Es war einer dieser heißen Tage, als die Orang-Utan-Weibchen Lesan und Sayang mit ihrem Nachwuchs Ayu und Padma gemeinsam durch den Kehje Sewen Wald streiften. Langsam kletterte die kleine Gruppe von Baum zu Baum und genoss unter dem kühlenden Blätterdach ein ausgiebiges Mahl. Die kleine Padma saß wie so oft sehr nah bei ihrer Mutter Sayang und spielte mit der etwas älteren Ayu. Die beiden Orang-Utan-Mädchen baumelten in den Ästen, neckten sich und untersuchten alles ganz genau.
Bei der Freundin abgeschaut
Ayu beschäftigte sich ausgiebig mit einem großen Stück Baumrinde. Immer wieder biss sie vorsichtig hinein und knabbert mit ihren winzigen Zähnen an dem weichen Kambium, einer nahrhaften Gewebeschicht zwischen Holz und Rinde. Padma ließ ihre Freundin nicht aus den Augen und beobachtete ganz genau, wie Ayu vorging. Vorsichtig nahm Padma ein Stück Rinde und untersuchte es. Dann brach sie ein frisches Stück Rinde vom selben Stamm ab, genau wie Ayu es zuvor getan hatte. Doch ihre Zähne waren noch zu klein und ihr Kiefer nicht stark genug, um die Rinde zu zerbeißen. Nachdem sie Aya noch eine Weile beobachtet hatte, puhlte sie dann das Kambium aus der abgebrochenen Rinde und steckte es sich in den Mund. Hmmm, so klappte es! Die beiden saßen noch eine ganze Weile zusammen und snackten von der Rinde.
Nahrung ist ein guter Anreiz
Ayus Mutter Lesan gesellte sich wieder zu der kleinen Gruppe und gemeinsam zogen sie weiter. Offenbar bereit für die nächste Mahlzeit ging es zu einem Kendondong-Baum. Die süßen Früchte dieses Baumes schmecken so ähnlich wie Ananas und Mango, sind aber so knackig wie ein Apfel. Ein echter Leckerbissen! Die beiden erwachsenen Orang-Utan-Weibchen aßen sich an Blättern und Früchten satt, während Ayu und Padma sich voll und ganz auf die Rinde konzentrierten. Jetzt wusste Padma, wie es geht und hörte gar nicht mehr auf, die Rinde zu bearbeiten.
Lernen ist sehr individuell
Wir sind immer wieder beeindruckt, wie wild geborene Orang-Utans ihre Überlebensfähigkeiten im Wald erlernen. Dabei sind ihre Persönlichkeiten sehr unterschiedlich. Padma, die 2018 im Regenwald geboren wurde, zeigte sich bisher immer sehr scheu. Sie beobachtet lieber, während die zwei Jahre ältere Ayu neugierig und unternehmenslustig ist. Schon bei anderen Gelegenheiten hat sie versucht, Padma zum Spiel aufzufordern. Doch Padma ist ein echtes Mamakind. Als wir sie das letzte Mal sahen, war sie kaum unter dem Arm ihrer Mutter hervorgekommen. Doch Ayu gibt nicht so schnell auf und macht ihrer Freundin immer wieder neue Angebote zur Interaktion. Und immer öfter steigt Padma darauf ein. Das ist wichtig für ihre Entwicklung, denn kleine Orang-Utans lernen nicht nur von ihren Müttern, sondern auch durch ihre Artgenoss:innen. So wie auch dieses Mal.
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