei Wochen Ihres Urlaubs auf Borneo verbracht und bei der BOS Foundation als Freiwillige gearbeitet. Warum?
Als Pferdetierärztin habe ich grundsätzlich ein großes Interesse an Tieren. Und Orang-Utans liegen mir ganz besonders am Herzen. Darum bin ich auch seit einigen Jahren BOS-Unterstützerin. Natürlich weiß ich von den großen Problemen vor Ort, von der Lebensraumzerstörung durch Ölpalmplantagen und davon, dass viele Orang-Utans in Auffangstationen leben müssen. Die Situation ist kritisch. Und ich wollte es mit eigenen Augen sehen. Außerdem bin ich im Urlaub gerne aktiv. Als ich bei meinen Recherchen auf „The Great Projects“ gestoßen bin und die Verbindung zu BOS entdeckte, dachte ich: perfekt, so kann ich BOS sogar doppelt und direkt unterstützen: durch meine Arbeit und weil ein Teil des Reisepreises an BOS geht.
Haben Sie sich auf diese Reise besonders vorbereitet?
Nicht wirklich. Natürlich habe ich alle vorgeschriebenen Gesundheitstests und Impfungen erledigt. Aber auf das anstrengendste, nämlich das schwül-heiße Klima, kann man sich ohnehin nicht vorbereiten.
Wie kamen Sie mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern Ihrer Reisegruppe aus?
Sehr gut. Wir waren eine kleine Gruppe von sieben Leuten, die aus der ganzen Welt nach Borneo gereist waren, um die Arbeit mit den Orang-Utans hautnah erleben zu dürfen. Die Jüngste war Ende 20, die Älteste Mitte 50. Unterhalten haben wir uns auf Englisch, auch mit den Mitarbeitern der BOS Foundation. Alle waren sehr offen, interessiert und hatten Lust, gemeinsam zu arbeiten und neue Erfahrungen zu sammeln.
Sie durften die Mitarbeiter der BOS Foundation bei der Arbeit unterstützen. Was genau waren Ihre Aufgaben?
Es war sehr abwechslungsreich. Wir haben Bäume gepflanzt, die Käfige der Malaienbären gesäubert, das Futter für die Orang-Utans vorbereitet und Beschäftigungs- und Lernmaterial (sogenanntes Enrichment) für die Orang-Utans hergestellt. Die Arbeit ging uns meistens leicht von der Hand und war sehr unterhaltsam. Wir haben im Team gearbeitet, gemeinsam mit unserer Betreuerin von “The Great Projects” und den Mitarbeitern der BOS Foundation.
Es war schön zu erleben, dass unsere Hilfe sehr willkommen war. Auch auf jede Frage haben die Mitarbeiter immer bemüht und hilfsbereit reagiert. Es war alles super organisiert und ich habe sehr viel gelernt. Auch, dass für die BOS Foundation vieles nicht so einfach ist, wie wir es uns von daheim aus vielleicht vorstellen. Orang-Utan-Schutz hängt von sehr vielen Faktoren und Akteuren ab.
Die zwei Wochen bestanden aber nicht nur aus Arbeit. Wir haben auch einen Bootsausflug zu den Vorauswilderungsinseln gemacht, durften den Babys und Waldschülern beim Toben auf dem Spielplatz zuschauen, waren wandern und auf einem Markt bummeln.
Viele träumen davon, einmal mit einem Orang-Utan zu kuscheln oder zu spielen. Ging dieser Traum in Erfüllung?
Das war uns von vornherein klar, dass es dazu nicht kommen wird. Denn der direkte Kontakt zu den Tieren ist ausschließlich den Pflegerinnen und Pflegern gestattet. Zum Einen um die Tiere vor der Übertragung von Krankheiten zu schützen, zum Anderen sollen die Jungtiere den Menschen nicht als Freund und Spielgefährten kennenlernen. Das wäre zu gefährlich – für die Tiere und für uns. Zehn bis 15 Meter war der Mindestabstand zu den Babys, den wir einhalten mussten.
Den erwachsenen Orang-Utans in den Käfigen dagegen, durften wir die Enrichments aushändigen, was eine beeindruckende Erfahrung war. Allerdings immer mit genügend Abstand um nicht in den Bereich ihrer langen, kräftigen Arme zu gelangen.
Was war Ihr persönliches Highlight?
Da gab es mehr als eines! Der Niedlichkeitsfaktor der Babys ist schon extrem hoch. Es war spannend zu erleben, wie sie von den Babysittern, die ja ihre Mütter ersetzen, erzogen werden. Denn die Kleinen sind sehr neugierig und frech und versuchen immer wieder auszutesten, wie weit sie gehen dürfen. Einige, die in der Waldschule über die Stränge geschlagen haben, mussten dann z. B. direkt ins Bett, statt noch eine Runde mit den anderen spielen zu dürfen. Sehr beeindruckt haben mich auch die großen, ausgewachsenen Orang-Utans, die teilweise schon sehr lange in den Käfigen auf ihre Freiheit warten. Trotzdem haben sie sich in all den Jahren ihren Charakter bewahrt und sind nicht abgestumpft. Gerade die dominanten Männchen, die sogenannten Big Males, sind sehr stolze Tiere, die man erst erobern muss. Bei ihnen haben wir den Sinn unserer Arbeit sehr intensiv erlebt, welchen Gewinn sie durch das Enrichment haben. Einmal z. B. haben wir die Males mit dem Wasserschlauch erfrischt. Manche sind sehr wasserscheu und ziehen sich dann zurück. Andere blühen richtiggehend auf. Für einen war es eine richtige Wellnessanwendung, die er sichtlich genoss, sich in den Wasserstrahl lehnte, das Maul ganz weit aufriss und wirklich Freude hatte. Und es war unglaublich zu erleben, mit wieviel Feingefühl ein vor Kraft strotzendes Männchen Marmelade von einem Farnblatt lecken kann, ohne dass auch nur ein Blättchen kaputt gegangen wäre. Und dabei pure Glückseligkeit ausstrahlt. Mir ist es kaum gelungen, die Marmelade auf die Blätter zu streichen, ohne dass diese zerrissen… Da wurde mir wieder einmal klar, wieviel wir von diesen Tieren lernen können.
Wie waren Sie untergebracht?
Sehr einfach, aber es hat absolut gereicht. Wir haben uns zu zweit ein Zimmer und Bad geteilt. Frühstück haben wir uns selbst gemacht, mittags gab es das Essen aus der Kantine der BOS Foundation und abends hat Mama Mona, eine Einheimische für uns gekocht. Wer so eine Reise unternimmt, muss in allen Bereichen offen sein und darf keinen Luxus erwarten.
Würden Sie diese Reise mit „The Great Projects“ zur BOS Foundation denn weiterempfehlen?
Auf jeden Fall! Sicherlich kann man für weniger Geld nach Indonesien reisen. Aber die Reise war sehr befriedigend und hat mich sehr glücklich gemacht. Trotz der Arbeit war es Urlaub. Ich habe viele neue Eindrücke sammeln können, habe hinter die Kulissen schauen dürfen. Und dabei auch noch BOS unterstützt.