Globalisierung und Popkultur haben dank Smartphones, Internet und Social Media längst bis in die kleinsten und entlegensten Dörfer Kalimantans Einzug gehalten. Welchen Einfluss hat das auf die überlieferten Traditionen der indigenen Bevölkerung? Im Rahmen des Programms Explore Wehea beschäftigen sich junge Erwachsene der Wehea Dayak Community mit genau diesem Thema.
Oktavianus „Glen“ Yen ist einer jener jungen Erwachsenen, die sich dieser Aufgabe verschrieben haben. Er ist Absolvent der Sanata Dharma Universität mit dem Hauptfach Katholische Religionspädagogik und arbeitet nun als Community Welfare Officer im Dorf Nehas Liah Bing. Glen engagiert sich bei Explore Wehea, einem Community Forum, das das kulturelle Erbe der Wehea Dayak bewahren und weitergeben möchte.
Das Besondere an diesem Programm: Es ist auch für Menschen außerhalb der Wehea Dayak Community offen. Jeder, der sich für die indigene Kultur interessiert, kann teilnehmen. Es gibt darüber hinaus keinerlei Zugangsvoraussetzungen.
Ein großes Anliegen von Explore Wehea ist es, den Alltag in einem traditionellen Wehea Dayak-Dorf zu dokumentieren. Welche Aktivitäten finden dort statt? Welche Veranstaltungen sind wichtig? Was genau passiert dabei?
Die Tradition bewahren
„Ich mag es sehr, Fotos und Videos von unserem Leben im Dorf zu machen”, sagt Glen. „Bei jeder Veranstaltung bin ich dabei und versuche, typische Momente im Bild einzufangen.” Inzwischen fehlt ihm nur noch eine traditionelle Beerdigung in seiner Dokumentationsreihe. Als nächstes möchte Glen für sein kulturelles Archiv Interviews mit verschiedenen Mitgliedern der Wehea Dayak Community führen.
Bei allem Engagement für das Programm ist sich Glen jedoch auch der Herausforderungen bewusst. Oft sind es vermeintlich kleine Probleme, die jedoch einen großen Impact haben. „Ich habe zum Beispiel nur mein Handy, um Fotos und Videos zu machen, diese zu bearbeiten und auf Social Media-Plattformen hochzuladen”, sagt er. „Deshalb stammen alle wirklich guten Aufnahmen bisher von Menschen außerhalb unserer Community. Es ist nicht unser eigener Blick auf unsere Kultur und Traditionen. Aber genau dazu möchten wir in der Lage sein! Wir selbst möchten unseren traditionellen Lebensstil, unsere Kultur, unseren Umgang mit der Natur dokumentieren und bewahren.”
Der Blick von innen und von außen
Nichtsdestotrotz wertschätzt Glen jegliches Interesse für die Kultur seiner Vorfahren – auch von „Externen” – denn er ist überzeugt davon, dass dies ein Zeichen von Respekt ist. Selbst wenn noch kein tiefergehendes Verständnis für traditionelle Veranstaltungen und Bräuche vorhanden ist, so glaubt er, sind Neugierde und Aufgeschlossenheit ein wichtiger und richtiger erster Schritt. „Es braucht einfach Zeit”, ist er überzeugt.
Glen hofft, weitere Wehea Dayak Millennials mit dieser Herangehensweise und Sicht auf die Dinge begeistern zu können. „Ich beobachte, dass vielen jungen Wehea Dayak unsere Sitten und Gebräuche durchaus etwas bedeuten”, sagt er. „Aber sie wissen oft nur wenig darüber.”
Diese Lücke, so ist Glen überzeugt, kann das Explore Wehea-Programm füllen: Dadurch gibt es nun endlich ein Forum für einen Austausch, Diskussionen und gemeinsames Lernen. „Viele junge Mitglieder unserer Community sind sehr zurückhaltend und geradezu schüchtern, wenn es darum geht, sich mit dem eigenen kulturellen Erbe zu beschäftigen”, beobachtet Glen und nimmt sich davon selbst auch nicht ganz aus. „Wir scheuen oft noch davor zurück, uns in der traditionellen Gemeinschaft zu engagieren oder uns mit unseren Eltern darüber auszutauschen.” Es braucht eben einfach Zeit.
Einen großen Wunsch hat Glen. Vielleicht kann man es auch eine Empfehlung an seine Altersgenossen und die noch jüngeren Generationen nennen: „Ich wünsche mir, dass wir uns mehr um unsere Mitmenschen und um die Natur kümmern und keine Angst davor haben, etwas Gutes zu tun”, sagt er. „Auch wenn damit Herausforderungen verbunden sind, die wir zu bewältigen lernen müssen: Lasst uns unsere Aufmerksamkeit auf diese Dinge richten und Vertrauen darin haben, dass das Universum uns schon dabei helfen wird.”
BOS arbeitet sowohl in Ost- als auch in Zentral-Kalimantan in unterschiedlichen Projekten eng mit verschiedenen Wehea Dayak Communities zusammen.
Genau wie Glen beobachten auch wir, dass sich die junge Generation der Wehea Dayak für ihr kulturelles Erbe stark macht. Durch das Community Projekt Explore Wehea entsteht eine Struktur, die indigene Kultur und Traditionen stärker ins Bewusstsein rückt, sie wertschätzt und schützt. Das Projekt hat sogar so viel Strahlkraft, dass es Communitymitglieder darin bestärkt, die Anerkennung ihrer ureigenen Rechte als indigene Bevölkerung stärker und selbstbewusster einzufordern.