Der Juni 2023 markiert ein besonderes Ereignis für die BOS Foundation und ihre Arbeit zum Schutz der Orang-Utans: Gleich zehn Tiere wurden im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark ausgewildert! Damit steigt die Zahl der in diesem Schutzgebiet ausgewilderten Orang-Utans auf 199 Individuen!
In zwei Gruppen machten sich die zehn Tiere auf die Reise in ihre neue wilde Heimat: Am 14. Juni brach das BOS-Team mit Aristo, Lalang, Svenja und Noni Partono zur Hiran Wasserscheide auf, am 16. Juni starteten dann Yoko, Kejora, Syahrini, Susanne, Mama Edwan und Edwina in Richtung Bemban Wasserscheide.
Alle zehn Orang-Utans hatten erfolgreich einen mehrjährigen Rehabilitationsprozess durchlaufen und zuletzt auf einer Vorauswilderungsinsel – noch unter Beobachtung — bewiesen, dass sie bereit sind für ein eigenständiges, unabhängiges Leben im Regenwald. Wie immer wurden alle Kandidaten gründlich tierärztlich untersucht, bevor sie in ihre Transportkäfige gebracht wurden und schließlich den langersehnten Weg in die Freiheit antraten. In ihren Boxen reisten sie sicher zunächst auf einem Pick-Up Jeep, später auf einem Long Tail Boat bis zu ihrem Bestimmungsort.
Vier ausgewilderte Orang-Utans bleiben uns besonders in Erinnerung
Jede einzelne Rettung eines Orang-Utans ist ein bewegender Moment, denn unser zu Hilfe gerufenes Team weiß im Voraus nie genau, was sie vor Ort erwartet: In welchem Zustand befindet sich das Tier? Wie alt ist es? Wie lange muss es schon ohne die Mutter zurechtkommen? Wird es im Fall einer illegalen Haustierhaltung von den ertappten Haltern widerstandlos herausgeben?
Manche Rettungen bleiben uns aber dennoch ganz besonders in Erinnerung. So wie diese vier:
Kejora: Angekettet in einer Palmölfabrik, unterernährt und verängstigt
Kejora war erst 18 Monate alt, als wir sie am 1. Februar 2016 von einer Ölpalmenplantage in Tangkiling, Palangkaraya, Zentral-Kalimantan retteten und hatte in ihrem jungen Leben schon Schreckliches erlebt. Unser Team fand sie in der Nähe eines Düngemittellagers, wo sie mit Eisenketten festgehalten wurde – unterernährt, verängstigt und durch den Verlust ihrer Mutter traumatisiert.
Nach dreimonatiger Quarantäne und tüchtig aufgepäppelt mit frischem Obst und Babymilch, konnte Kejora im BOS-Rettungszentrum Nyaru Menteng ihre Rehabilitationsreise beginnen. Im BOS-Waldkindergarten traf sie — vermutlich zum ersten Mal seit dem Verlust ihrer Mutter — auf Artgenossen. Diese und unsere Babysitterinnen halfen ihr dabei, das Vertrauen zurückzuerlangen. In der Waldschule lernte Kejora all die Dinge, die ein Orang-Utan in freier Wildbahn braucht und durfte nach Abschluss aller Rehabilitationsphasen seit dem 12. November 2021 ihre erworbenen Fähigkeiten auf der Vorauswilderungsinsel Badak Besar beweisen. Im Frühsommer 2023 stand fest: Die inzwischen neunjährige Orang-Utan-Dame ist bestens auf ein Leben als wilder Orang-Utan vorbereitet!
Susanne: Nach langer Gefangenschaft in die Freiheit
Ganze drei Jahre wurde das Orang-Utan-Mädchen von einem Dorfbewohner in Kuala Kurun, Zentral-Kalimantan, illegal als Haustier gehalten. Eine unvorstellbar lange Zeit für die Kleine, die sie in einer Umgebung verbringen musste, die nicht im geringsten artgerecht war. Und trotzdem gelang es ihr nach ihrer Rettung am 11. Oktober 2017, sich im Rehabilitationszentrum Nyaru Menteng Schritt für Schritt an ein Leben im Regenwald zu gewöhnen und Fähigkeiten zu erlernen, die für einen Orang-Utan typisch und überlebensnotwendig sind. Gemeinsam mit Kejora kam Susanne am 12. November 2021 auf die Vorauswilderungsinsel Badak Besar. Nach sieben Jahren Rehabilitation war die zehnjährige Orang-Utan-Dame im Juni 2023 endlich bereit, das Leben zu beginnen, für das sie einst geboren wurde: ein Leben in Freiheit im Regenwald von Borneo!
Syahrini: Tochter eines Orang-Utans aus einem thailändischen Vergnügungspark
Syahrini ist die Tochter von Suja – eine Orang-Utan-Dame, die wir gemeinsam mit 46 weiteren Orang-Utans aus Thailand gerettet haben. Die damals Vierjährige war Opfer eines thailändischen Vergnügungsparks, in dem die Tiere vermenschlicht und für Unterhaltungsshows missbraucht werden. Als Suja am 31. Oktober 2013 im Rehabilitationszentrum Nyaru Menteng Syahrini zur Welt brachte, war sie tragischerweise nicht in der Lage, angemessen für ihr Baby zu sorgen. Mutter und Tochter wurden daher von uns getrennt und Syahrini bekam eine engagierte Babysitterin als Ersatz-Mama. Nachdem sie als fleißige Waldschülerin alles gelernt hatte, was ihr eigentlich Suja hätte beibringen sollen, zog Syahrini 2019 auf die Vorauswilderungsinsel Bangamat um. Im Juni 2023 ist die inzwischen zehnjährige Syahrini nun bereit, ganz und gar frei im Regenwald zu leben.
Mama Edwan: Schwer verletzt, rehabilitiert und Mama geworden
Mama Edwan war bereits eine ausgewachsene Orang-Utan-Dame und hatte viele Jahre wild im Regenwald gelebt, als sie von unserem Team von einer Ölpalmenplantage gerettet werden musste. Der Grund: Sie hatte sich schwere Verletzungen am linken Arm zugezogen. Diese konnten leider nicht geheilt werden, sodass die BOS-Tierärzte die schwere Entscheidung treffen mussten, ihr den gesamten Arm zu amputieren. Trotz dieser traumatischen Erfahrung war Mama Edwan in der Lage, unmittelbar nach ihrer medizinischen Behandlung und Heilung auf die Vorauswilderngsinsel Palas umzuziehen, wo sie sich als widerstandfähige, einfallsreiche und agile Orang-Utan-Dame bewies.
Und das ist noch nicht alles! Edwan wurde auf der Insel schwanger und brachte am 20. Mai 2017 ein Mädchen zur Welt, das wir auf den Namen Edwina tauften. Im Juni 2023 konnte Mama Edwan in Begleitung ihrer Tochter in die Wildnis zurückkehren.
Kaum hatte die Orang-Utan-Dame ihren Transportkäfig verlassen und war auf einen Baum geklettert, näherte sich Janu, ein Orang-Utan-Männchen, das wir bereits 2017 ausgewildert haben. Die beiden zeigten unmittelbar ein großes Interesse aneinander und begannen kurz darauf zu kopulieren.
Wenn das kein gutes Zeichen ist für die erfolgreiche Auswilderung und für das weitere Wachstum der Orang-Utan-Population im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark!
Grund zum Feiern: BOS hat ein weiteres Monitoring-Camp eröffnet
Und noch einen Grund zum Feiern gibt es für die BOS Foundation: Im Juni 2023 haben wir ein neues Monitoring-Camp an der Hiran-Wasserscheide eröffnet. Von diesem Basislager aus durchstreifen die BOS-Ranger den Nationalpark und behalten die ausgewilderten Orang-Utans, zumindest teilweise, im Blick. Denn aus diesen Beobachtungen können wir für unsere weitere Rehabilitationsarbeit mit geretteten Orang-Utans lernen und wichtige Erkenntnisse gewinnen.
BOS Deutschland und damit die BOS Foundation finanzieren sich ausschließlich über Spenden. Jeder Beitrag hilft – den Orang-Utans und dem Regenwald!